Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)
Genesung zu versichern. Luz zeigte sich wenig begeistert, willigte aber schliesslich ein. Er solle im Wagen warten und sie würde das Mädchen herbringen.
Manolo stand auf der Strasse vor seinem Laden. Die Menschen gingen vorbei, aber sie kamen nicht in seinen Laden. Er kannte das schon. Es war wohl, weil er allein war. Wo war nur seine Frau? Warum nur hatte sie ihn verlassen? War es nicht gut bei ihm, hatte sie nicht immer, was sie brauchte? Was hatte sie nur von ihm weggetrieben. Es schmerzte ihn tief, sie nun zu vermissen. Es gab so viel zu tun, bei dem sie ihm immer geholfen hatte. Nun tat sie es nicht mehr und er dachte an den Staub in seinem Laden, die Regale, die neu aufgefüllt werden mussten, die Preise die anzubringen waren. Er dachte an die Vorräte, die bald kommen mussten, so dass er den Speicher füllen konnte und wieder wirtschaften wie zuvor.
Manolo dachte an die Vorräte, an die Lastwagen, die Leiterwagen, in denen sie angebracht wurden. Wann waren die Lieferanten vom Land denn zum letzten Mal dagewesen? Er wusste es nicht mehr. Er dachte ans Meer. Manolo dachte viel ans Meer in dieser Zeit. Er dachte an den ewigen Horizont und das, was jenseits des Horizonts lag. Aber das Jenseits lag so fern und Manolo hatte so vieles zu tun. Obgleich er müde war und nichts lieber getan hätte, als am Meer zu sein. Oder im Jenseits. Aber um was musste er sich nicht alles kümmern?
Manolo blickte auf die staubige Strasse, die Leute gingen vorbei, aber niemand trat in seinen Laden.
Luz hatte Vincent angewiesen, seinen Wagen an der Kreuzung stehen zu lassen, an der vor Wochen die Schlägerei entbrannte und wo nun die lee re Ruine des Ladens langsam versandete und zerfiel. Auf den schmalen Gehsteig geparkt wartete Vincent im Wagen und lehnte sich tief in den Fahrersitz, strich sich über die Stirn, wo Staub und Schweiss sich verklebten und blickte in die improvisierten Wände und die verbogenen Fensterrahmen. Es gab wohl niemanden, der sich darum kümmerte oder gar einen, der den Mut oder die monetären Mittel aufbrachte, einen neuen Laden zu eröffnen. Ob sich der Rote Ring darum kümmern sollte?
Vincent starrte auf den wirbelnden Staub der Strasse, während die Gewitterwolken immer drohender wurden und eine bleierne Wand vor das Himmelsblau schoben. Die Hitze war drückend feucht und bald würden die ersten dicken Tropfen fallen. Dann hätte er immer noch Zeit, die Plane über die dicken Stangen des Geländefahrzeugs zu spannen. Nur keine Eile. Luz hatte offensichtlich auch keine.
Doch endlich stand sie neben ihm, die schmale Consuelo bei sich. Während Luz ihr gewohnt versteinertes Gesicht trug, lächelte Consuelo, doch sie war blass und wirkte noch zarter als vor dem Eingriff.
Vincent stieg rasch aus dem Wagen und fragte: „Geht es dir wieder besser?“
Consuelo sah ihm während einer Sekunde in die Augen, dann blickte sie hinter ihm in die Luft und ihr Gesicht nahm einen fremden Ausdruck an.
Vincent und Luz folgten beide ihrem Blick, doch da war nichts und so fragte er: „Consuelo! Ist alles in Ordnung mit dir?“
Doch sie blieb unbeweglich und starrte immer weiter in die Leere. Luz und Vincent tauschten einen ratlosen Blick, als Consuelo plötzlich laut und deutlich sprach: „Du bist hier nicht mehr richtig, du musst hier weg!“
„Wie?“ fragten beide wie aus einem Mund.
„Nein, es ist nichts mehr da, für das du sorgen musst, du musst nun deinen Weg gehen. Hat dich niemand gerufen?“ sprach Consuelo weiter.
‚Gerufen? Mich hat niemand gerufen‘, erwiderte Manolos Geist. Es war das erste Mal in langer Zeit, dass jemand mit ihm sprach und ihn nicht nur ignorierte.
„Es hat dich bestimmt jemand gerufen, hast du nichts gespürt, nach dem du dich sehntest? War nicht alles anders seit einem bestimmten Abend? Siehst du, dies ist nicht mehr dein Ort, es ist besser, du gehst nun mit, mit denen, die da um dich sind und die du noch nicht gewohnt bist zu sehen. Aber du achtest am besten auf sie, dann wirst du sie immer besser sehen und dann kannst du ihnen in das bessere Land folgen“, betonte Consuelo.
‚Weisst du wo meine Frau ist?‘ fragte Manolo.
„Nein, aber sie hat sicher an deinem Grab Abschied genommen“, meinte Consuelo.
‚Kein Grab‘, sagte Manolo. ‚Weisst du wo das Meer ist?‘
„Das Meer ist weit nach Sonnenuntergang. Dorthin folgst du am besten denen, die dich rufen, dann wirst du in das bessere Land kommen“, erwiderte Consuelo. Sie sah, wie Manolo die
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