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Paradies

Paradies

Titel: Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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verantwortlichen Herausgebers! Ist das denn so schwer zu kapieren?«
    Sjölander wurde rot, Ingvar Johansson blass.
    Anders Schyman sah ihre Reaktionen und wusste, dass sie ihm endlich zuhörten. Er unterdrückte mühsam seine Erregung und konzentrierte sich darauf, in normaler Lautstärke zu sprechen.
    »Ich gehe mal davon aus, dass mehr dahinter steckt, als in der Zeitung steht«, sagte er. »Also, was wissen wir wirklich?«
    Mit diesen Worten brachte er die Diskussion in Gang, die sie eigentlich exakt vierundzwanzig Stunden früher hätten führen müssen.
    »Die Polizei hat die Patronenhülsen und eine Kugel gefunden«, sagte Sjölander. »Die Munition ist verdammt ungewöhnlich, Kaliber 30.06 vom amerikanischen Typ Federal, Marke Trophy Bond. Die Patronenhülsen sind vernickelt, also glatt, sehen aus wie Steinpilze. Fast alle anderen Hülsen auf dem Markt sind aus Messing.«
    Schyman machte sich Notizen, und Sjölander entspannte sich ein wenig.
    »Die Kugel hat man zwischen den Silos im Asphalt gefunden«, fuhr er fort. »Man kann keine Rückschlüsse mehr darauf ziehen, wo der Mörder gestanden hat, weil die Kugel im Kopf des Mannes mit allem Möglichen kollidiert ist und mehrfach die Richtung gewechselt hat. Die Patronenhülsen wurden auf der Rückseite einer leer stehenden Lagerhalle gefunden.«
    »Die Waffe?«, erkundigte sich Schyman.
    Sjölander seufzte.
    »Möglich, dass die Bullen sie kennen, aber mir haben sie leider nichts davon gesagt«, antwortete er. »Dagegen haben sie eine ganze Reihe anderer Schlüsse gezogen. Der Mörder war zum Beispiel verdammt wählerisch in der Wahl seiner Ausrüstung. Das hier sind unglaublich tödliche Dinger, mit denen man sonst Großwild erlegt.«
    »Das ist doch vielleicht gar nicht so seltsam«, sagte Schyman.
    »Wenn man wirklich jemanden umbringen will, kann man es genauso gut gründlich erledigen.«
    Jetzt wurde Sjölander eifrig und beugte sich über den Schreibtisch.
    »Aber das ist ja gerade das Merkwürdige«, erwiderte er. »Warum hat er den Opfern in den Kopf geschossen? Überall in der Brust oder im Rücken wären die Schüsse innerhalb weniger Sekunden genauso tödlich gewesen. Irgendetwas an diesem Mörder ist verdammt seltsam. Ihn treibt etwas anderes als ein schneller und effektiver Tod: ein aufgeblasenes Ego, Hass, Rache. Warum sollte man es sonst auf einen Meisterschuss anlegen, wenn man überall töten kann?«
    »Warum steht das alles nicht in der Zeitung von heute?«, wollte Schyman wissen.
    Sjölander lehnte sich wieder zurück.
    »Es würde die Ermittlungen behindern«, erwiderte er.
    »Und Ratko als Doppelmörder ins Spiel zu bringen, welche Auswirkungen hat das auf die Ermittlungen?«, fragte der Redaktionsleiter.
    Es wurde wieder still.
    »Wir müssen über solche Sachen sprechen«, sagte Schyman. »Das ist auf Dauer verdammt wichtig für die Positionierung der Zeitung. Wer hat euch den Tipp zu Ratko gegeben?«
    Ingvar Johansson räusperte sich.
    »Wir haben einen Informanten bei der Kripo, der fand, wir sollten Ratkos Bild bringen. Die Bullen sind fest davon überzeugt, dass er in der Sache irgendwie drinhängt, und sie wollen ihm ein wenig Zunder unter dem Arsch machen.«
    »Und darauf haben Sie sich eingelassen?«, fragte Anders Schyman mit erstickter Stimme. »Sie haben die Glaubwürdigkeit unserer Zeitung aufs Spiel gesetzt, Sie haben sich die Veröffentlichungsverantwortung des Chefredakteurs angemaßt und sich zu allem Überfluss auch noch vor den Karren der Polizei spannen lassen.
    Raus hier, aber sofort.«
    Er wandte sich von den Männern auf den Besucherstühlen ab, rief die Nachrichtentelegramme auf seinem Bildschirm auf und ahnte aus den Augenwinkeln, wie sie sich schnell und lautlos wieder in die Redaktion davonmachten.
    Er atmete auf, war sich aber nicht sicher, wie die Diskussion eigentlich gelaufen war. Eines war jedenfalls klar: Er musste bald handeln.
    Sein Fauxpas auf der Ausschusssitzung hatte ihm die ganze Nacht wie ein Ziegelstein, der nicht weichen wollte, auf der Brust gelegen. Thomas strich die Vorderseite seines Jacketts glatt, zögerte noch einen Moment, ging dann aber los und klopfte an die Tür der Leiterin des Sozialamts. Sie war da.
    »Ich komme direkt zur Sache«, sagte er. »Es gibt keine Entschuldigung für mein gestriges Benehmen, aber ich möchte dennoch versuchen, es zu erklären.«
    »Setz dich«, sagte seine Chefin.
    Er ließ sich nieder und atmete ein paar Mal schnell durch.
    »Es geht mir nicht besonders

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