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Paradies

Paradies

Titel: Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Mickymaus darauf. Rebecka würde rasend werden vor Wut.
    Na ja, was machte das schon. Sie würden sich doch nie wieder sehen. Sie ging zu der Mülltonne neben der Tanksäule, um die Schlüssel wegzuschmeißen.
    »Mia, kommst du?«, rief ihr Mann. Die Kinder waren aufgewacht.
    Sie hielt inne. Warum sollte sie die Schlüssel eigentlich wegwerfen? Sie dachte ein paar Sekunden nach,
ich werde die Stiftung weiter unter die Lupe nehmen,
und drehte sich zu ihrem Mann um.
    »Haben wir irgendwo einen Briefumschlag?«
    Er wollte gerade die Autotür zuziehen und hielt mitten in der Bewegung inne.
    »Hier? Wozu?«
    »Die TÜV-Unterlagen, die liegen doch im Handschuhfach, oder?
    Gib mir den Umschlag und dann noch einen Kaugummi von den Kindern.«
    Der Mann seufzte und gab ihr, worum sie ihn gebeten hatte.
    Rasch legte sie den Schlüsselbund in den aufgerissenen Umschlag, steckte den Kaugummi in den Mund und kaute eine halbe Minute lang wie verrückt. Anschließend klebte sie den Brief mit dem Kaugummi zu und fischte einen Stift aus ihrer Manteltasche.
    »Gib mir noch bitte mein Portemonnaie«, sagte sie.
    Sie klebte vier Briefmarken in die rechte obere Ecke und schrieb daraufhin Name und Adresse, Hantverkargatan 32, Hinterhof, 3. Stock, und in die linke untere Ecke die Worte:
    Die Schlüssel zum
Paradies,
Gruß Mia.
    »Bist du so weit?«, wollte ihr Mann wissen.
    »Ich will das nur noch schnell in den Briefkasten werfen«, sagte sie und ging zu dem gelben Kasten hinüber.

SAMSTAG, 3. NOVEMBER
    Er hörte den Demonstrationszug, noch bevor er ihn sah, ein Rauschen aus Stimmen, die rhythmisch und taktfest etwas skandierten. Autos blieben stehen, Verwirrung machte sich breit, ein gewisses Chaos entstand. Er schärfte seine Sinne, gleich war es so weit. Er sah sich um, ließ den Blick über die Fassaden schweifen, Glas und Blech, Ziegel und Putz, und landete bei dem Muster aus Dreiecken direkt vor ihm. Sie würde kommen, früher oder später würde sie hier auftauchen. Es kam nur darauf an, als Erster da zu sein, überlegen zu sein. Es schauderte ihn in der Kälte, dieses Land war so verdammt kalt.
    Jetzt sah er den Demonstrationszug. Sechs Frauen führten ihn an, über ihren Köpfen ein Transparent und das Porträt eines inhaftierten Anführers. Hinter ihnen war ein Meer aus Menschen zu erkennen, vor allem Männer, aber auch Frauen und Kinder, Tausende von Menschen, die sic h versammelt hatten, um gegen etwas zu protestieren. Er trat auf der Stelle und fror in seiner dünnen Jacke. Ein paar Jugendliche zündeten eine türkische Flagge an, die schnell verbrannte, woraufhin die Teenager das Interesse an der Aktion zu verlieren schienen.
    Die Menschen strömten auf den großen Platz, Sergels Torg, füllten das dreieckig gewürfelte Muster aus Platten. Jetzt hörte er, was sie riefen. Türkei Terrorist, Türkei Terrorist. Flaggen, Transparente und Porträts schaukelten im Wind. Eine Art improvisiertes Rednerpult wurde aufgestellt und eine Lautsprecheranlage hervorgezaubert. Ein schwedischer Mann, vermutlich ein Politiker, begann zu sprechen.
    »Die PKK hat den militärischen Kampf geführt«, rief er. »Das hat zu Verletzungen der demokratischen Spielregeln und auch zu Terrorakten geführt, die durch nichts zu entschuldigen sind. Aber dazu ist es in einer Kriegssituation gekommen, während eines türkischen Angriffskriegs…«
    Jetzt kam es darauf an.
    Er begann sich schnell und diskret durch die Menschenmenge zu bewegen, steckte seine Hand in die Jacke und streichelte die Waffe, eine Beretta 92, neun Millimeter, fünfzehn Patronen im Magazin und eine im Lauf, Schalldämpfer.
    Er hielt sich leicht zusammengekauert an der Wand, unter der Betondecke, die den Platz teilweise überdachte.
    »Eh, Kumpel, haste Speed?«
    Er winkte den Junkie vor sich beiseite, erwog einen Moment lang, das Fernglas herauszuholen, entschied sich dann aber dagegen. So hatte er einen besseren Überblick.
    Dann sah er sie plötzlich in zwanzig Meter Entfernung. Sie wandte ihm den Rücken zu. Sie wurde von den Demonstranten sachte nach vorn gedrückt, weg von ihm. Perfekt.
    Er ging schneller, schob sich zwischen Kinderwagen und Transparenten durch, sah sie zögern und sich umsehen. Das Adrenalin sang in seinen Adern ein Lied, an das er sich erinnern konnte.
    Als er nur noch einen Meter hinter ihr war, zog er die Waffe, machte den letzten Schritt, drehte ihr den Arm auf den Rücken und setzte den Lauf in ihrem Nacken unter ihre Haare.
    »Das war’s dann«,

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