Papierkrieg
und zwar
schnell.«
»Haben sie dir da drin nichts gegeben?«
»Nein, irgendwie bin ich um die Mahlzeiten umgefallen.
Bürokratisch hatte natürlich alles seine Ordnung, aber ich hab seit Samstag
Nachmittag nichts mehr in den Magen gekriegt.«
»Dann gehen wir doch was essen. Worauf hast du Lust?«
»Auf viel, aber wenig Zeit. Am liebsten wär mir schnell irgendwas
beim Würstelstand. Könntest du mich danach zu mir nach Hause fahren? Irgendwer
hat eingebrochen. Ich muss wissen, was dabei alles zu Bruch gegangen ist.«
»Gut, ich fahr dich. Die Wohnung eines Mannes lässt viele Schlüsse
auf seinen Charakter zu.«
Irgendwie war mir nicht ganz wohl bei dem Gedanken daran, was sie
wohl aus meiner Wohnung über mich erfahren würde.
Ich sagte ihr den Weg an und wir kamen ganz
gut voran, die Straßen waren vom Berufsverkehr noch nicht allzu verstopft. Wir
ließen die blitzblanke Innenstadt hinter uns, fuhren unter der U6 hindurch auf
den Gürtel hinaus. Da es gegen Abend ging, waren die heruntergewirtschafteten
Wohnhäuser noch trostloser als gewöhnlich. Die angehenden Neonreklamen für
Einzel- und Pärchenkabinen, Homopornos und Kebabs verstärkten den Eindruck
noch. Die ersten Bordsteinschwalben waren herausgekommen und jagten bereits die
vom Dienst heimkehrenden Familienväter. Mit Erfolg, was so manches haltende
Auto bewies. Am Urban-Loritz-Platz verließen wir den Gürtel und fuhren in den
15. hinein. Unbedeutend weniger Puffs, dafür mehr kombinierte Kebab-Pizza-Buden.
Schweglerstraße Ecke Märzstraße hielten wir bei einem
Würstelstand. Wir stiegen aus und der Duft der warmen Würste ging mir durch
Mark und Bein. Ich hätte schwören können, dass mein Stammhirn sabberte, so wie
damals das meiner Vorfahren, wenn sie dampfendes Mammuthirn aus dem frisch
geknackten Schädel löffelten.
Mit einem Schritt war ich bei der Bude und bestellte. Das hölzerne
Standerl war zugepflastert mit allen möglichen Reklamen, die teilweise noch aus
der Kaiserzeit zu stammen schienen. Werbung für Pferdeleberkäse hing direkt
neben der für kalorien- und fettarme Putenwurst. Mindestens drei verschiedene
Generationen von Ottakringer-Firmenschildern hingen herum und auch die
Preistafel war in mehreren Ausführungen vorhanden. Euro, Schilling und, wenn
mich nicht alles täuschte, halb hinter einem Pro-Schweinefleisch-Plakat des
Bundesministeriums für Gesundheit verborgen, auch noch eine in Reichsmark. Man
konnte nie wissen, mochte sich der Besitzer gedacht haben, vielleicht kommt die
gute alte Zeit ja noch mal zurück.
Der Chef trug über seinem schweren Schmerbauch eine weiße Schürze,
die eigentlich ganz sauber war. Er selber aber schwamm im Fett. Die dünnen
schwarzen Haare waren ölig, wie auch seine glänzende Nase und die leuchtenden
Backen. Er befand sich hinter seinem Tresen, rechts neben ihm brutzelten die
Würste, hinter ihm war der Eisschrank mit den Getränken und die Brotlade. Links
neben ihm standen unzählige Dosen und Flaschen mit Ketchup und Senf, eingelegte
Gurkerln in Essig und auch in Senf gab es ebenso wie Silberzwieberln. Außer uns
war eine etwa 50 Jahre alte Frau am Stand. Mit ihrem Hund und einem Bier und
zwei leeren, großen Schnäpsen.
»Zweimal Burenwurst, bitte.«
»Ich mag aber lieber Debreziner. Außerdem kann ich für mich selbst
bestellen«, ließ sich Laura, die hinter mich getreten war, vernehmen.
»Die wären auch für mich gewesen, nie im Leben würde ich es wagen,
für dich zu bestellen!«
»Wissen’s jetzt, was wuilln?«, grunzte der Chef.
»Also, zwei Buren und eine Debreziner.«
»Debreziner hätt ma original Ungarisch oder die vom Radatz. Was
sagn’s, Gnädigste?«
»Original, bitte.«
»Sull ma recht sein. Brot, Semmerln, Laugenstangerl oder
Kornspitz?«
Ich nahm Semmeln, Laura einen Kornspitz.
»Sui is Eahne aufschneiden, oder im Ganzn?«
»Mir aufgeschnitten, bitte«, meinte Laura, ich wollte sie ganz.
Langsam wurde mir schlecht vor Hunger. Von mir aus hätte ich sie auch roh
hinuntergewürgt, die Wurst, nur schnell sollte es gehen. Der Chef nahm seine
Arbeit aber sehr genau. »Senf, Ketchup, nix?«
»Senf.«
»Wölchanan? Schorf, siaß, französisch? I hob mehrere.«
»Süß bitte.«
»Gurkerln oder Pfeffaroni? Oder vielleicht a poar
Silberzwieberln?«
»Danke nein.«
»Bitte, die Herrschaften.« Er machte sich daran, die Bestellung zu
verarbeiten. Ich zappelte bereits von einem Bein auf das andere. Endlich war
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