Papillon
der Unteroffizier und die fünf Männer wissen es, die mich verhaftet haben, und der zweite Kommandant, der sie mir abgenommen hat, bevor er sie Ihnen übergab. Und dann noch mein Konsul.«
»Ach so, ach so. Gut. Um so offener können wir darüber reden. Du weißt, daß ich dir einen großen Dienst erwiesen habe. Ich habe geschwiegen. Ich habe keine Fragebogen an die diversen Polizeistellen der Länder geschickt, durch die du gekommen bist, um herauszufinden, ob dort ein Diebstahl von Goldstücken vorgekommen ist.«
»Aber Sie hätten es tun sollen.«
»Nein, es ist in deinem Interesse, das nicht zu tun.«
»Ich danke Ihnen, Kommandant.«
»Willst du, daß ich sie dir abkaufe?«
»Für wieviel?«
»Für den Preis, den man dir für drei bezahlte, wie du mir gesagt hast: für dreihundert Pesos. Du gibst mir hundert Pesos pro Stück für den Dienst, den ich dir erwiesen habe. Was sagst du?«
»Nein. Du gibst mir die Goldstücke so, wie sie sind, und ich gebe dir nicht hundert, sondern zweihundert Pesos pro Stück. Was du für mich getan hast, ist mir das wert.«
»Du bist zu schlau, Franzose. Ich bin ein armer kolumbischer Offizier, vertrauensvoll und ein wenig dumm, aber du bist intelligent und, wie ich schon sagte, zu schlau.«
»Schön. Welches vernünftige Angebot willst du mir machen?«
»Morgen werde ich den Käufer hierher in mein Büro kommen lassen. Er wird sich die Stücke ansehen und sein Angebot machen. Und dann halb, halb. Das oder nichts. Ich schicke dich entweder mit den Goldstücken nach Baranquilla – oder ich hebe sie für die Vernehmung auf.«
»Nein. Und das ist jetzt mein letzter Vorschlag: der Mann kommt hierher, schaut sich die Stücke an, und alles, was über dreihundert fünfzig Pesos pro Stück ist, gehört dir.«
»Gut. Du hast mein Wort. Aber wo wirst du eine so große Summe hintun?«
»Wenn das Geld da ist, läßt du den belgischen Konsul kommen. Ich werde es ihm geben, damit er mir den Rechtsanwalt bezahlt.«
»Nein, ich will keine Zeugen.«
»Du riskierst nichts, ich werde unterschreiben, daß du mir meine sechsunddreißig Goldstücke zurückgegeben hast. Nimm an, und wenn du dich korrekt gegen mich verhältst, werde ich dir ein anderes Geschäft vorschlagen.«
»Was für eines?«
»Verlaß dich auf mich. Das andere ist auch gut, und du sollst deine fünfzig Prozent dafür bekommen.«
»Was ist es? Sag es mir.«
»Warte bis morgen. Um fünf Uhr, wenn mein Geld bei meinem Konsul in Sicherheit ist, werde ich mit dir über das andere reden.«
Die Unterredung hat lange gedauert. Als ich zufrieden in den Hof zurückkehre, sind meine Freunde bereits in der Zelle. »Was war los?«
Ich erzähle ihnen unser ganzes Gespräch. Trotz unserer Situation winden wir uns vor Lachen.
»Was für ein Schlaufuchs der Kerl ist! Aber du hast ihn überrundet! Glaubst du, daß es gehen wird?«
»Ich wette hundert Pesos zu zweihundert, daß die Sache geritzt ist. Will niemand wetten?«
»Nein. Ich glaube auch, daß es gehen wird.«
Die ganze Nacht überlege ich. Das erste Geschäft wäre also gemacht. Das zweite – er wird mehr als zufrieden sein und die Perlen herausrücken. Das wäre auch gemacht. Bleibt das dritte. Das dritte … wird sein, daß ich ihm alles anbieten werde, was ich zurückbekommen habe, damit er mich im Hafen ein Schiff auftreiben läßt. Dieses Schiff werde ich mit dem Geld bezahlen, das ich im Stöpsel habe. Wir werden sehen, ob er der Versuchung widerstehen kann. Was riskiere ich schon? Nach den ersten beiden Geschäften kann er mich nicht einmal strafen. Wir werden sehen … Daß ich nur nicht die Rechnung ohne den Wirt mache und so weiter. Du könntest warten, bis du in Baranquilla bist. Wozu? Es ist eine bedeutendere Stadt, ein bedeutenderes Gefängnis, also schärfer bewacht, mit höheren Mauern. Nein, ich muß zurück, um mit Lali und Zoraima zu leben! Ich muß rasch ausbrechen, da unten warte ich vielleicht jahrelang. Ich werde mit dem Stamm, der die Rinder hat, in die Berge gehen und dort mit Venezolanern in Kontakt treten. Dieser Fluchtversuch muß um jeden Preis gelingen.
Die ganze Nacht sinniere ich, wie ich es anstellen könnte, um das dritte Geschäft zu einem erfolgreichen Ende zu bringen.
Am nächsten Tag geht alles wie am Schnürchen. Um neun Uhr morgens kommt man mich holen, ich soll mit einem Herrn sprechen, der mich beim Kommandanten erwartet. Der Polizist bleibt draußen, und ich stehe einem Mann in hellgrauem Anzug und mit grauer Krawatte
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