Paradies
es?«
Jetzt zögerte Rebecka Björkstig.
»Warum möchten Sie das wissen?«
»Um mir ein Bild von Ihrer Organisation zu machen«, erwiderte Annika.
»Wir besitzen eigentlich kaum Häuser, wir mieten sie je nach Bedarf«, sagte Rebecka Björkstig nach einigem Zaudern.
»Ihr Geld«, fuhr Annika fort. »Der Gewinn, den sie eventuell machen, was geschieht damit?«
Es folgte ein langes Schweigen, und Annika glaubte schon, die Frau habe aufgelegt.
»Das bisschen Gewinn, das wir gemacht haben, ist wieder in die Stiftung geflossen, es ist verwendet worden, um unsere Einrichtung aufzubauen. Mir missfällt die Unterstellung, die in Ihren Worten mitschwingt«, sagte Rebecka Björkstig.
»Eine letzte Frage«, sagte Annika, »die Liste über die Amtspersonen, mit denen ich mich unterhalten könnte, haben Sie die schon geschickt?«
»Das hier ist eine abhörsichere Leitung«, sagte die Frau leise in den Hörer. »Ich werde Ihnen deshalb sagen, wie es ist. Alle Überschüsse sind dazu benutzt worden, einen Fluchtweg für extrem schwere Fälle aufzubauen. Seit einiger Zeit haben wir so auch die Möglichkeit, Klienten zu helfen, die nicht mehr in Schweden leben können. Wir haben Kontakte, die es uns ermöglichen, Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst und Wohnungen in anderen Ländern zu organisieren. Auch dort kann Kontakt zu Ärzten und Psychologen aufgenommen werden, für eine Arbeitsstelle und den Sprachunterricht sorgen wir.«
Annika setzte die Füße auf den Boden und notierte die Worte der Frau. Das Ganze kam ihr etwas dubios vor.
»Aber wie funktioniert das?«
Die Frau am anderen Ende klang sehr zufrieden.
»Die Arbeitsabläufe sind bereits ausgearbeitet, und wir haben sie an zwei Fällen mit sehr viel Erfolg erprobt.«
Annika war verblüfft.
»Zwei Fälle, die ein neues Leben in einem anderen Land begonnen haben? Ohne eine neue Identität anzunehmen? Nur mit Hilfe der Stiftung?«
»Zwei Familien, das ist korrekt. Aber weder wir noch irgendeine andere Organisation können die Personennummer von Menschen ändern. Das kann nur die Regierung. Aber wie gesagt, das stand nie zur Debatte. Was die Liste angeht, so habe ich sie bereits zusammengestellt. Sagen Sie mir nur, wohin ich sie faxen soll, dann haben Sie sie in einer Viertelstunde.«
Annika gab ihr die Faxnummer der Kriminalredaktion des
Abendblatts.
»Ich rufe zurück und bestätige, dass ich sie erhalten habe«, sagte Annika.
»Gut, das ist nett. Bis dann.«
Sie legten auf. Die Stille stellte sich wieder ein, war jetzt aber weniger bedrohlich, die Wände waren etwas deutlicher geworden.
Sie hatte eine Aufgabe, eine Verantwortung, einen Auftrag. Sie wurde gebraucht.
Der Läufer erhöhte die Schrittfrequenz und ließ die Füße auf den Untergrund trommeln. Sein Puls beschleunigte sich, seine Atmung jedoch nicht. Sie wurde nur tiefer, fester, ausgezeichnet! Er war gut in Form und lief locker, obwohl das Terrain ziemlich schwierig war. Dichter, verwilderter Wald, große Verwerfungen in der Landschaft. Er warf einen Blick auf die Karte im Maßstab von 1:15 000, der Luftaufnahmen und umfangreiche Erkundungen am Boden zu Grunde lagen, an denen auch er sich oft beteiligt hatte, fünf Farben in einer Produktion des schwedischen Bunds für Orientierungslaufen. Er bewegte sich am äußersten Rand der Umgebung, in der er sich auskannte, aber es war ein gutes Gelände, um erschwerte Bedingungen zu trainieren.
Er übte sich darin, im Laufen die Richtung zu bestimmen, hielt den Kompass in der rechten und die Karte in der linken Hand und wurde nicht langsamer, obwohl er sich vorgenommen hatte, alle Symbolbeschreibungen zu identifizieren, Steinhaufen, Erhebungen, Wegbiegungen. Deshalb sah er die Baumwurzel nicht. Sie brachte ihn kopfüber zu Fall, und er schlug zwischen den kleinen Laubbäumen auf dem Kopf auf. Seine Stirn knallte auf die Erde, und sekundenlang sah er nur noch Sterne. Als er wieder klar denken konnte, spürte er den Schmerz im Fuß. So ein Mist! Nur der letzte Wettbewerb der Saison stand noch aus, und dann so etwas!
Das war so verdammt unnötig!
Er stöhnte, setzte sich auf und tastete das Gelenk ab. Vielleicht war es ja gar nicht so schlimm. Er versuchte den Fuß zu drehen, nein, nichts gebrochen, höchstens etwas verstaucht. Vorsichtig kam er auf die Beine und belastete den Fuß. Aua! Er musste es vorsichtig angehen lassen und versuchen, so einfach wie möglich zu seinem Auto zurückzukommen. Er studierte die Karte, um den besten Weg zu
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