Paradies
sie, »ich wollte dich anrufen. Ich habe nämlich eine ganze Reihe neuer Informationen über unsere Freundin Rebecka Björkstig. Sie hat mehrfach die Identität gewechselt und steht bei all ihren Konkursen unter dem Verdacht des schweren Betrugs.«
Sie schenkte Wein aus dem Tetrapak ein, zuerst sich, dann ihm.
»Heute Morgen ist ein Schlüsselbund mit der Post gekommen. Ich hatte Kontakt mit einer Frau, die mit der Stiftung zu tun hatte und in dem Haus in Olovslund gewohnt hat. Sie ist letzten Freitag mit ihrer Familie abgehauen und hat mir die Hausschlüssel aus einem Ort im Landesinneren von Norrland geschickt. Ich bin sofort nach Järfälla gefahren.«
Er sah sie verblüfft an.
»Dann bist du in das Haus gegangen? War denn keiner da?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Nein, aber sie kamen kurz darauf. Ich habe mich in der oberen Etage versteckt. Dann bist du gekommen, und es gab einen ziemlichen Aufruhr. Sie müssen dich mit einer Bratpfanne niedergeschlagen haben. Rebecka Björkstig und der Typ sind dann verschwunden, um ein Auto zu holen, und ich habe dich zu deinem Toyota geschleppt, und dann sind wir weggefahren.«
Er strich sich über die Stirn und versuchte Ordnung in seine Gedanken zu bekommen.
»Dann warst du also schon da, als ich kam.«
»Genau.«
»Du hast mich aus der Abstellkammer geschleppt und weggefahren?«
»Korrekt. Und ich habe sowohl die Abstellkammer als auch das Haus hinter uns abgeschlossen, du kannst dir vorstellen, wie sie geguckt haben, als sie zurückgekommen sind, um dich zu holen!«
Sie grinste fröhlich. Er glotzte sie ein paar Sekunden verständnislos an und brach dann in schallendes Gelächter aus.
»Du hast die Abstellkammer abgeschlossen? Und die Haustür?«
»Alle Schlösser!«
Sie lachten beide, immer weiter. Er lachte Tränen, sie lachte aus vollem Hals.
»Herrlich!«, jubelte er.
»Sie haben bestimmt geglaubt, dass du dematerialisiert worden bist.«
Er beruhigte sich wieder, musste aber immer wieder kurz lachen.
»Dass ich was?«
Sie lächelte.
»Dass du dematerialisiert, aufgelöst, digitalisiert worden bist. So werden wir in der Zukunft reisen. Man dematerialisiert sich und schickt sich selber über das Internet, schnell und umweltfreundlich. Stell dir mal vor, wenn wir in den Weltraum wollen, ist das überhaupt kein Problem mehr.«
Er starrte sie an, wovon redete sie?
»Es muss allein in der Milchstraße zwischen zehntausend und hunderttausend gleich hoch oder höher entwickelte Zivilisationen geben«, sagte sie. »Forscher haben herausgefunden, dass Leben wesentlich leichter entsteht, als man bislang geglaubt hat. Es ist alles vielleicht gar nicht so verdammt kompliziert. Wenn die richtigen Bedingungen gegeben sind, kann jederzeit und überall Leben entstehen. Es reicht schon, wenn es Wasser gibt.«
Thomas lachte erstaunt auf.
»Was für ein Gedankensprung, wie bist du jetzt darauf gekommen?«
»Ich frage mich, wie sie aussehen«, sagte sie. »Stell dir nur den Tag vor, an dem wir sie treffen werden! Das wäre doch toll! Stell dir nur all die vielen Gerichte vor, die wir dann probieren könnten.
Ich habe Möhren und Kartoffeln so satt. Lauter neue Gemüsearten! Gewürze! Es muss so viele neue Welten da draußen geben, und ich habe diese hier so satt!«
Sie verstummte, ihr Lachen war versiegt.
»Warum?«, fragte er.
Sie sah ihm ernst in die Augen.
»Selber warum.«
Er seufzte stumm, trank seinen Wein aus und war betrunkener, als er sein sollte.
»Ich mag mein Leben nicht mehr«, sagte er.
Aus irgendeinem Grund war es ganz selbstverständlich, ihr davon zu erzählen. Er wusste, dass sie ihn verstehen und nicht verurteilen würde. Er sah sie müde an, sie war etwas zu dünn, ihre starken Hände lagen in ihrem Schoß.
»Ich liebe meine Frau«, sagte er, »wir haben ein nettes Haus, viel Geld, einen großen Bekanntenkreis, ich habe eine Arbeit, die ich mir selber ausgesucht habe und die mir gefällt. Trotzdem…«
Er verstummte, zögerte, fingerte an seiner Krawatte herum, zog sie sich über den Kopf, faltete sie zusammen und legte sie neben sich auf die Couch.
»Wir haben so verschiedene Ziele im Leben«, fuhr er fort. »Sie will Karriere in ihrer Bank machen und mit der Zeit ins gehobene Management aufsteigen. Allmählich wird es Zeit dafür, im Frühjahr wird sie vierzig.«
Sie saßen eine Weile schweigend zusammen.
»Wie habt ihr euch kennen gelernt?«, fragte Annika.
Er lächelte. Dummerweise stiegen ihm Tränen in die Augen.
»Sie war
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