Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)
Wohligkeit
ihres feuchten Schosses.
So war Luz‘ Stöhnen der Lust wie Pilaster des Heiligtums, in welchem dem Sexos geopfert wurde. Luz war Religion und Luz war Lust.
Sie waren nicht füreinander, aber sie kamen nicht voneinander los. Es gab ihrer Anziehung kein Entrinnen und doch lauerte auf die berauschende Liebe immer Streit und Entzweiung. Nervenaufreibend doch unentrinnbar verbissen sich ihre Seelen ineinander, wo ihr Leib voneinander abfiel. Ein Glück von kurzer Dauer, auf das nur allzuschnell die Bitternis von Zwietracht und Misstrauen fiel wie früher Reif die mutigen Blüten straft.
Kommentarlos über ihrer kupplerische Mutter hinweggehend, kehrte sich Luz von Vincent ab und trat noch immer nackt ans Fenster.
Ohne ein Wort kleidete sich Vincent an und verliess das düstere Zimmer mit der düsteren Frau, verletzt in seinem Stolz und unendlich verärgert über ihr ab lehnendes Wesen.
Er verbot sich jeden Gedanken an sie und verbrachte den Sonntag mit seinem Computer im Austausch mit seiner Familie und den Freunden daheim, die seinen Weg nicht immer verstehen mochten, ihm jedoch stets zur Seite standen. Sie wiesen auf die Risiken hin, denen er sich aussetzte, kritisierten ihn aber nicht.
Anders als Luz. Aber an die wollte er ja nicht denken. Dieser arrogante Blick. Dieses Kinn, das schon an sich abweisend, hochfahrend war. Ihr hasserfüllten Worte. Warum hatte sie ihn denn nach ihrem Zimmer gebracht und war wild und verführerisch gewesen, wenn ihr nichts daran lag? Er bereute, die Verbindung zu ihr eingegangen zu sein, wenn er an ihr Naturell, ihre Art, ihren Charakter dachte – nicht aber, wenn er sich an den Sex erinnerte. Dann nicht. Dann war gegen ihr Naturell nichts einzuwenden.
Wenn ich nicht aufpasse, werde ich süchtig nach dieser durchgedrehten Primadonna. Was bildet sie sich eigentlich ein.
Miststück.
Aber er wollte ja nicht an sie denken.
Schliesslich rief er Curdin an und fragte, ob er Lust auf ein Bier habe, denn Curdin in seiner namenlosen Korrektheit würde seine Gedanken sicher in andere Bahnen lenken.
Sie trafen sich in der angestammten Sportbar, in der der Rote Ring zu verkehren pflegte. Curdin erzählte von einem befreundeten Paar daheim, das gerade ein Kind bekommen habe und geriet allmählich auf die Heimwehschiene.
„Weisst du“, sagte er, „zu Anfang ist es ja grossartig, so exotisch hier und du kommst mal aus deinem alten Trott raus, aber dann mit der Zeit, so nach den gut zehn Monaten hier und vorher in Ecuador fast ein Jahr, da fehlen mir die kalten Winter, das Essen. Ich bin hier einfach nicht daheim.“
Vincent dachte an daheim, an das niedliche, touristenverbrämte und unendlich saubere Luzern. Die Sicherheit eines geregelten Jobs, die wichtigen Bedeutungslosigkeiten, mit denen man sich dort die Seele zu belasten pflegte und die ihm hier ins Nichts entschwanden. Hunger und Kriminalität waren einfach etwas anderes als ein termingerecht abgeschlossenes Projekt.
Unvermittelt fielen ihm Consuelo und der angebliche Geist ein und er setzte dazu an, Curdin davon zu erzählen, aber das hätte die Frage nach dem Mädchen, der undokumentierten Abtreibung und schliesslich der Entführung einer Minderjährigen nach sich gezogen. Da Vincent sich ohnehin nicht sicher war, wie die Sache ausging und ob er gerade in grössere Schwierigkeiten schlitterte, liess er es dabei bewenden und fragte Curdin geflissentlich nach seinem Heimweh aus. Doch es half nichts, selbst unter dessen Rede dachte er immer wieder an Luz, an ihre Haut, ihre Formen und ihre kehlige Stimme.
Luz.
Ein düsteres Licht, das ihn in eine verschworene Tiefe Paraguays zog, die er nie zu ahnen vermocht hatte.
Alles schien ihn an sie zu gemahnen, seine Gedanken zogen sich in unvorhersehbaren Linien immer wieder zu ihr hin. Mit jedem Mal, da er sich die Gedanken nach ihr verbot, wuchs seine Sehnsucht, sie zu sehen, seinen Stolz zu verteidigen, ihr seine Meinung zu sagen, aber auch in ihrer Fülle von Lust und Leidenschaft zu versinken. In der Bedingungslosigkeit, mit der Luz lebte, die ihre ganze Existenz erfüllte, war für Vincent eine Zuflucht, eine Anziehung, die er sich nicht zu erklären wusste. Sie war anstrengend, aber sie war so voller Süsse des Lebens, so voller Überfluss an Lust und Hass und Überschwang und Hingabe, wie er es noch nicht erlebt hatte. Er hatte eine solche Persönlichkeit für einen Mythos gehalten, denn jeder Mensch musste einmal vernünftig nachdenken und handeln. Aber bei
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