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Parallelgeschichten

Parallelgeschichten

Titel: Parallelgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Péter Nádas
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hätte, wäre er in einer Stallecke gelandet, ausgestoßen. Zu den Tieren hatte er eine besondere Beziehung. Seit dem Tod des alten Demén schien er an einem leblosen Gegenstand, dem Haus, das freundliche Darlehen der Zuwendung abarbeiten zu wollen.
    Trotzdem war in den vergangenen Monaten seine Leidenschaft auf einmal gebrochen, oder etwas in ihm war verbraucht und zerrissen. Anzeichen von Krankheit gab es zwar nicht, aber er hatte plötzlich eingesehen, dass der Prozess des Verfalls viel zu rasch voranschritt, als dass er ihn mit seinen schwindenden Kräften hätte aufhalten können. Und mit einem Mal waren ihm auch seine vergötterten Töchter über den Kopf gewachsen, sie tranken, fluchten, kamen nachts nicht nach Hause. Der völlige Zusammenbruch drohte.
    Seit auch die Müllabfuhr nicht jeden Morgen kam, sondern insgesamt nur zweimal in der Woche, manchmal blieb sie aus unerfindlichen Gründen ganz weg, war er auch davon überfordert. Langsam war er von allem überfordert. Ordentliche Müllbehälter erhielt er nicht zugewiesen, irgendwo musste er aber mit dem Müll des Hauses hin, wenn die doch manchmal eine ganze Woche nicht kamen, dass sie die Pest hole. Auch er fluchte. Er beschaffte sich verrostete Farbeimer, lötete Griffe an und schleppte sie auf den Gehsteig hinaus. Und mittags wieder zurück, wenn sie nicht geleert wurden. Die Deckel bastelte er aus Fassboden.
    Er tat, was es zu tun gab, ja, aber er dachte dabei, der Teufel hol’s, wenn der Leuchter herunterkracht, soll er halt, soll er das ganze Gewölbe, das ganze Haus mitreißen. Soll doch alles zusammenkrachen, einmal verrottet ja doch alles. Früher hätte er niemals gewagt, so etwas zu denken, jetzt aber tat es ihm gut, es befreite ihn. Er hatte zwar noch auf alles ein Auge, aber er konnte immer weniger ausrichten, was ihn immer wütender machte. Auch den Fäulnisgeruch konnte er der von Samu Demén so sorgfältig geplanten Toreinfahrt nicht ersparen.
    Damals war noch das Kabriolett das herrschaftliche Verkehrsmittel gewesen, und Demén hatte eine Einfahrt für die um etliches größeren Gepäckkutschen geplant. Aber auch später, als die Leute nicht mehr mit dem Pferdegespann kamen, sondern mit dem Automobil, mit der Straßenbahn, per Taxi oder zu Fuß, bemerkten sie die intelligenten, edlen Proportionen der mit knallgelbem Klinker gedeckten, leicht gewölbten Einfahrt. Unverkennbar hatte hier jemand den reibungslosen und bequemen Ablauf aller Bewegungen freundlicherweise mit einkalkuliert. Sogar auch einkalkuliert, dass Pferde Wasser lassen, dass das gelb ist und dass es irgendwohin abfließen muss. Die für den Abfluss von Wasser und Urin vorgesehenen Rinnen, die sich unter beidseits entlanglaufenden Steinsimsen verbargen, wurden jetzt von den Ratten genutzt, für die der Platz gerade reichte. In jahrelanger Arbeit hatten sie sich durch die feinen Messinggitter genagt, um unauffällig zu den Mülleimern zu gelangen. Die nunmehr sinnlos gewordenen Simse hatten dazumal den Zweck gehabt, den Ankommenden das Heruntersteigen von den Trittbrettern der Kutschen und auch den nächsten Schritt zu erleichtern. Als man so plante, dass die Kutschentüren beidseits gleichzeitig aufgesperrt werden konnten, ohne dass sich Kutscher und Fahrgäste an die Wand drücken mussten, da plante man noch deren Würde mit ein. Schon lange war hier kein Gespann oder Automobil mehr vorgefahren, aber immer noch wurden die Proportionen des Orts den Erfordernissen eines würdigen Benehmens gerecht.
    Wenn das Gebäude die Ankommenden mit einer gewissen Feierlichkeit empfing, so auch das Treppenhaus, das durch eine Schwingtür gewaltigen Ausmaßes von der Einfahrt abgetrennt war. Der Ankommende sah das überraschend gut eingeteilte, auf jedem Stockwerk natürliches Licht erhaltende Treppenhaus zunächst durch die riesigen, geschliffenen Scheiben dieser Tür. Auch die Scheiben hatten den Krieg überstanden, dann aber war im Rahmen eines nächtlichen Skandals eine der vier zerbrochen. Beschaffen ließ sich eine so große Glastafel nicht, die Bewohner beschwerten sich über den Durchzug, also behalf sich der Hauswart mit einer Furnierplatte. Und noch so herrschte Raumschönheit. Hier durfte der Ankommende ruhig eintreten, er brauchte nicht zu befürchten, gleich gegen die Lifttür zu prallen. Manchmal kam ja eine ganze Gesellschaft, andere gingen gerade, mit so etwas musste in einem herrschaftlichen Haus gerechnet werden.
    Auch Pferde sind nicht immer geduldig, sie sollten sich im

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