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Paradies

Paradies

Titel: Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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lief los.
    Die Notaufnahme erinnerte an eine Garage. Der Krankenwagen parkte, und ein ganzer Schwarm Krankenhauspersonal in flatternden Kitteln mit Kugelschreibern in den Brusttaschen versammelte sich um sie herum. Sie sprachen ruhig miteinander, führten effektive Bewegungen aus. Alle Frauen hatten frisch gewaschenes Haar, und alle Männer waren glatt rasiert. Großmutter wurde in einer Schar aus flatterndem Polyester davongerollt.
    Annika stieg aus dem Wagen und sah die Horde in Richtung Ambulanz davonschweben. Eine Frau hinter einer Glasscheibe bat sie, in den Warteraum zu gehen. Dort saßen schlappe Kinder, rastlose Eltern, hohläugige Rentner, eine lautstarke Einwandererfamilie. Annika kramte in ihrer Tasche und fand eine Telefonkarte.
    Sie ging zum Telefon, zwängte sich mit entschuldigender Miene an der lautstarken Familie vorbei, legte die linke Hand auf den Hörer und die Stirn an den Apparat, atmete tief durch. Sie musste anrufen.
    Ihre Mutter ging nach dem vierten Klingelzeichen mit einem Hauch von Gereiztheit in der Stimme an den Apparat.
    »Es geht um Großmutter«, sagte Annika. »Es geht ihr sehr schlecht.
    Ich habe sie in der Hütte gefunden, sie war fast tot.«
    »Was ist los?«, fragte ihre Mutter am anderen Ende der Leitung und sagte dann zu jemand im Zimmer gewandt: »Nein, nicht die Gläser, nimm die roten…«
    »Großmutter ist schwer krank!«, schrie Annika. »Hörst du denn gar nicht, was ich sage!?«
    »Krank?« Die Stimme war erstaunt, nicht ängstlich oder schockiert. Erstaunt.
    »Im Krankenwagen lebte sie noch, aber dann haben sie sie weggerollt, und ich weiß nicht, was dann passiert ist…«
    Annika fing an, lautlos zu weinen.
    »Mama, kannst du nicht herkommen?«
    Ihre Mutter schwieg, nur ein schwaches Rauschen war zu hören.
    »Ausgerechnet jetzt, wo wir Gäste erwarten. Wo bist du?«
    »Im Kullbergska.«
    Die lautstarke Familie durfte endlich irgendwo eintreten, in der Stille hallte das einmalige Klingeln nach, als der Hörer eingehängt wurde.
    Ein flatternder Assistenzarzt kam auf sie zu.
    »Sind Sie die Angehörige von Sofia Katarina? Wenn Sie bitte mitkommen würden.«
    Der weiße Rücken des Mannes glitt hinter die Glastür zurück und verschwand. Annika folgte ihm. Oh, Gott, sie ist tot, jetzt sagt er, dass sie gestorben ist, sagt, dass ich sie zu spät gefunden habe.
    Warum kümmert ihr euch nicht um eure alten Angehörigen?
    Der Behandlungsraum war klein, trist und fensterlos. Der Doktor stellte sich vor, ein Murmeln und ein schneller Händedruck, klickte seinen Kugelschreiber an und beugte sich über seine Papiere. Annika schluckte.
    »Ist sie tot?«
    Der Arzt legte den Stift weg und rieb sich die Augen.
    »Wir werden eine neurologische Untersuchung durchführen, um herauszufinden, was passiert ist. Wir prüfen gerade eine Reihe anderer Werte, Zucker, Blutwerte, Blutdruck.«
    »Und?«, sagte Annika.
    »Im Moment scheint ihr Zustand stabil zu sein«, antwortete er und begegnete ihrem Blick. »Es geht ihr nicht schlechter, sie ist ein wenig wacher, wir konnten einen zu hohen Zuckerwert ausschließen. Aber ihre Reflexe sind schwach, eine Körperhälfte ist schlapp. Ihnen ist vielleicht aufgefallen, dass ein Mundwinkel herabhängt.«
    Das war eine Feststellung, keine Frage.
    »Und das Blut?«, fragte Annika. »Warum kam Blut aus ihrem Mund?«
    Der Arzt stand auf.
    »Sie hat sich bei ihrem Sturz gebissen. Was haben Sie da um Ihre Hand?«
    »Einen Spüllappen. Ich habe mir den Finger geklemmt. Wird sie wieder gesund?«
    Annika stand ebenfalls auf, und der Arzt klemmte den Stift am Rand der Brusttasche fest.
    »Wenn wir hier fertig sind, machen wir eine Computertomographie. Es wird eine Weile dauern, bis wir beurteilen können, wie umfassend der Schaden ist.«
    »Ein Bild vom Gehirn? Aber was fehlt ihr denn? Wird sie sterben?«
    Annikas Handflächen waren jetzt schweißnass.
    »Es ist noch zu früh, um…«
    »Stirbt sie?«
    Ihre Stimme war allzu gellend, trug nicht, der Arzt zog sich zurück.
    »Es ist etwas in der linken Seite ihres Großhirns passiert, etwas Schlimmes mit den Gefäßen. Entweder hat sie ein Blutgerinnsel im Gehirn, eine zerebrale Thrombose, oder eine Blutung, eine zerebrale Hämorrhagie. Es ist noch zu früh, um zu sagen, was von beiden.«
    »Worin besteht der Unterschied?«
    Der Mann legte die Hand auf die Türklinke.
    »Bei einer Blutung treten die Symptome plötzlich auf, und der Patient verliert in den meisten Fällen das Bewusstsein. Oft handelt es sich um

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