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Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Titel: Paradies. Doch kein Himmel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthea Bischof
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staubige Ruine seines Ladens hinter sich lassen konnte und sich den sylphischen Bewegungen im Licht zuwandte. Sie nickte befriedigt. So war es richtig. Immer wieder geschah es, dass Totenseelen den Weg nicht fanden, aber man musste ihnen nur sagen, wohin sie sich zu wenden hatten und ein Gebet für sie sprechen, dann waren sie weg. Sie kannte das schon, das begegnete ihr immer wieder, aber in der Hauptstadt litten die Menschen an ganz anderen Dingen als in Concepcion. Hier gab es viel mehr Ermordete. Seitdem sie hier in Asunción war, hatte sie schon den dritten weitergeschickt.
    Als Consuelo sich wieder den Lebenden zuwandte, starrten Vincent und Luz sie an und Entsetzen malte sich in ihre Gesichter.
    „Ist hier kürzlich jemand ermordet worden?“ fragte das Mädchen deshalb harmlos.
    „Ja“, erwiderte Vincent.
    „Siehst du, das geschieht manchmal, dann kommen die Seelen nicht so leicht weg. Jetzt hab ich ihn weitergeschickt. Nichts Schlimmes, nur eine Totenseele weniger auf der Strasse“, erklärte ihnen das Mädchen.
    „Du willst sagen, du hast mit einem Geist geredet?“ fragte Vincent.
    „Ja“, sagte Consuelo.
    „Du sagst, du siehst Geister?“
    „Das hast du mich gerade schonmal gefragt, ja. Wolltest du nicht wissen, wie es mir geht?“ schloss sie vorwurfsvoll an.
    „Doch, aber wenn du Sachen siehst, die nicht da sind, geht es dir vielleicht nicht gut, hast du Fieber?“
    „Mir geht es schon viel besser. Nur weil du diese Dinge nicht siehst, heisst es noch lange nicht, dass sie nicht da sind, du Dummkopf.“ Consuelo schien nun etwas beleidigt.
    Luz blickte immer noch geradeaus als sei nichts vorgefallen. Schliesslich sagte sie einfach: „Ich habe Hunger.“
    Vincent strich sich durchs Haar und meinte: „Gut, gehen wir etwas essen.“
    In einer Art Hof waren Stühle und Tische aufgestellt . Zwischen den Wohnstädten stand sogar ein Baum und am Boden lag nirgends Müll. Eine Frau hantierte an einem schmalen Brett, das als Theke diente, während ein jüngerer Mann im hellen Hemd die wenigen Gäste begrüsste. Er gab sich jedoch sehr verbindlich und wies den dreien einen Tisch an, während er mit Luz in Guarani sprach. Sie lachte und plauderte gutgelaunt.
    Endlich wandte sich der junge Mann auch ihrer Begleitung zu und wechselte in Hinblick auf Vincent ins Spanische.
    „Sie verstehen doch Spanisch?“ schloss er seinen Ausführungen über die aktuellen Speisen an.
    Als Vincent bejahte fragte er weiter, was diesen nach La Chacarita führe und sie unterhielten sich über Vincents langen Weg nach Paraguay und seine Mitgliedschaft beim Hilfswerk. Unvermittelt erzählte Vincent von der ungeklärten Frage, wohin die Landbevölkerung ihre Produkte verkaufe, wenn nicht in die Städte, wie bisher. Der junge Mann runzelte die Stirn und bestätigte, dass es Probleme gebe. Dann verschwand er in den kleinen Verschlag, aus dem es dampfte und klapperte.
    Schliesslich assen sie einen reichhaltigen Eintopf aus Bohnen und gemischtem Hackfleisch, der würzig nach Paprika und Schweineschmalz schmeckte. Die Dichte der Aromen und die Schärfe milderten sich wohltuend zum kühlen Bier und Vincent fühlte sich gelassen und entspannt. Während er das Glas hob und in die kleinen aufsteigenden Bläschen blickte, fragte er Consuelo:
    „Du siehst also Geister?“
    „Zum dritten Mal, ja“, bestätigte das Mädchen. Sie hatte eine kleinere Portion verlangt und knabberte wie ein Maischen an der warmen Schüssel.
    „Hat Luz auch einen Geist oder ist sie einfach mühsam?“ fragte er weiter.
    Consuelos Blick glitt von ihm zur düsteren Luz und wieder zurück. Dann zog sie die Brauen zusammen und schwieg.
    „Na? Was ist mit Luz los? Reden die Toten mit ihr, dass sie zu abgelenkt ist, um auf uns arme Lebende zu achten oder hat sie einfach was gegen mich persönlich?“ fragte er weiter. Er hatte von deren kapriziösem Gehabe gründlich die Nase voll und wollte sie provozieren. Es mochte nicht Consuelos Angelegenheit sein, aber da immerhin sie mit ihm sprach, forschte er kurzerhand bei ihr.
    „Du musst sie halt selber fragen“, meinte Consuelo ausweichend.
    „Hab ich schon, es liess sich nichts erfahren.“
    „Du blöder arroganter Arsch kannst mich mal!“ meinte Luz darauf und verliess Tisch und Hof.
    Vincent zuckte die Schultern und fragte Consuelo: „Verstehst du das?“
    „Ihr habt was zusammen, oder?“ fragte sie.
    „Das war eine einmalige Sache und so wie es sich entwickelt, werde ich den Fehler nicht nochmal

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