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Papillon

Papillon

Titel: Papillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Charrière
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entgegen.
    »Na, Clousiot, hast du gesehen, mit welchem Trick ich das Boot wieder ausleerte?«
    »Mein Lieber, wenn du das nicht gemacht hättest und eine zweite Welle hätte sich uns entgegengestellt, wir wären elend abgesoffen. Du bist ein Champion!«
    »Hast du das alles bei der Marine gelernt?« fragt Maturette.
    »Ja. Da siehst du, daß der Unterricht bei der Kriegsmarine zu etwas taugt.«
    Wir müssen stark an Richtung verloren haben. Mit wieviel Abtrift muß ich bei dem Sturm und den Wogen in den vier Stunden rechnen? Ich werde, um das auszugleichen, nordwestlich steuern müssen. Schlagartig fällt die Nacht herein. Die Sonne ist diesmal violett versunken.
    Noch sechs Tage lang segeln wir ohne Zwischenfall, bis auf einpaar kurze Hagel- und Regenschauer, die nie länger als drei Stunden dauern und sich mit dem ersten Gewitter nicht messen können. Es ist zehn Uhr morgens, kein Lüftchen regt sich, totale Windstille. Ich schlafe beinahe vier Stunden. Die Lippen brennen mich, als ich erwache, sie sind wund, meine Nase auch. Die Haut an meiner rechten Hand ist ab, das Fleisch liegt bloß. Maturette geht es ähnlich, auch Clousiot. Zweimal am Tag Ölen wir uns Gesicht und Hände ein, aber das ist viel zuwenig, die tropische Sonne trocknet sie sehr bald wieder aus.
    Nach dem Stand dieser Sonne muß es zwei Uhr nachmittags sein. Ich esse, und da noch immer Flaute herrscht, stellen wir das Segel so, daß es Schatten wirft. Fische versammeln sich um die Stelle, wo Maturette das Geschirr gewaschen hat. Ich nehme das Schlachtmesser, sage Maturette, er soll ein paar Reiskörner ins Wasser werfen. Die Fische versammeln sich um den Reis, und als einer den Kopf aus dem Wasser streckt, stoße ich zu. Er ist getroffen und schwimmt mit dem Bauch nach oben. Es ist ein Riesenfisch. Wir putzen ihn und kochen ihn in Salzwasser. Abends essen wir ihn mit Kassewamehl.
    Wir sind jetzt elf Tage auf See. In der ganzen Zeit hatten wir nur ein einziges Mal am Horizont in der Ferne ein Schiff gesichtet, und ich beginne mich zu fragen, wo wir uns denn zum Teufel befinden? Auf offenem Meer, das ist sicher, aber ob auf der Höhe von Trinidad oder irgendwelchen englischen Inseln, weiß ich nicht. Wenn man vom Wolf redet… Wirklich, rechts von uns taucht ein schwarzer Punkt auf, wird allmählich größer. Ein Schiff? Eine Schaluppe? Es ist ein Schiff, man kann es jetzt deutlich sehen, aber es hält nicht auf uns zu. Es liegt quer zu uns. Es kommt zwar näher, aber schräg, seine Route scheint in anderer Richtung zu liegen. Da kein Wind weht, hängen unsere Segel kläglich herunter, vom Schiff aus sieht man uns sicherlich nicht.
    Da heult plötzlich dreimal eine Sirene auf, das Schiff wechselt den Kurs und kommt direkt auf uns zu.
    Es ist ein Öltanker. Je näher er kommt, desto deutlicher sind die Menschen an Bord zu erkennen, die sich wahrscheinlich fragen, was denn die Leute in der Nußschale da auf hoher See tun? Langsam kommt das Schiff näher. Wir nehmen jetzt deutlich die Offiziere und andere Mitglieder der Besatzung aus, den Koch, dann Damen in bunten Kleidern und Männer in farbigen Hemden, offenbar Passagiere. Sonderbar. Was machen Passagiere auf einem Öltanker?
    Der Tanker fährt sachte heran, und der Kapitän fragt uns auf englisch: »Where are you coming from?«
    »French Guayana.«
    »Sprechen Sie Französisch?« fragt eine Dame.
    »Ja, Madame.«
    »Was machen Sie auf hoher See?«
    »Wir fahren, wie Gott es will.«
    Die Dame sagt etwas zu dem Kapitän, dann ruft sie uns zu: »Kommen Sie an Bord, der Kapitän wird Ihr Boot heraufhissen!«
    »Sagen Sie ihm, wir lassen ihm danken, aber wir fühlen uns sehr wohl in unserem Waschtrog.«
    »Warum wollen Sie die Hilfe nicht annehmen?«
    »Weil wir Flüchtlinge sind und nicht in Ihre Richtung wollen.«
    »Wohin fahren Sie denn?«
    »Nach Martinique. Und noch weiter. Wo liegt die Route nach den Antillen?«
    »Können Sie eine englische Karte lesen?«
    »Ja.«
    Einen Augenblick später läßt man uns an einem Seil eine englische Karte herunter, einen Karton mit Zigaretten, einem Päckchen Kakaobutter, Brot und eine gebratene Hammelkeule.
    »Sehen Sie sich die Karte an!«
    Ich sehe sie mir an. »Ich muß West zu Süd drehen, um die englischen Antillen anzusteuern, stimmt’s?«
    »Ja.«
    »Wie weit ist es ungefähr?«
    »In zwei Tagen werden Sie unten sein«, sagt der Kapitän.
    »Auf Wiedersehen, und danke für alles!«
    »Der Kommandant gratuliert Ihnen zu Ihrem Seemut!«
    »Danke,

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