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Papillon

Papillon

Titel: Papillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Charrière
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Freundschaft mit Hautin und Arnaud paßt er mir nicht. Daher weise ich ihn ab und richte mich neben Carrier ein, dem Mann aus Bordeaux, genannt »Pierrot der Verrückte«.
    Die Insel Saint -Joseph ist viel wilder als Royale, ein wenig kleiner auch, aber sie erscheint größer, weil sie länger ist. Das Lager liegt auf der halben Höhe der Insel; sie besteht aus zwei übereinanderliegenden Hochplateaus. Auf dem ersten – das Lager; auf dem zweiten, ganz auf der Höhe, liegt das schreckliche Strafgefängnis. Nebenbei gesagt, können die Einzelhäftlinge nach wie vor täglich eine Stunde im Meer baden. Hoffentlich bleibt das so.
    Jeden Tag zu Mittag bringt mir der Araber, der beim Kommandanten arbeitet, drei ineinander gestellte Menageschüsseln und nimmt die vom Vortag wieder mit. Darin befindet sich das Essen, das mir die Patin von Lisette täglich schickt und das genauso zubereitet ist wie das für ihre Familie.
    Sonntag bin ich sie besuchen gegangen, um ihr zu danken. Ich habe den Nachmittag mit ihr plaudernd und mit den Kindern spielend verbracht. Wenn ich diese blonden Köpfchen streichle, frage ich mich manchmal, wie schwierig ist es doch, seine Aufgabe zu erkennen. Die Gefahr, die über den Köpfen dieser Familie schwebt, falls die beiden Dummköpfe immer noch von ihrer Idee besessen sind, ist furchtbar. Nach der Anzeige von Girasolo, der die Aufseher so wenig Glauben geschenkt haben, daß sie die beiden nicht voneinander trennten, sondern nur nach Saint-Joseph geschickt haben, würde ein Wort von mir, man möge sie trennen, die Richtigkeit und Schwere dieser ersten Spitzelnachricht bestätigen. Wer weiß, wie die Wachhabenden darauf reagieren würden? Es ist besser, zu schweigen.
    Arnaud und Hautin richten kaum ein Wort an mich in der Casa. Wir begegnen uns höflich, aber ohne familiär zu sein. Jean Carbonieri spricht mit mir nicht, denn er ist beleidigt, daß ich nicht mit ihm zusammen die Hütte mache. In unserer Hütte sind wir vier: Pierrot der Verrückte, Marquetti, der in Rom den zweiten Preis im Violinspiel gemacht hat und oft stundenlang spielt, was mich in Melancholie stürzt, und Marsori, ein Korse von Sete.
    Ich habe niemandem etwas gesagt und bemerke auch, daß hier niemand sonst etwas von dem Vorhaben einer Revolte in Royale weiß. Haben sie noch immer die Sache im Kopf? Alle drei arbeiten in einer schweren Arbeitsgruppe. Es müssen große, behauene Steine herbeigezogen, besser herbeigeschleppt werden, die dazu dienen sollen, ein Schwimmbecken im Meer zu bauen. Ein großer Stein wird mit Ketten umgeben, daran wird eine lange Kette von fünfzehn bis zwanzig Meter befestigt, und die Sträflinge, einen Lederriemen über Brust und Schulter, an dem ein Eisenring befestigt ist, gehen rechts und links von der Kette, mit einem Haken an ein Kettenglied gehängt. So ziehen sie in einem einzigen Anlauf, genau wie Tiere, den Stein bis zu seinem Bestimmungsort. In praller Sonne ist das eine sehr mühselige und vor allem entwürdigende Arbeit.
    Von der Kaiseite her ertönen Gewehrschüsse, Karabinerschüsse und Revolverschüsse. Ich habe verstanden: die Verrückten haben losgeschlagen. Was wird geschehen? Wer bleibt Sieger? Im Saal hockend, rühre ich mich nicht. Alle Sträflinge rufen: »Das ist die Revolte!«
    »Die Revolte? Welche Revolte?« Absichtlich tue ich so, als wüßte ich von nichts.
    Jean Carbonieri, der an diesem Tag nicht zur Arbeit gegangen war, kommt zu mir, ist totenblaß, obwohl sein Gesicht sonnengebräunt ist. Ich höre seine flüsternde Stimme: »Die Revolte, Papi.« Kühl sage ich ihm:
    »Welche Revolte? Ich weiß davon nichts.«
    Die Karabinerschüsse gehen weiter. Pierrot der Verrückte kommt in den Saal gelaufen.
    »Die Revolte ist ausgebrochen, aber ich glaube, sie ist mißlungen. Diese Hundesöhne! Papillon, zieh dein Messer. Bevor wir krepieren, muß man wenigstens so viele wie möglich umbringen!«
    »Ja«, wiederholt Carbonieri, »so viele wie möglich!«
    Chissilia zieht ein Rasiermesser hervor. Alle Welt nimmt ein offenes Messer in die Hand. Ich sage ihnen:
    »Seid keine Idioten. Wie viele sind wir?«
    »Neun.«
    »Ihr sieben werft die Waffe weg. Der erste, der einen Aufseher bedroht – den töte ich. Ich habe keine Lust, mich hier abschießen zu lassen wie einen Hasen. Gehörst du auch dazu, du?«
    »Nein.«
    »Und du?«
    »Auch nicht.«
    »Und du?«
    »Ich wußte nichts davon.«
    »Gut. Wir sind hier alle aus einem Kreis, niemand hat etwas von dieser Revolte gewußt.

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