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Papillon

Papillon

Titel: Papillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Charrière
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aufrichtig sein. Ich werde nicht mehr mit dir darüber reden.«
    »Trotzdem werde ich dir weiter Nachrichten überbringen«, sagt er, »und Bestellungen ausrichten.«
    »Danke, Chatal.«
    In dieser Nacht war Maschinengewehrfeuer zu hören. Der Mann mit dem Hammer ist ausgebrochen, heißt es am anderen Tag. Gott helfe ihm, er war ein guter Freund. Es muß sich ihm eine günstige Gelegenheit geboten haben, die hat er ausgenützt. Hoffentlich geht’s gut.
    Fünfzehn Jahre später, im Jahre 1948, halte ich mich in Haiti auf, wo ich zusammen mit einem venezolanischen Millionär mit dem Präsidenten des dortigen Kasinos wegen einer Spielkonzession verhandle. Eines Nachts verlassen wir in Begleitung einiger Mädchen ein Kabarett, in dem wir Champagner getrunken haben. Da sagt eines der Mädchen, das rabenschwarz war, aber erzogen wie die Tochter einer feinen Familie aus der französischen Provinz: »Meine Großmutter, sie ist Wudupriesterin, lebt mit einem alten Franzosen, einem geflohenen Strafgefangenen aus Cayenne. Seit zwanzig Jahren oder so was lebt er schon mit ihr. Er trinkt. Jules Marteau heißt er.«
    Ich bin mit einem Schlag nüchtern. Marteau! – Der Mann mit dem Hammer. »Bring mich sofort zu deiner Großmutter, Kleine!« Sie spricht in haitischem Dialekt mit dem Chauffeur des Taxis, das mit hundert Sachen losbraust. »Halt!« sage ich, als wir an einer hellerleuchteten Bar vorbeikommen. Ich gehe hinein und erstehe eine Flasche Pernod, zwei Flaschen Champagner und zwei Flaschen einheimischen Rum. »Weiter!« Wir fahren ans Meer und halten vor einem koketten weißen Häuschen mit roten Dachziegeln. Das Meer rollt fast bis an die Treppe heran. Das Mädchen klopft. Eine große schwarze Frau mit schneeweißem Haar öffnet. Sie ist im Nachthemd, das ihr bis zu den Knöcheln reicht. Die beiden Frauen unterhalten sich in ihrer Mundart.
    »Treten Sie ein, mein Herr«, sagt die Frau dann, »das Haus steht Ihnen zur Verfügung.« Eine Karbidlampe beleuchtet das saubere Zimmer, in dem es von Vögeln und Fischen schwirrt und wimmelt.
    »Sie wollen Julot besuchen? Warten Sie, er kommt gleich. Jules! Jules! Es ist jemand da, der dich besuchen will!«
    In einem blaugestreiften Pyjama, der mich lebhaft ans Bagno erinnert, kommt barfuß ein alter Mann herein.
    »Wer kommt denn um diese Zeit, Schneeball? – Papillon! Nein, das ist nicht wahr!« Er schließt mich in seine Arme.
    »Bring die Lampe, Schneeball, ich möchte mir die Schnauze meines Kumpels ansehen! Ja, du bist es! Du bist es! Willkommen in meinem Haus! Alles Blech, das bißchen Flachs, das ich habe, die Enkelin meiner Frau, was du willst, alles ist dein, du brauchst nur ein Wort zu sagen!«
    Wir saufen den Pernod aus, den Champagner, den Rum, und von Zeit zu Zeit singt Julot.
    »Also haben wir sie doch drangekriegt, was, mein Alter? Es geht doch nichts über ein waschechtes Abenteuer! Ich bin durch Kolumbien, Panama, Costa Rica und Jamaika gekommen, und jetzt ist es schon fünfzehn Jahre her, daß ich hier bin, und ich bin glücklich mit Schneeball. Sie ist die beste Frau, der ein Mann begegnen kann. Wann fährst du? Bleibst du lange?«
    »Nur eine Woche.«
    »Was machst du hier?«
    »Ich möchte die Spielkonzession des Kasinos übernehmen, gemeinsam mit dem Präsidenten.«
    »Mein guter Kumpel, ich wollte, du bliebest dein ganzes Leben lang hier bei uns… Aber natürlich, wenn du Kontakt mit dem Präsidenten hast… Unternimm nichts mit diesem Burschen, er wird dich umlegen lassen, sobald er sieht, daß dein Geschäft floriert!«
    »Danke für den Rat.«
    »Und du, Schneebällchen, bereite deinen Wuduzauber vor. Nicht für Touristen, das Echteste vom Echten, mein Freund! Ich werde dir ein andermal von diesem berühmten Ballfest erzählen.«
    Julot war also entkommen, und ich, Dega und Fernandez warten noch immer. Von Zeit zu Zeit sehe ich mir, ganz unauffällig, die Stangen in den Fenstern an. Es sind wirklich Eisenbahnschienen, nichts zu machen.
    Bleibt nur die Tür, vor der Tag und Nacht drei bewaffnete Posten hocken. Seit Julots Flucht ist der Wachdienst verschärft. Die Runden folgen rascher aufeinander, und der Doktor ist weniger liebenswürdig.
    Chatal kommt nur noch zweimal täglich herein, um Injektionen zu geben und die Temperatur zu messen.
    Eine zweite Woche vergeht, ich zahle noch einmal zweihundert Franc. Dega redet von allem möglichen, nur nicht von Flucht.
    »Du hast es noch immer?« fragt er. Er hat gestern mein Skalpell gesehen.
    »Um mich

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