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Papierkrieg

Titel: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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alles fertig, die Pappteller standen vor ihm. Er gab sie aber noch nicht frei.
Es war zum Verzweifeln.
    »Zum Trinken ah wos?«
    »Nein danke.«
    »Is aber heit im Preis dabei.«
    »Dann Bier.«
    »Ottakringer oder Gösser?«
    »Ottakringer.«
    »Na heans, Sie san ma oba a ka Hülf. Hell, dunkel oder 16er
Blech?« Ich wollte kein Bier, sondern nur einfach meine Wurst.
    »16er Blech.« Wenn schon am Würstelstand, dann auch aus der Dose.
    »Sehr wohl.«
    Mit einer großzügigen Armbewegung warf er ebenso elegant wie
achtlos die Pappteller mit den Würsten und dem Bier vor uns hin. Ein Franzose
hätte noch ein ›Eh voilá‹ hinzugefügt. Wir schnappten unsere Beute und stellten
uns an die Seite des Stands. Ich inhalierte das Aroma der Würste. Heiß, fettig,
gut. Bei meinem Hunger war es nicht möglich zu sagen, ob sie wirklich so gut
waren, wie sie schmeckten, aber da auch Laura blitzschnell aufgegessen hatte,
konnten sie wahrscheinlich wirklich nicht so schlecht gewesen sein.
    Während wir so aßen, bestellte sich vorne ein Wiener mit hörbar
türkischem Migrationshintergrund auch eine Wurst. Dabei kam er ins
Politisieren. Der Chef und die Dame mit Hund und Schnäpsen stiegen sofort ein.
    »Wenn Regierung kracht und es gibt Neuwahlen, wähl ich Strache«,
ließ sich der Türke hören. »Tschuschen sollen bleiben, wos hingeheren«, fügte
er hinzu. Wurstfachverkäufer und Schnapsdame nickten.
    »Kommen frisch aus Türkei rauf, glauben,
alles wird geschenkt und wollen nix arbeiten. Habe auf Betrieb viele von dene.
Fir nix zum brauchen! Machen nur Scherereien.«
    »Genau«, ließ sich der Chef vernehmen,
»letzten Monat wulltn mi a so a poar ausnehmen. Oba ih hob mein Puffn immer
untern Tresen stecken. Grennt sans wia die Hosn!«
    Zustimmendes Gemurmel von Türke und Schnapsdame.
    »Kronenzeitung schreibt, alle kriminell und viele arbeitslos und
wir missen blechen! Solln mi am Oasch lecken. I wähl Strache! Der schickt’s
wieder runter.«
    »Genau, Pummerin statt Muezzin!«, stieß die Dame mit dem Hund
atemlos hervor.
    Die beiden Männer stimmten kräftig nickend zu.
    Laura und ich warfen die leeren Pappteller mit den anheimelnden
Fettflecken in den Papierkorb. Unsere Biere waren noch halb voll, die nahmen
wir mit. Als wir zum Auto gingen, konnte ich mich nicht zurückhalten und warf
noch ein ›Daham statt Islam‹ in die Runde. Alle nickten bekräftigend, nur Laura
fand den Slogan gar nicht gut.
    Wien ist, wo sogar die Ausländer xenophob sind.
     

VII
    Ein
paar Minuten später hatte Laura ihren Peugeot geparkt und wir gingen in meine
Wohnung hinauf. Die Hausbesorgerin hörte uns kommen und lief aus ihrer Wohnung
auf mich zu. Sie war Polin, und wie alle Parteien im Haus, bis auf Mike und
mich, sprach sie praktisch kein Deutsch. In der rechten Hand hielt sie einen
Zettel. Sie schob sich die Großmutterbrille auf die Nase und las vor, was ihr
ein netter Zeitgenosse aufgeschrieben hatte. Sie war aufgeregt wie ein
Schulmädchen und sichtlich nervös. Sie musste beim ersten Mal abbrechen, beim
zweiten Mal klappte es ganz gut. Offensichtlich verstand sie selbst kein Wort
davon. Sie erinnerte ein wenig an Kennedy mit seiner Berliner Rede in
Lautschrift.
    »Herr Doktor, beim Einbrechen ist das Schloss Ihrer Wohnung kaputt
gegangen, ich ließ den Schlosser kommen, der was es repariert hat. Wohnungstür
soll nicht offen stehen! Hier Rechnung.«
    Sie präsentierte mir einen weiteren Zettel. Ich kramte meine
Brieftasche raus und händigte ihr 175 Euro aus. Danach las sie weiter. »Gutes
Schloss, wie ich selber habe.«
    Ich nickte ihr zu und dankte ihr. Sie lächelte und gab mir die
Schlüssel. Dann schlurfte sie zurück in ihre Wohnung. Laura blickte mich
verdattert an. »Was war das?«
    Da ich keinen salbungsvollen Blödsinn verzapfen wollte, zuckte ich
nur mit den Schultern und ging voran die Treppe hinauf.
    Oben angekommen öffnete ich die Tür mit dem neuen Schlüssel und
wir traten ein. Nachdem ich die Wohnung inspiziert hatte, stellte sich die
angerichtete Verwüstung als nicht so schlimm wie befürchtet, aber lästig genug
heraus.
    Wohl waren meine Bücher auf den Boden
geworfen und die Schränke geöffnet worden, aber mangels Inventar ließe sich die
Unordnung wohl recht bald beheben. Einzig meine Plattensammlung hatte ernsthaft
gelitten. Die Scheiben waren aus den Hüllen genommen, auf dem Boden verteilt
und einfach liegen gelassen worden. Die meisten waren unter dem

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