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Paradies

Paradies

Titel: Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Bild, das sich ihr bot.
    Sie war enttäuscht.
    Sie wusste nicht, was sie erwartet hatte, aber jedenfalls nicht das.
    Ein Schreibtisch, ein Telefon, ein Fax. Ein Bücherregal mit zahlreichen Aktenordnern und ein Stapel loser Blätter. Sie lauschte, keine Geräusche, lief zum Regal und riss den ersten Ordner mit dem Etikett Löschungen auf.
    Leer.
    Der nächste mit dem Etikett Weiterbearbeitung.
    Leer.
    Der nächste, Rechnungen an Gemeindeverwaltungen, etwa zwanzig Stück, Gemeinde Österåker, Ihr Zeichen Helga Axelsson, unser Zeichen Rebecka Björkstig, Gemeinde Nacka, Ihr Zeichen Martin Huselius, alle über große Summen, jeweils mindestens hunderttausend Kronen. Dann überprüfte sie alle Ordner auf dem obersten Regalbrett, die mit Angaben wie Klienten in der Rehabilitierung, Geschützte Wohnungen, Neue Existenzen im Ausland beschriftet waren.
    Alle Ordner waren leer.
    Der Stapel aus losen Blättern enthielt persönliche Angaben, Urteile, Angaben zur Person, Formulare von Krankenversicherungen. Die privaten Unterlagen der bedrohten Menschen.
    Sie wandte dem Bücherregal den Rücken zu und ließ den Blick durch das Zimmer schweifen, sie mussten jetzt fahren. Hatte sie etwas übersehen?
    Der Schreibtisch. Sie stürzte hin, zerrte an den Schubladen. Sie waren abgeschlossen.
    Okay, dachte sie, das muss reichen.
    Thomas Samuelsson saß im Flur an die Wand gelehnt, den Kopf zwischen den Knien.
    »Lebst du noch?«, erkundigte sie sich nervös.
    »Fast tot«, murmelte er.
    Sie schloss die drei Schlösser auf und hockte sich dann vor ihn hin.
    »Thomas«, sagte sie, »sie können jeden Moment wieder hier sein.
    Wir müssen hier weg. Kannst du gehen?«
    Er schüttelte den Kopf, und seine Haare hingen herab wie eine Gardine mit braunen Flecken.
    »Leg den Arm um meine Schulter, dann stütze ich dich. Nun komm schon.«
    Er tat, was sie gesagt hatte, war aber schwerer als gedacht. Sie ging unter seinem Gewicht in die Knie, schaffte es dennoch bis zur Tür. Annika trat sie auf, es war jetzt fast dunkel. Sie setzte den Mann auf der Treppe ab, wo er bedenklich hin und her schwankte.
    Ihre Hände waren so verschwitzt und zittrig, dass ihr die Schlüssel aus der Hand auf den Rasen fielen. Sie war den Tränen nah, verdammter Mist, sollte sie die Tür einfach offen stehen lassen? Sie lauschte die Straße hinab, keine Autos, sprang über den schwankenden Mann nach unten und holte die Schlüssel, stieg wieder über ihn und ging zur Tür, wo ihr plötzlich die Abstellkammer einfiel. Sie lief hinein und verschloss auch diese Tür, zog anschließend die Haustür zu und schloss sie in Windeseile ab, hievte sich den Mann wieder auf die Schultern und schleppte ihn zu seinem Toyota. Die Autotüren öffneten sich mit einem fröhlichen Blip, und sie setzte ihn auf dem Beifahrersitz ab, lief um das Auto herum und musste den Schlüssel mit beiden Händen festhalten, als sie ihn ins Zündschloss steckte. Gott sei Dank, er sprang sofort an. Sie ließ den Motor aufheulen, legte den ersten Gang ein und fuhr über die Hügelkuppe. Das Letzte, was sie im Rückspiegel sah, war ein Auto am Fuß des Hangs, das aufwärts fuhr.
    Sie fuhr in panischer Angst einfach geradeaus und begann wieder, zu schnell zu atmen. Als die Straße endete, bog sie abrupt rechts ab. Thomas Samuelsson rutschte zu ihr herunter, und sie schob ihn wieder in eine aufrechte Position.
    Großer Gott, wie sollte sie hier nur wegkommen? In welcher Richtung lag Stockholm?
    Sie fuhr abwärts, irgendwo musste doch eine größere Straße kommen, eine Hauptverkehrsstraße, wie hieß die hier? Mälarvägen?
    Sie warf einen Blick in den Rückspiegel, Scheinwerferlichter von anderen Autos, aber keines, das ihr zu folgen schien. Sie sah wieder nach vorn, eine rote Ampel! Eine Landstraße? Viksjöleden!
    Sie bog rechts ab, fort von dem Haus, fort von Rebecka Björkstig, merkte bald, dass sie im Kreis fuhr, kam an einer weiteren großen Straße vorbei, Järfällavägen, und wusste plötzlich, wo sie war. Der Factory-Outlet in Barkaby. Sie hatte noch Anne Snapphanes enthusiastische Stimme im Ohr: Today is outlet day! Im Herbst und im Frühjahr suchten sie hier nach Schnäppchen, kauften Lederjacken und Sportkleidung und Probekollektionen von Edelmarken zu absoluten Spottpreisen. Von hier aus fand sie nach Hause.
    Sie bog auf die E 18 und raste auf der Überholspur Richtung Stockholm.
    Der Mann neben ihr fing auf einmal an, sich zu übergeben. Er erbrach sich über seinen Mantel und seine Hose und

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