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Papierkrieg

Titel: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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Blech. Er beugte sich über
den Beifahrersitz und öffnete mir die Tür. »Steig ein. Fahren wir ein
bisschen.« Während er sprach, ließ er den Motor aufheulen.
    Ich stieg ein und mit quietschenden Reifen ging’s los.
    »Die Kiberei war heute Morgen bei mir, die haben eine Leiche
gefunden.« Er nahm einen Zug aus der Dose. »Der neue Nachbar von mir. Ist
erschossen worden. Waren sie auch schon bei dir?« Er rauchte eine an, ohne das
Blech aus der Hand zu geben.
    »Vorher im Büro.«
    »Ist dir aufgefallen, die schauen aus wie der Fuchs und die Katze
bei Pinocchio?«
    Ich nickte.
    »Hast du eine Ahnung, um was es da geht?« Er sah mich ernst an,
als er das fragte.
    »Keine Ahnung.«
    »Gut.«
    Wir fuhren noch ein gutes Stück unter der Westbahn hindurch und
blieben in einer der Nebenstraßen der Hadikgasse stehen. Eine ruhige Gegend,
mit kleineren Häusern, Gärten und ein klein wenig Grün. Mike lehnte sich nach
hinten, fischte aus der Kühltasche hinter seinem Sitz ein neues Bier und
knackte es mit der Rechten, ohne den Tschik aus der Hand zu nehmen. Dann drehte
er das Radio auf, ziemlich laut, sodass von außen niemand hören konnte, was
geredet wurde. ›You shook me‹ von Zep röhrte, in der Fassung der BBC-Sessions,
die Mike immer im Auto hört.
    »Agneshka sagt, dass du gegen zehn vor eins zu Hause warst.«
    »Kann sein.«
    »Was ich weiß, ist das in etwa die Mordzeit.«
    »Kann sein.«
    »Agneshka war noch draußen. So um zehn vor eins. Hat irgendeinem
spanischen Lastwagenfahrer eine gute Nacht gewünscht.«
    »Na und, das ist ihr Job, davon lebt sie. Und du auch.«
    »Sie sagt, sie kann sich so gut erinnern, weil da ein
unglaubliches Auto vor der Tür gestanden ist. Sportbenz.«
    »Gar nicht gewusst, dass deine Mädchen so gut Deutsch können.«
    »Ja, ja, die können mittlerweile echt gut Deutsch sprechen, aber
schauen können sie noch besser. Soll ich dir sagen, was Agneshka außerdem
gesehen hat?« Rhetorische Pause. »Dich. Hast dir den Benz angeschaut. Dann ist
ein Mädchen rausgekommen. Aus unserem Haus. Die hast du in den Wagen eingeladen
und bist abgerauscht.«
    Er rauchte eine neue an und genoss ein paar Takte von ›Dazed and
Confused‹.
    »Ich bin ein Gentleman, die Kleine war voll und ich hab sie
heimgefahren.«
    »Hast du das der Kiberei auch erzählt?«
    »Nein. Direkt danach gefragt haben sie ja nicht.«
    »Gut, ich werd’s ihnen nämlich auch nicht verraten, und Agneshka
weiß, woher der Honig auf ihren Brötchen kommt. Also, Kleiner, schieß los. Was
spielst du da?«
    »Nichts, ich hab nur ein Mädchen heimgefahren.«
    »Und dann hast du eine Leiche gefunden.«
    »So ungefähr.«
    »Hast du die Puffn? Katze und Fuchs haben’s nämlich nicht.«
    »Kann sein.«
    Ganz schien ihn die Antwort nicht zu befriedigen. Irgendwas
stimmte da nicht.
    »Weißt du, wer die Leich is?«
    »Slupetzky, Spieler, hat Bender ausgenommen.«
    »Ah, so ist das. Die Kiberei hat mich nach dir gefragt.« Er
schaute kurz zum Fenster raus. »Also sag scho, was hast du damit zu tun?«
    »Fast nichts, hab’s eh schon gesagt. Das Mädchen heimgefahren und
vielleicht, wenn ich’s richtig mach, schaut ein bisserl ein Geld heraus. Ihr
Papa ist g’stopft und will nicht, dass sie Gwirks mit den Kriminesern kriegt.«
    »Wie viel?«
    »Nix Genaues weiß ich nicht. Ein bisserl halt.«
    »Und wenn’s die Kleine war und sie finden’s raus? Dann sitzt du
ein wegen Beihilfe!«
    »Die Kleine war’s nicht.«
    »Woher willst das wissen?«
    »Sie war viel zu betrunken dazu, die hätte niemals eine Puffn
halten können. Wahrscheinlich ist sie gerade erst aufgewacht gewesen, die hat
irgendwas Schlimmes drin gehabt.«
    »Weißt du, was?«
    »Im Slupetzky seiner Wohnung hab ich nichts gefunden. Auch in
ihren Sachen nicht, keine Ahnung, was die sich dort reingepfiffen hat.
Blutgasanalyse steht mir leider keine zur Verfügung. Wenn ich mal im Lotto
g’winn, leist ich mir sicher so ein CSI-Labor, mit allem Drum und Dran.«
    Mike winkte ab, denn gerade stieg Page in
›Whole Lotta Love‹ ein. Der Unison-Bend auf D, mit der leisen Bluenote auf dem
D der A-Seite, fusionierte mit dem Heavy-Metal-Rhythmus der zweiten Riff-Figur,
hundertmal gehört und noch immer magisch. Mike seufzte und sagte verträumt:
»Und da gibt’s Idioten, die der Meinung sind, Zep hätten einfach keinen Blues.«
    Wir schwelgten ein bisschen im Sound, kamen aber nach dem
Gitarrenbreak wieder auf unser eigentliches Thema

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