Papierkrieg
meine Gras.«
»Ah so, wieso nicht? Hab ich seit Ewigkeiten
nicht mehr.«
»Hab da eine Höllenqualität, ist unglaublich giftig, das Zeug.
Kommt aus der Schweiz, aus dem Tessin. Gute Sonnenlagen dort. Wenn man nicht
gerade echten Chitrali hat, gibt’s nichts Besseres.« Ich stand auf und ging in die
Küche. Laura folgte mir.
Als ich in mein Gewürzregal griff, das völlig unberührt geblieben
war, und das Glas mit der Aufschrift ›Bockshornklee‹ herausnahm, war Laura
baff.
»Bockshornklee, was ist denn das für ein bescheuerter Name? Und da
kommt niemand dahinter? Weder die Einbrecher noch die Polizei?«
»Niemand weiß, wie Bockshornklee aussieht.«
»Klar, den gibt’s ja auch gar nicht.«
»Doch, ist ein Gewürz, wenn man indisch kocht. Für verschiedene
Massalasachen braucht man das. Ist gelb und fein gemahlen, schmeckt wie Maggi.
Ist ein Geschmacksverstärker.«
»Du scheinst unter Verfolgungswahn zu leiden, oder hast du das
alles vorausgesehen?«
»Ich sehe nie was vorher, aus Prinzip nicht. Aber die Paranoia hab
ich von meiner Oma. Die hat immer gesagt, ich soll nicht mit schmutzigen
Unterhosen spielen gehen, denn wenn ich einen Unfall hätte …«
»… würde das im Krankenhaus peinlich werden.«
»Siehst du, ich hab nur die Regel von den Unterhosen auf
wichtigere Sachen umgelegt, das ist alles. Du sagst dazu Paranoia, ich sag
dazu, auf den Rat einer erfahrenen Generation hören.«
Draußen war es inzwischen dunkel geworden. Ich schaltete das Licht
ein, legte harmlose Hintergrundmusik auf und wir versanken wieder auf meiner
Schlafcouch. Ich rückte das Tischchen mit den Teesachen zurecht und stellte
mein Equipment auf den Tisch.
»Ziemlich schwummrig, die Beleuchtung hier drinnen. Haben das die
anderen Frauen, die du mit nach Hause nimmst, gern und werden eher schwach?«
»Ob du’s glaubst oder nicht, du bist die erste Frau in dieser
Wohnung.«
»Bist Auswärtsvögler, nehm ich an?«
»Nein, ich bin erst seit Januar hier ansässig.« Ich grinste und
fügte hinzu: »Und mehr als eine 20er Birne kann ich mir nicht leisten.«
»Kein Wunder, wenn du alles verkiffst.«
»Man muss Prioritäten setzen, alles geht sich nicht aus.«
Inzwischen war der Joint fertig, ich hatte sachte gemischt,
schließlich sollten uns beiden nicht sofort die Lichter ausgehen. Der Duft von
bestem Gras und Tabak erfüllte die Wohnung und wir drifteten, während wir uns
prächtig unterhielten, hinüber in die sanft orientierungslose Welt des THC.
Als wir vom ersten Hoch wieder herunterzukommen begannen und unser
Gespräch wieder ein wenig bestimmter wurde, hielt es Laura nicht mehr aus und
fing an, wieder in die Richtung zu fragen, die sie am meisten interessierte.
»Sag, um was geht’s eigentlich wirklich bei der Sache, in der du Kopf und
Kragen riskierst?«
»Ich halte jemanden aus einem Mord heraus, bin pleite und kann die
Nebeneinkünfte dringend brauchen.«
»Das hast du mir schon gesagt, aber dahinter steckt doch mehr.
Sonst wäre der zweite Mord nicht passiert.«
»Kann sein, dass du recht hast, kann aber auch sein, dass nicht.«
»Sag mal, dafür, dass du zusammengeschlagen, verhaftet und
ausgeraubt worden bist, bleibst du erstaunlich reserviert. Jeder andere würde
von nichts anderem mehr sprechen.«
»Ich bin aber nicht jeder andere. Außerdem gibt es viel, das mich
mehr interessiert als diese Angelegenheit.«
»Ich seh schon. Jetzt nimm deine Hand aus meiner Bluse und sei für
einen Augenblick vernünftig.«
Das hatte ich aber überhaupt nicht vor, also ließ ich meine Hand,
wo sie gerade war, und küsste Laura auf den Mund. Schlussendlich stellte sich
doch heraus, dass sie meine Interessen teilte, leider aber auch, dass meine
Schlafcouch tatsächlich zu schmal war für zwei. Es wurde eine aufregende Nacht,
vielleicht auch eine romantische, aber sicherlich keine bequeme.
Kapitel 6
I
Am
nächsten Morgen brach Panik aus. Wir hatten ein bisschen zu lange geschlafen
und Laura musste unbedingt noch zu sich nach Hause, denn mit zerzausten Haaren,
verwischtem Make-up und zerknautschtem Kostüm konnte sie nicht arbeiten gehen.
Meine Beschwichtigungsversuche beruhigten sie keineswegs, eher fachten sie das
Feuer an, bis es an die Decke loderte. Irgendwie gelang es mir doch noch, sie
zu besänftigen, und als sie ging, waren wir wieder gut. Ich versprach, sie
anzurufen und dann war es wieder still und einsam in meiner Wohnung.
Ich biss in den
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