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Paradies

Paradies

Titel: Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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gut«, sagte er. »Ich bin nicht ausgeglichen. In letzter Zeit ist mir alles etwas schwer gefallen.«
    Die Amtsleiterin betrachtete den jungen Mann schweigend. Als er nicht weitersprach, fragte sie schließlich mit gedämpfter Stimme:
    »Hat es etwas mit Eleonor zu tun?«
    Die Amtsleiterin gehörte zu ihrem Bekanntenkreis. Sie war vielleicht zehn Mal bei ihnen zum Essen gewesen.
    »Nein, ganz und gar nicht«, antwortete Thomas schnell. »Es liegt an mir. Ich… stelle alles in Frage. War das schon alles? Kommt da nichts Besseres mehr?«
    Die Frau hinter dem Schreibtisch lächelte wehmütig.
    »Die Midlife-Crisis«, stellte sie fest. »Aber ist das nicht noch ein bisschen zu früh? Wie alt bist du?«
    »Dreiunddreißig.«
    Sie seufzte.
    »Dein ausfallendes Benehmen gestern lässt sich in der Tat durch nichts rechtfertigen, aber ich finde, wir sollten einen Schlussstrich unter die Angelegenheit ziehen. Ich hoffe nur, das passiert nicht noch mal.«
    Er schüttelte den Kopf, stand auf und ging. Vor seiner Tür blieb er stehen, dachte nach und ging dann zu der Kollegin, die über die Stiftung referiert hatte.
    »Ich bin beschäftigt«, sagte sie schnippisch, offenkundig noch wütend wegen des Vorfalls.
    Er versuchte entwaffnend zu lächeln.
    »Ja, ich verstehe«, sagte er. »Ich wollte mich auch nur für mein gestriges Benehmen entschuldigen. Es war falsch von mir, so aufbrausend zu reagieren.«
    Die Beamtin legte den Kopf schief und notierte sich etwas.
    »Entschuldigung angenommen«, sagte sie steif.
    Sein Lächeln wurde etwas breiter.
    »Danke. Dann gibt es nur noch ein paar Dinge, die ich in dieser Angelegenheit gern erfahren würde, zum Beispiel die Organisationsnummer der Stiftung.«
    »Die habe ich nicht.«
    Er sah sie so lange an, bis ihre Wangen allmählich rot wurden. Sie wusste anscheinend nicht das Geringste über diese Stiftung.
    »Ich kann sie ermitteln«, sagte sie.
    »Das wird das Beste sein«, erwiderte er.
    Sie schwiegen wieder.
    »Worum geht es bei der Sache eigentlich?«, fragte er schließlich.
    Sie blickte abweisend zu ihm auf.
    »Darüber darf ich nichts sagen, das wissen Sie.«
    Er seufzte.
    »Nun kommen Sie schon. Wir ziehen an einem Strang. Glauben Sie etwa, ich werde es überall herumposaunen?«
    Die Frau zögerte einen Moment und schob dann ihre Notizen zur Seite.
    »Es ist ein akuter Fall«, sagte sie. »Es geht um eine junge Frau, einen Flüchtling aus Bosnien, die von einem Mann verfolgt wird.
    Er hat gedroht, sie umzubringen. Wir haben die Sache gestern erst hereinbekommen, und es eilt. Es geht buchstäblich um Leben oder Tod!«
    Thomas sah sie unverwandt an.
    »Woher wissen wir, dass es die Wahrheit ist?«
    Die Beamtin schluckte, und ihre Augen schimmerten feucht.
    »Sie hätten sie sehen sollen, so jung und schön und… verstümmelt. Sie hatte Narben am ganzen Körper, mehrere Schusswunden, Narben von Messerstichen, eine große Wunde am Kopf, das halbe Gesicht war grün und blau. Zwei Zehen waren weggeschossen. Letzten Samstag hat der Mann wieder versucht, sie zu töten, und sie hat überlebt, indem sie ins Wasser sprang, was ihr zu allem Überfluss noch eine Lungenentzündung eingebracht hat. Die Polizei kann sie nicht schützen.«
    »Aber diese Stiftung kann das?«
    Die Frau war jetzt ganz Feuer und Flamme und wischte sich diskret die Tränen aus den Augenwinkeln, sie war schließlich auch nur ein Mensch.
    »Es ist wirklich eine fantastische Einrichtung. Man hat dort eine Methode ausgearbeitet, Personen so zu löschen, dass ihr Aufenthaltsort in öffentlichen Registern nicht genannt wird. Alle Kontakte zur Umwelt übernimmt
Paradies.
Man stellt rund um die Uhr Kontaktpersonen zur Verfügung, ärztliche Hilfe, Psychologen, Juristen, Wohnraum, hilft bei der Suche nach Schule, Arbeit und Kindergarten. Glauben Sie mir, diese Dienstleistung in Anspruch zu nehmen ist ein gutes Geschäft für die Gemeinde.«
    Thomas hatte immer noch Zweifel.
    »Und das
Paradies,
wo liegt das? In Järfälla?«
    Die Frau lehnte sich vor.
    »Das ist ja der Witz«, erklärte sie. »Niemand weiß, wo die Stiftung ihren Sitz hat. Alle, die dort arbeiten, sind ebenfalls gelöscht. Die Telefonleitungen werden über militärische Nummern in anderen Verwaltungsbezirken geschaltet. Der Schutz ist wirklich wasserdicht. Weder ich noch die Amtsleiterin sind jemals auf etwas Vergleichbares gestoßen, es ist eine unglaubliche Organisation.«
    Thomas sah zu Boden.
    »Das alles bedeutet aber doch auch, dass niemand die Sache

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