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Paradies

Paradies

Titel: Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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nicht?
    Sie riss die Augen weit auf, das Licht schlug ein, die Szenerie war glasklar, zwei Sekunden später wusste sie es.
    Es kam kein Rauch aus dem Schornstein.
    Sie ließ die Tasche fallen und lief, ihre Herzschläge waren wie ein pochender Puls im Gehirn. Sie riss die Tür auf, Kälte und Dunkelheit, ein übel riechender Hauch von Gefahr.
    »Großmutter!«
    Die Beine lugten unter dem Klapptisch hervor, braune Stützstrümpfe, sie hatte einen Schuh verloren.
    »Großmutter!!«
    Sie hob den Tisch weg und klemmte sich den linken Ringfinger, als die Tischplatte zuschnappte.
    »Oh, mein Gott, oh, mein Gott…«
    Die alte Frau lag bäuchlings auf der Seite, ein wenig Blut war aus ihrem Mund geflossen. Annika warf sich über sie, nahm ihre eiskalte Hand, strich ihr über das Haar, die Tränen flossen, Wellen aus Adrenalin.
    »Großmutter, Himmel, hörst du mich, hallo, Großmutter…?«
    Annika suchte mit den Fingern nach dem Puls am Handgelenk, fand die richtige Stelle nicht, suchte am Hals, fand auch dort keinen Puls, ihre Hände waren ungeschickt und feucht, sie drehte die alte Frau auf den Rücken, beugte sich über sie und versuchte, Atemzüge zu erahnen. Doch, sie atmete.
    »Großmutter?«
    Die Antwort war ein Stöhnen, dann ein schwaches Murmeln.
    »Großmutter!«
    Der Kopf fiel zur Seite, das Blut auf der Wange war geronnen. Das Kinn hing schlapp zum Hals hinunter. Ein neuerliches Stöhnen, Jammern.
    »Es tut weh«, sagte sie. »Hilf mir.«
    »Großmutter, ich bin es, mein Gott, Großmutter, du bist hingefallen, ich werde dir helfen…«
    Atmung, Blutung, Schock, dachte Annika und strich der alten Frau über die Haare. Ich muss sie warm halten.
    Schnell stand sie auf und lief ins Schlafzimmer, wo das Bett aus gustavianischer Zeit sorgfältig gemacht war. Mit einem Ruck zerrte Annika das Bettzeug an sich, inklusive Betttuch und Matratze, und sauste in die Küche zurück. Sie legte die Matratze auf die Erde, hob den Oberkörper der alten Frau an und trat die Matratze unter sie, wiederholte dies, um die Hüfte und anschließend die Beine darauf zu hieven. Dann nahm sie das Laken und die Decken, hob die Beine und schlug sie darin ein, setzte ihre Mütze auf den Kopf der Großmutter, deren Haar sich strohig anfühlte.
    Ein Krankenwagen, dachte Annika.
    »Warte hier, Großmutter«, sagte sie. »Ich werde Hilfe holen. Ich bin gleich wieder zurück.«
    Die Frau ließ als Antwort ein Jammern hören.
    Sie lief aus dem Haus, durch den Wald am Bach vorbei, ließ die Straßenschranke hinter sich, überquerte die Straße, duckte sich unter einer herabhängenden Elektrizitätsleitung, sprang über die Grashöcker im Sumpf und lief den Hang nach Lillsjötorp hinauf.
    Lieber Gott, lass den alten Gustav zu Hause sein!
    Der alte Mann hackte Holz. Er hörte Annika nicht kommen, weil er schwerhörig war. Sie grüßte ihn nicht, sondern rannte auf der Stelle ins Haus.
    Der Spermatopf war da, Gustavs Haushaltshilfe und Svens alte Flamme, sie hieß Ingela. Sie spülte und sah Annika bestürzt an.
    »Was zum Teufel…?«
    Annika rannte zum Telefon und wählte die Notrufnummer.
    »Du könntest wenigstens die Tür hinter dir zumachen«, sagte der Spermatopf gereizt, trocknete sich die Hände an einem Küchenhandtuch ab und ging in den Flur.
    »Notrufzentrale, was ist passiert?«, fragte eine Frau in der Leitung.
    Annika brach in Tränen aus.
    »Es geht um meine Großmutter!«, schluchzte sie.
    »Ganz ruhig. Was ist passiert?«
    Annika schloss die Augen und strich sich über die Stirn.
    »Es ist etwas mit meiner Großmutter passiert«, antwortete sie. »Ich dachte, sie wäre tot. Sie liegt in einer Hütte außerhalb von Granhed, Sie müssen kommen und sie holen.«
    »Was hast du denn mit deiner Hand gemacht?«, fragte der Spermatopf erschrocken.
    »Wo liegt denn Granhed?«, fragte die Frau.
    Annika gab ihr stockend eine Wegbeschreibung: »Biegen Sie in Valla in Richtung Hälleforsnäs ab, fahren Sie dann den Stöttastensvägen, an Granhed vorbei, dann die erste Straße rechts Richtung Hosjön.«
    »Stimmt was nicht mit Sofia?«, fragte der Spermatopf mit großen Augen.
    Annika ließ den Hörer fallen und verließ das Haus, lief den gleichen Weg zurück, den sie auch gekommen war. Es war dunkel geworden, sie fiel mehrere Male hin. Die kleine Hütte hob sich kaum noch vom Hintergrund ab, dem schwarzen Wald.
    Ihre Großmutter hatte sich nicht bewegt, lag vollkommen regungslos da, atmete ruhig. Annika setzte sich, legte den Kopf der

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