Papillon
einer sehr wichtigen Sache, die Sie vielleicht erraten werden, sprechen. Es wird nötig sein, daß die Schwester Irländerin dabei zugegen ist.«
»Und dann?«
»Die Schwester zitterte, als sie den Brief vorlas. Die Oberin sagte kein Wort, sie senkte den Kopf, öffnete eine Lade ihres Schreibtisches und sagte: ,Hier ist der Beutel mit den Perlen. Er ist unberührt. Gott möge dem Schuldigen verzeihen, der ein solches Verbrechen gegen diesen Mann beging. Sagen Sie ihm, daß wir für ihn beten werden. Das war es,
hombre!
« vollendete strahlend der Kommandant.
»Wann können wir die Perlen verkaufen?«
»Morgen. Ich frage dich nicht, woher sie stammen, ich weiß jetzt, daß du ein gefährlicher Matador bist, aber ich weiß auch, daß du ein Mann bist, der Wort hält, ein anständiger Mensch … Halt, nimm diesen Schinken hier, die Flasche Wein und das französische Brot, feiere diesen denkwürdigen Tag mit deinen Freunden.«
»Gute Nacht.«
So komme ich also mit einer Zweiliterflasche Chianti, einem fast drei Kilo schweren Schinken und vier langen französischen Broten zurück. Das gibt einen Festschmaus! Der Schinken, das Brot und der Wein schmelzen rasch zusammen, alle essen und trinken mit großem Appetit.
»Du glaubst, ein Rechtsanwalt könnte was für uns tun?« Ich muß lachen. Die Armen, sogar sie glauben an den Trick mit dem Rechtsanwalt!
»Ich weiß nicht. Wir müssen überlegen und uns beraten, bevor wir zahlen.«
»Das beste war«, meint Clousiot, »nur im Erfolgsfall zu zahlen.«
»Eben. Wir müssen einen Advokaten finden, der darauf eingeht.« Und ich rede nicht mehr darüber, ich schäme mich ein wenig.
Am andern Tag kommt der Libanese wieder. »Das ist sehr kompliziert«, sagt er. »Man muß die Perlen zuerst nach der Größe klassifizieren, dann nach der Schönheit, dann nach der Form. Man muß sehen, ob sie schön rund sind oder mehr barock.« Aber nicht nur das ist kompliziert, sondern auch der Verkauf, meint der Libanese. Er müsse möglicherweise einen anderen Käufer finden, einen kompetenteren als ihn. Er bringt ihn mit. In vier Tagen kommt es zum Abschluß. Sie zahlten dreißigtausend Pesos. Im letzten Moment nehme ich eine rosa Perle und zwei schwarze aus dem Beutel heraus, ich will sie der Frau des belgischen Konsuls zum Geschenk machen. Als gute Geschäftsmänner behaupten sie, daß gerade diese drei Perlen jede für sich allein ihre fünftausend Pesos wert sind. Ich behalte sie trotzdem.
Der belgische Konsul macht Schwierigkeiten, er will die Perlen nicht annehmen. Er will mir die fünfzehntausend Pesos aufheben. Ich bin also im Besitz von siebenundzwanzigtausend Pesos. Jetzt geht es darum, das dritte Geschäft unter Dach und Fach zu bringen.
Wie stelle ich das nur am besten an? Ich muß das Eisen schmieden, solange es heiß ist. Der Kommandant hat dreiundzwanzigtau- send Pesos bekommen. Mit meinen siebenundzwanzigtausend macht das fünfzigtausend.
»Was kostet ein Laden, Kommandant, der Ihnen zu einem besseren Leben verhelfen würde?«
»Ein gutes Geschäft kostet fünf und vierzig- bis sechzigtausend Pesos.«
»Und was müßte es eintragen? Dreimal soviel, wie Sie verdienen? Viermal soviel?«
»Mehr. Fünf- bis sechsmal soviel.«
»Und warum werden Sie nicht Geschäftsmann?«
»Ich würde zweimal soviel brauchen, als ich habe.«
»Hör zu, Kommandant. Ich schlage dir ein drittes Geschäft vor.«
»Spiel nicht mit mir!«
»Nein, sei unbesorgt. Ich spiele nicht mit dir. Aber willst du die siebenundzwanzigtausend Pesos, die ich habe? Wenn du willst, sind sie dein.«
»Wieso?«
»Laß mich heraus.«
»Hör zu, Franzose, ich weiß, daß du kein Vertrauen zu mir hast. Vorher hattest du vielleicht recht. Aber jetzt bin ich dank deiner Hilfe aus der Misere heraus, oder doch so gut wie heraus, ich kann mir ein Haus kaufen und meine Kinder in eine teure Schule schicken. Du sollst wissen, daß ich dein Freund bin. Ich will dich weder bestehlen noch dich töten lassen. Aber hier kann ich nichts für dich tun, nicht einmal für ein Vermögen. Ich kann dich nicht mit Erfolgsgarantie ausbüxen lassen …«
»Und wenn ich dir das Gegenteil beweise? Du kannst!«
»Wir werden sehen. Aber alles muß vorher gut überlegt sein.«
»Hast du einen Freund, der Fischer ist, Kommandant?«
»Ja.«
»Wäre er imstande, mich auf See zu bringen und mir sein Boot zu verkaufen?«
»Das weiß ich nicht.«
»Was ist sein Boot ungefähr wert?«
»Zweitausend Pesos.«
»Wenn ich ihm
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