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Papierkrieg

Titel: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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das sind alles Beamte, denen kann gar nichts
passieren. Vor zwei Wochen erst ist ein Tatverdächtiger auf dem Fahrrad geflüchtet,
die Exekutivbeamten haben ihn runtergeschossen und das Routineverfahren hat die
beiden belobigt. Dort schwitzt niemand, außer wenn sie gerade in den
Saunabereichen der Luxuspuffs sitzen, die dem Polizeiurlaubsfonds zuschießen.«
    »Also nur über Beziehungen geht gar nichts?«
    »Naja, da müsstest du mindestens einen Sektionschef im BMI haben,
der hinter dir steht, oder den aktuellen oder einen Altbundeskanzler. Seitdem
der ÖGB mit der Bawag den Bach runtergegangen ist, hat auch die Gewerkschaft
keinen echten Einfluss mehr.«
    »Also, da ich aber heraußen bin: Was ist passiert?«
    »Frag doch einfach die Anwältin, die dich rausgeholt hat. Die wird
dir das doch sicher sagen können.«
    »Die arbeitet aber für die Gegenseite, ich vertrau ihr nicht und
glaube, dass sie lügt. Wenn da jemand Kaution gestellt hat, könnte das sein?«
    »Naja, eigentlich nicht. Das hättest du
mitkriegen müssen, dafür gibt es eigene Verhandlungen. Da wärst du dabei
gewesen. Aber vielleicht ist da irgendein Spezialinteresse dahinter, und dann
geht das auch schnell und unbürokratisch.«
    »Du meinst, ohne öffentliche Verhandlung, Geldkofferübergabe in
einem Hinterzimmer?«
    »Ja, so ungefähr, aber normalerweise braucht es dazu keinen
Koffer, das geht mit Bankgarantien.«
    »Gibt es da einen Weg, auf dem ich legal Einsicht nehmen kann?«
    »Hm, üblicherweise ist man eben bei der Verhandlung persönlich
dabei. Ist auch so ein Rechtsgrundsatz, den die Republik nicht ganz so ernst
nimmt, wie sie eigentlich sollte. Du könntest deine Anwältin fragen, aber das
geht ja nicht. Du müsstest einen Insider kennen, sonst wird’s schwierig.«
    »Danke, Reichi, hast mir sehr geholfen.«
    Ich hörte noch irgendein mürrisches Gemurmel auf der anderen Seite
der Leitung, dann hatte Reichi aufgelegt. Es wurde sowieso Zeit, dass ich den
alten Dittrich wieder einmal anrief, so ließen sich gleich zwei Fliegen mit
einem Schlag erwischen.
    Ich lehnte mich in meinem Ohrensessel zurück und trank eine letzte
Tasse Sencha. Als ich mich soweit gestärkt hatte, warf ich mir ein paar Sachen
über, schnappte den Sophokles und machte schnell einen Ausflug. Vielleicht
wurde ich wirklich paranoid, aber ich wollte nicht mit meinem Handy bei
Dittrich anrufen. Er war der letzte Trumpf, der mir geblieben war, und den
wollte ich nicht riskieren. Schließlich war ich nur auf Bewährung draußen,
tatverdächtig in zwei Mordfällen. Wenn ich in meinem Handy nicht die Spitzel
atmen hörte, dann nur, weil die gutes Equipment hatten und nicht, weil sie
nicht da waren.
    Der Telefonshop befand sich in der Schellingergasse, direkt gegenüber
dem Lift zur U3-Station Schweglerstraße. Wie immer waren auch diesmal wieder
ein paar gemischtgeschlechtliche Hauptschüler dabei, ein wenig zu rauchen und
im trüben Wetter cool zu sein.
    Im Telefonshop war nichts los. Das Milchgesicht hinter dem Tresen,
dessen Auslage mit Hunderten Handymodellen dekoriert war, wies mir eine der
Telefonzellen zu. Er war picklig, mit einer Art zivilisiertem Irokesenlook im
Haar, und schien die Intelligenz nicht gerade mit dem großen Löffel gefressen
zu haben. Ich betrat die Zelle und wählte Dittrichs Nummer. Es dauerte ein
bisschen, aber zu guter Letzt nahm jemand am anderen Ende der Leitung ab.
»Dittrich, ja bitte.«
    »Guten Morgen, Linder hier.«
    »Ah! Schön, dass Sie anrufen. Wie geht’s dem Manuskript?«
    »Dem geht’s gut. Soweit ist alles in Ordnung, irgendwann diese
Woche sollten wir die Sache hinter uns bringen können. Aber bis es soweit ist,
brauch ich noch einmal schnell Ihre Hilfe.«
    »Sicher, lassen Sie hören.«
    »Sie werden nun nicht die Nerven verlieren. Was ich Ihnen jetzt
erzählen werde, ist für so eine Art von Geschäft ganz normal. Sie brauchen sich
weder um mich, noch um Ihren kleinen Darling, noch um sich selbst Sorgen zu
machen. Haben Sie verstanden?«
    »Ja, ich denke doch. Also, wie kann ich Ihnen helfen?«
    »Sie kennen doch bestimmt jemanden im Innen- oder
Justizministerium, der Ihnen noch einen Gefallen schuldet.«
    »Ja, sollte sich machen lassen.«
    »Gut. Ich möchte wissen, ob und wer gestern für mich Kaution
gestellt hat. Und eine wirklich schöne Sache wäre es, recht genau zu erfahren,
wie das Ganze vor sich ging. Lässt sich das einrichten?«
    »Sicher, ist eine Kleinigkeit.

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