Parallelgeschichten
eingeschlafen sind. Es klang eher wie eine Frage, nicht wie eine Feststellung. Er wusste eben nicht, ob es in diesem warmen Dunkel jemanden gab, den er fragen konnte. Er war nicht sicher, ob er nicht träumte. Oder ob er träumte, er träume, und da hat es ja keinen Sinn, Fragen zu stellen. Ich kann nicht, ich weiß nicht, was ich träume, fügte er um einiges lauter hinzu.
Seine eigene Stimme machte ihn etwas wacher.
Aber er war nicht einmal sicher, dass es die eigene war. Der quälende Zweifel wollte nicht weichen. Es gab nichts, womit er sich über irgendetwas Gewissheit verschaffen konnte.
Ich glaube, ich hab’s jetzt wirklich, hör mir zu, ich glaube, wir sind mitten in einem Wirbel.
Na, man höre.
Doch, ein Wirbel, der zieht hinunter, fuhr Gyöngyvér laut fort, fast rufend, was den anderen höchst unangenehm berührte. Das ist ein Wirbel, ich weiß es jetzt, es kann nichts anderes sein. Oder ich träume ihn immer wieder, weißt du, verstehst du, ich träume immer wieder, dass mich Wasser unter sich begräbt.
Und während sie davon sprach, wurde sie nicht nur von der tausendfältig schimmernden Seide des riesigen Wassers bedeckt, sondern auch sein ungeheures Gewicht senkte sich auf sie, und doch konnte sie reden.
Aber Dankbarkeit hebt sie aus den Wassertiefen hoch, das Gefühl lässt sie schweben, das Gefühl, dass sie den anderen in sich mitnehmen wird. Zum Glück sprach sie es nicht aus. Es hätte auch bedeuten können, dass sie den anderen in sich ertränken wollte.
Ein Wirbel, sagst du, komisch, fuhr der Mann fort und schien sich mit seiner Tonlage in sie zu versetzen. Und du sagst, er begräbt dich. Gleichzeitig hallten in ihm die eigenen Fragen wider, er verstand sie und wehrte sich gegen sie. Nein, das gibt es nicht, sagte er laut. Oder vielleicht bin ich verrückt geworden, aber das sprach er nicht mehr aus.
Ein Wirbel, ja, ein Wirbel, glaub mir, ich weiß es, beharrte die Frau. Ich kann es erzählen, weil ich es dir erzähle, verstehst du, jemand anderem könnte ich es nicht erzählen. Wenn ich es dir erzähle, fließt mir kein Wasser in den Mund, wenn ich rede.
Sie hörte in ihren eigenen Worten die Dankbarkeit, die sie dem anderen gegenüber empfand, und obwohl sie im Dunkeln die Umrisse seines Gesichts sah, erinnerte sie sich nicht mehr genau, wer das war, dieser Nahe, Vertraute. Davon wuchs nicht nur ihre Dankbarkeit, sondern das Glücksgefühl packte sie bei den Haaren, dass ihr der Atem stockte. Aber auch ihre ganze Unsicherheit.
Immerhin wusste sie noch, dass man sie jetzt aus dem Wasser reißen würde. Es wurde dunkel um sie, luftleer. Jetzt brannte ihr schon die Sonne ins Gesicht.
Interessant, das ist wirklich sehr seltsam und interessant, antwortete der andere zur selben Zeit aus dem Dunkel, dieser ganz Heisere, Vertraute. Endlich erinnerte er sich. Jetzt weiß ich es auch, fuhr er noch lauter fort, um sich mit seiner Stimme selbst zu überzeugen. Er träumt nicht, nein. Und ist auch nicht verrückt geworden. Sie erzählen sich ihre Träume. Ich werde dir meinen Traum auch erzählen, was ich in diesem Moment träume.
Nein, nicht, protestierte die Frau. Wenn du es erzählst, erwache ich, und dann kann ich es nicht mehr erzählen. Dann ertrinke ich, brüllte sie verzweifelt.
Davon wachten jetzt beide wirklich auf, oder eher wurde auch das Teil ihres langen, glatten, gemächlich fließenden, sich entfaltenden Erwachens. Sie sahen sich, hörten das Lachen des anderen, sahen aus großer Nähe die Benommenheit auf dem Gesicht des anderen, und das beruhigte sie mit einem Mal.
Du, wir sind ja völlig wahnsinnig, sagte die Frau lachend. Wir meinen, wir träumen, dabei können wir einfach nicht aufwachen, oder irgendwie so.
Auch mir ist nicht klar, wann wir so tief eingeschlafen sind, sagte der Mann, und seine Züge verdüsterten sich. Dann lachte er erneut auf. Ich erinnere mich an nichts.
Er hatte Angst, er könnte in seinem Traum etwas sagen, was ihn verraten würde. Wieder kam ihm das offene Gartentor in den Sinn, über das der starke Scheinwerferkegel seines Wagens strich. Ich verstehe nicht wann, wiederholte er laut. Und was hat so stark gebrummt, oder jemand hat laut gebrüllt.
Ein Lachen kam ihr hoch. Wie sollte man denn brüllen, wenn nicht laut. Vielleicht hast du es geträumt, als ich etwas rief. Ach, bist du lieb, wie sehr liebe ich dich. Aber das ließ ihr Lachen sogleich stocken, denn jetzt hatte sie es zum ersten Mal ausgesprochen.
Nein, nein, sagte der Mann, als
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