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Papilio Mariposa

Papilio Mariposa

Titel: Papilio Mariposa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oswald Levett
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die Beratung des Kriegsgerichts.
Es war ein hartes Ringen um ein Menschenleben.
Ich hatte nicht einmal sosehr gegen die Rassenvorurteile
der anderen Offiziere anzukämpfen — sie
waren gutmütig und gewissenhaft genug, sie beiseite zu
stellen —, als gegen den klaren Wunsch des Generals,
der einem Befehle gleichkam, den sie nicht wagten zu
verletzen.
    Endlich hatte ich sie soweit. Zu einer standgerichtlichenVerurteilung ist Stimmeneinhelligkeit erforderlich.
Ich brachte eine Art Kompromiß zustande, so daß
der eine Beisitzer — welcher demnächst nach einem anderen
Kriegsschauplatz abging, also den Zorn Seiner
Exzellenz weniger zu fürchten hatte — seine Stimme
verweigerte. Ein Todesurteil konnte jetzt nicht mehr
gefällt werden, wohl aber wurde eine mehrjährige Kerkerstrafe
ausgesprochen.
    Ich weiß nicht, wie es mir ergangen wäre, wenn ich
mit diesem Urteil hätte vor dem General erscheinen
müssen. Aber der Vormarsch der feindlichen Armeen
und die Malaria kamen mir zu Hilfe. Ich erkrankte
schwer, mußte ins Feldspital und wurde schließlich ins
Hinterland abgeschoben.

    S o lernte ich ihn kennen,
den Helden dieser Erzählung. Später — als sich, was
ich berichten werde, zutrug — mußte ich oft denken:
Wenn ich ihn damals doch hätte erschießen lassen —
für die ganze Menschheit welch Verlust! Aber nein.
Nur eine kurze, grauenvolle Episode war sein Leben
und sein Werk.

    A ls der Krieg zu Ende war,
hatte ich an der Wiederaufrichtung meines Berufes
als Rechtsanwalt mühsam zu arbeiten.
    Das merkwürdige Erlebnis der Standgerichtsverhandlung,
eines unter vielen, war bald vergessen. Ichdurfte kaum damit rechnen, meinen Schützling je
wiederzusehen.
    Aber ich sah ihn wieder. Sonderbar häufig, so daß
ich an eine mystische Verbundenheit unserer Schicksale
zu glauben begann.
    Das erstemal war es im Schwurgerichtssaal, mitten
unter den Zuhörern. Ich erkannte ihn sogleich, beachtete
ihn aber weiter nicht, denn die aufregende Verhandlung
verlangte meine volle Aufmerksamkeit. Unter
den Leuten, welche mich nach Schluß der Verhandlung
vor dem Eingang des Gerichts erwarteten, war
auch er. Ich konnte nur einen freundlichen Blick des
Wiedererkennens mit ihm tauschen und konnte sehen,
daß er sehr bleich war und furchtbar ärmlich gekleidet.
Dann verschwand er unter der Menge.
    Eines Tages, als ich mit der Straßenbahn fuhr, sah
ich ihn bei einer Haltestelle stehen, als Zeitungsausrufer.
In der einen Hand hielt er sein Pack Zeitungen, in der
anderen ein dickes Buch, worin er eifrig las. Ohne vom
Buche aufzublicken, rief er mechanisch, mit schwacher
Stimme seine Zeitungen aus, gerade noch deutlich genug,
daß man seine jüdische Aussprache erkennen
konnte.
    Er war also völlig unter die Räder geraten. Da hatte
meine Menschenkenntnis wieder einmal gründlich versagt.
Ich hatte von ihm doch so viel erwartet.
    Ich beschloß, seine Adresse zu erkunden und ihm
eine Geldspende zukommen zu lassen.
    Eines Nachts führte mich mein Weg durch die
Tuchlauben. An der Ecke eines jener verrufenen Seitengäßchen,
die dort münden, stand eine Gruppe Straßenmädchen.
Mitten unter ihnen Margoschenes, der
auf eine von ihnen eifrig einredete, halb bittend, halbfeilschend. Von den Umstehenden zog die eine den
Kopf tief zwischen die Schultern, ließ sich in die Kniebeuge
nieder und watschelte so, mit gekrümmtem Rücken
und herabbaumelnden Armen, im Kreise herum.
Eine zweite begann mit den Händen wild zu gestikulieren
und in krächzenden Kehllauten zu mauscheln.
Und ringsumher wieherndes Gelächter, unflätige
Witze.
    Kein Wunder, daß er mit seiner Bewerbung durchfiel.
Das gebot schon die Berufsehre der Umworbenen.
Es war dies ein schönes, großes Mädchen; von ihrer
stolzen Höhe herab maß sie ihn mit einem spöttisch-verächtlichen
Blick, spie aus und sagte: »Drah Di’,
Flohbeidel jidischer. Glaubst, mir graust vor gar nix?«
    Ich konnte mich nicht bezwingen, ich blieb stehen,
um diese höllische Szene mitanzusehen. Aber nun, da
sie zu Ende war, nun stürzte ich davon. Er sollte nicht
wissen, daß ich Zeuge dieser schmählichen Erniedrigung
war. Brennende Scham faßte mich; über ihn,
über mich, über die ganze Menschheit. Ich eilte davon,
um diesem Inferno zu entfliehen.
    Vielleicht war’s kurzsichtig und philisterhaft, aber
ich muß gestehen, daß diese flüchtige nächtliche Straßenszene
auf mich nachhaltig wirkte. Hatte ich ihn bisher
bemitleidet, so wurde er mir nun widerwärtig und
verächtlich.
    Aber das Leben sorgt

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