Parallelgeschichten
einer benommenen Absicht eingeschlafen.
Der Mann begann zu spüren, dass er nicht einfach an ihren heißen Schoß gedrückt war, sondern immer noch in ihr drin, in argloser Gleichgültigkeit hatte er sich in ihr vergessen, zufällig. Wie demütigend. Er erschauerte vor solcher Unbewusstheit, sein ganzer Körper zuckte. Diese Bewegung durchlief ihren Körper in Wellen, aber nicht deswegen, sondern wegen des Geruchs wurde sie mit einem Mal gewahr, dass er immer noch in sie hineinragte. Als hätte sie im Schlaf den herben Duft seines Körpers vergessen, der jetzt durchmischt war mit dem Geruch von abgekühltem Schweiß, Speichel, der vaginalen Ausscheidung und Sperma. Jetzt war der Geruch wieder da. Und machte ihr bewusst, dass er sie immer noch ausfüllte. Er hatte sie nicht losgelassen. Sie ließ ihn nicht los. Und sie schwor sich rasch, sehr rasch, weil sie Angst hatte, sie könnte die Besinnung verlieren, dass sie bei der ersten Gelegenheit die Quellen des Dufts suchen, ihn von Kopf bis Fuß abschnüffeln, alle seine Poren und Höhlungen kosten würde.
Demnach sind wir auf diese Art eingeschlafen, das ist ja toll, flüsterte sie mit voller Stimme, entzückt. Das hatte es noch nie gegeben. Sogleich erschrak sie, vielleicht richtete sie mit ihrer Begeisterung etwas an, verlor ihn.
Es wäre interessant, warte, beeil dich doch nicht so, sagte er, obwohl er sich lieber zurückgezogen hätte, um aufzustehen und endlich hinauszugehen. Doch dafür hätte er mit seinem Schwanz einen langen, komplizierten Weg zurücklegen müssen. Das will ich dir doch noch rasch erklären.
Er verstummte und tat das Gegenteil dessen, was seine Absicht gewesen war, er drang ein kleines bisschen, einen winzigen Ruck tiefer ein.
Das gehörte mit zur Erklärung. Jedenfalls fühlte es sich für beide so an.
Aber dann kam die Erklärung doch nicht. Das starke Schwanzgefühl brachte ihn ganz durcheinander. Nicht so sehr die anhaltende Lust, die ihm eben bewusst geworden war, sondern die Erektion, für die er keinen Grund, keinen Anlass sah. Die ihm aber ihre in der Tiefe der Zeiten zurückgelassene ungewöhnlich starke Befriedigung in Erinnerung brachte und dass jemand das vielleicht mitgehört hatte. Die anhaltende Erektion hatte er als Harndrang ausgelegt, das war die bequemere Erklärung, für die er sich ein wenig schämte. Was machte er sich da vor. Wieso verteidigte er sich und griff an, wieso überließ er sich nicht einfach dem Gefühl, dass das jetzt so war und nicht anders und nicht zu beruhigen. Und auch sie täuschte er, wenn auch nicht absichtlich. Er hatte ein Organ, das sich in diesem Augenblick selbständig gemacht hatte oder nicht zweckmäßig funktionierte. Täuschungsmanöver schienen zwischen ihnen die Hauptrolle zu spielen. Überraschendes kann nicht mehr geschehen, alles kann sich nur noch wiederholen. Er ist mit der Frau in einem winzigen Punkt verbunden, obwohl er das nicht gewollt hat. Er spürt das nicht an seinem Schwanz, überhaupt nicht, sondern an der Stelle, wo er seinen Schwanz spüren müsste, spürte er durch einen einzigen Punkt hindurch den anderen als Ganzes. Der Punkt ist nicht größer als ein Stecknadelkopf, und da hindurch strömt alles. Er nimmt alles auf, was er bisher vom anderen nicht sehen, nicht spüren konnte, oder nur undeutlich. Von jetzt an aber wird er alles wissen, was im anderen vorging oder vorgeht, sogar Dinge, von denen die Frau nichts weiß oder noch nichts erzählen will.
Er sah sie mit ihren Falschheiten, ihrem Lavieren, ihren Übertreibungen, Lügen, Sünden, Intrigen, Infantilismen, Schamlosigkeiten und ihrer peinlichen Verklemmtheit.
Sie stand in ihre dunkle samtige Haut gehüllt vor ihm, unberührt von allen diesen unvorteilhaften und störenden Eigenschaften.
Sein Hirn geriet ins Glühen, es war zu befürchten, dass der Stecknadelpunkt durchbrannte. Es tat weh. Obwohl er ihr doch hätte erklären wollen, dass sie einander in ihre Träume hinüberträumten. Dass die Träume irgendwie hinüberbrachen, hinüberflossen, hinübersickerten, denn als Gyöngyvér vorhin von dem blöden Wirbel gesprochen hatte, hatte er geträumt, dass Wasser Blasen warf, aufkochte.
Welche Art von Wasser wusste er nicht. Es war gar kein Wasser. Es war Gyöngyvérs leidenschaftliche Stimme, die in seinen Ohren brodelte. Und das Auseinanderbrechen, der Augenblick, als sich der Abgrund auftat und er nirgendhin greifen konnte, sich an nichts festhalten. Oder er träumt, was die Frau träumt, weil er
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