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Parallelgeschichten

Parallelgeschichten

Titel: Parallelgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Péter Nádas
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pissen muss, es nicht mehr länger zurückhalten kann, und die durstige Fotze der Frau, dieser glitschige, blass blutrote, locker und endlos gewordene Raum, der ihm aber vielleicht wirklich zu eng ist, lässt ihn nicht. Er kann ja nicht einfach in sie hineinpissen. Er wusste, was er zu tun hatte. Ein so perfektes Wesen darf doch nicht verlorengehen. Er musste es herausholen, die Frau aus ihrem Traum wecken. Sie vor dem Verderben retten. Er fühlte sich wie ein Zauberer, befähigt, den anderen von seiner Last zu befreien. Gleichzeitig wich aber auch die Angst nicht. Die andauernde Erektion würde sich nicht zurückbilden, das Blut ist geronnen, er würde einen Arzt brauchen. Er begehrt sie wirklich nicht mehr. Eher war er von der Vorstellung dieses gestauten, dicken Bluts besessen. Was kann er nach einem so mächtigen Orgasmus noch wollen, außer pissen, trinken, pissen. Er würde diese Frau zerlegen, formen, kneten, bis nichts Fremdes, nichts Falsches mehr an ihr bleibt.
    Als du vorhin vom Wirbel sprachst, verstehst du, sagte er zu laut, wie über seinen inneren Dialog hinweg, da träumte ich gerade, dass Wasser aufkocht und große Blasen wirft. Aber stell dir vor, ich wusste, dass es kein Traum war, sondern eine Erinnerung, etwas, das mir passiert ist. Vielleicht habe ich gestern davon erzählt, oder sonst irgendwann, vom Auseinanderbrechen, und das kehrt jetzt wieder.
    Auch für mich ist es eine Erinnerung.
    Aber wie denn, das erzähle doch ich, was wäre das für eine Erinnerung für dich, ich verstehe nicht, er tat verständnislos, als hätte Gyöngyvér seine Berechnungen durchkreuzt. Wobei er dachte, nein, das darf man nicht, doch besser nichts auspacken. Diese idiotischen Erziehungsabsichten vergessen, wenn er die Frau so nah an sich heranlässt, ist er verloren. Das ginge ja nur, wenn er seine Geheimnisse aufdeckte. Und dann bin ich verloren. Auch nachträglich durfte er niemandem etwas verraten. Streng verboten. Nicht einmal, wenn er sie heiratete.
    Gerade das wollte ich dir erzählen, dass ich mich an diese Wassergeschichte nicht wirklich erinnere, erwiderte die Frau ein bisschen beleidigt und ahnungslos, obwohl ich mich an etwas erinnern sollte. Ein wenig erinnere ich mich schon, aber das Wesentliche ist weg.
    Woher weißt du das, wenn es doch weg ist, fragte der Mann gereizt, obwohl er wusste, dass sie sich in eine sinnlose Diskussion verwickelten. Wie sollte er erörtern, woran sich die andere erinnerte oder nicht erinnerte.
    Ich verstehe nicht, warum du so gereizt bist.
    Bin ich gar nicht.
    Du solltest dich hören.
    Aber gerade deswegen erzähle ich es, fuhr er wider besseres Wissen fort, weil du dich nicht erinnerst, ich hingegen schon. Kann ja sein, dass ich gereizt bin, aber warum bist du nicht ein bisschen geduldiger.
    Bin ich doch.
    Überhaupt habe ich dir vom Erdrutsch schon erzählt, gestern.
    Daran erinnere ich mich, dass ich mich an etwas erinnern sollte, fuhr Gyöngyvér unbeirrt mit ihrem Sprüchlein fort. Es ist etwas Schreckliches geschehen. Und mir ist wohl dabei. Aber ich kann es nicht erreichen, nicht fassen. Wenn ich das Gefühl habe, jetzt habe ich es erreicht, dann gerade nicht. Kannst du das denn nicht verstehen, rief sie verunsichert, verzweifelt, als hätte sie gemerkt, dass er nie verstehen würde, wie immer sie es anstellte.
    Doch in dem Augenblick, als sie beide Hände gegen die Brust des Mannes stemmen wollte, um ihn wegzustoßen, da er ja so verständnislos war und dauernd nur mit seinen blöden Erinnerungen kam, dann geh doch weg, hau ab, wurde sie von seinen Händen an den Schultern gepackt und, wohl aus einer ähnlichen Aufwallung heraus, wütend geschüttelt.
    Genau davon quassle ich doch, rief er heftig irritiert, dass ich hingegen mich erinnere. Aber du hörst nicht zu. Genügt dir denn nicht, dass ich mich erinnere. Begreifst du mit deinem beschränkten Verstand nicht, dass ich mich an deinen Traum erinnere, oder ich weiß gar nicht mehr, was ich sagen wollte, ich bin höllisch wütend.
    Lass mich los, rief die Frau aufgewühlt.
    Denkste, ich zerquetsche dich.
    Ich garantiere für nichts, wenn du mich nicht loslässt.
    Dann verstehst du wirklich nicht, warum ich das erzähle und warum ich dich nicht loslassen kann. Du bist die, die nicht versteht.
    Ágost tobte wie ein Kind, das von seiner Mutter nicht verstanden wird, es schien, als könnte ihn wirklich nur ein Mord beruhigen. Wenn er sich aufregte, wurde sein Akzent noch stärker als gewöhnlich. Er sprach die

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