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Papillon

Papillon

Titel: Papillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Charrière
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meiner Haut zu wehren. Und wenn es nötig ist, auch deiner«, antworte ich übel gelaunt.
    Fernandez ist gar kein Spanier, er ist Argentinier. Und er ist ein richtiger Abenteurer. Aber auch er läßt sich vom Geschwätz des alten Carora beeinflussen. Eines Tages höre ich ihn zu Dega sagen: »Die Inseln scheinen sehr gesund zu sein. Es ist dort nicht wie hier, und es ist auch nicht heiß. Hier kannst du dir die Ruhr holen, sooft du austreten gehst.«
    Tatsächlich sterben von den siebzig Männern im Saal jeden Tag ein bis zwei an Ruhr. Und merkwürdig, alle sterben während der Ebbe am Nachmittag oder am Abend, nie stirbt ein Kranker vormittags. Warum? Ein Mysterium der Natur.
    Vergangene Nacht hatte ich eine Debatte mit Dega. Ich habe ihm gesagt, daß der arabische Gefangenenwärter nachts manchmal die Unvorsichtigkeit begeht, in den Saal zu kommen und die Decken der Schwerkranken aufzuheben, die diese sich über das Gesicht ziehen. Man könnte ihn überfallen und ihm die Kleider wegnehmen. (Wir haben nicht mehr an als Hemd und Sandalen.) In seinem Anzug könnte ich hinausgehen, einem der Posten den Karabiner entreißen, auf ihn anlegen und ihn zwingen, den Saal zu betreten, dessen Tür ich von außen abschließe. Dann könnte man auf der Seite des Maroni über die Spitalmauer klettern, ins Wasser springen und sich von der Strömung forttreiben lassen. Alles übrige würde sich ergeben. Man könnte sich zum Beispiel ein Schiff und Lebensmittel kaufen, um übers Meer zu entkommen. Alle beide lehnen diesen Plan kategorisch ab, sie verurteilen ihn sogar. Ich spüre, daß sie entmutigt sind. Die Tage vergehen, ich bin schwer enttäuscht.
    Noch zwei Tage, dann sind es drei Wochen, daß wir hier sind. Bleiben also nicht mehr als höchstens zehn bis fünfzehn Tage, um sein Glück zu versuchen. Heute, 21. November 1933, ist ein denkwürdiger Tag: Joanes Clousiot betritt den Saal, der Mann, den man in Saint-Martin-de-Rè beim Friseur zu ermorden versucht hat. Er hält die Lider geschlossen, er ist fast blind, seine Augen sind voller Eiter.
    Als Chatal einmal weggeht, gehe ich zu Clousiot hin. Er sagt mir rasch, daß die anderen Internierten vor vierzehn Tagen auf die Inseln gebracht wurden, ihn hat man vergessen. Vor drei Tagen hat ihn ein Verwaltungsbeamter davon benachrichtigt. Er hat sich sofort ein Rizinuskorn in die Augen gesteckt, und so ist er hierhergekommen. Er ist bis oben voll mit Fluchtgedanken und ist zu allem bereit, auch dazu, sich umzubringen, wenn es sein muß. Er hat dreitausend Franc. Wenn er sich die Augen mit warmem Wasser spült, sieht er prima. Ich setze ihm meinen Fluchtplan auseinander. Er findet ihn gut, meint aber, um die Aufseher zu überrumpeln, müßten zwei Mann, besser noch drei hinausgehen. Man könnte die Bettfüße abmontieren und die Wächter mit dem Eisenfuß in der Hand überfallen und niederschlagen. »Denn die«, meint er, »glauben nicht einmal, wenn du den Karabiner in der Hand hast und auf sie anlegst, daß du tatsächlich schießen willst, und rufen womöglich die anderen Wachtposten zu Hilfe, die aus dem Pavillon, aus dem Julot entkommen ist.«

Drittes Heft: Erster Fluchtversuch
Ausbruch aus dem Spital
    Heute abend habe ich mir Dega vorgeknöpft, anschließend Fernandez. Dega sagt, er habe kein Vertrauen zu der Sache, aber er würde eine große Summe dafür geben, von der Internierung befreit zu werden. Er bittet mich, das Sierra zu schreiben. Und Sierra möge uns sagen, ob das möglich ist. Chatal bringt uns noch am selben Tag die Antwort. »Bezahlt nichts, um von der Internierung befreit zu werden, das ist eine Sache, die nur in Frankreich entschieden werden kann, sonst nirgends. Nicht einmal der Direktor der Strafanstalt kann es. Wenn ihr im Spital verzweifelt seid, könntet ihr versuchen, genau einen Tag nachdem das Schiff ›Mana‹ abgegangen ist, das zu den Inseln fährt, herauszukommen.«
    Ehe man auf die Inseln kommt, bleibt man acht Tage in Einzelhaft, von wo aus man möglicherweise leichter fliehen kann, meint Sierra. Auf demselben Blatt teilt er mir noch mit, daß er mir einen freigelassenen Sträfling schicken könnte, der mir, wenn ich es möchte, ein Boot hinter dem Spital vorbereiten würde. Es ist ein Toulouser namens Jesus, der vor zwei Jahren die Flucht eines Arztes vorbereitet hat. Um ihn zu treffen, muß ich mich röntgen lassen. Der Röntgenpavillon gehört zum Spitalsbereich, aber die Freigelassenen können sich an einem bestimmten Tag mit einer

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