Parallelgeschichten
verzeihen.
Wenn ich dich totschlage, vermisst dich keiner, vergiss das nicht.
Sie fiel nicht mit den Fingernägeln über die anderen her, war in der Hitze des Hühnerstalls, beim dauernden Herumgeflatter der Hühner, durstig und an den Flohstichen blutig gekratzt vielmehr bemüht, sie zu verstehen, sie für sich zu gewinnen oder liebzugewinnen oder zu erpressen, damit sie sie aufnahmen und auch sie nützlich statt unnütz werden konnte. Auch dem Médilein zahlt sie ja aus diesem Grund so viel Geld. Siebenundfünfzig Forint für eine einzige Stunde, die dazu noch bloß fünfzig Minuten dauert.
Das sollen sie ihr nicht antun.
Sie erbrach sich vor Angst, kotzte sich das Kleidchen voll, wenn man sie in die Kirche mitnehmen wollte, wie sollen wir dich denn mitnehmen, wenn du dir aufs Kleidchen kotzt.
Im Stall musste man auch lernen, dem Hahn aus dem Weg zu gehen.
Vor Angst bekam sie Durchfall, sie wurde am Baum draußen festgebunden, denn sie hatte in der Sommerküche alles verdreckt.
Oder mit einem Messer in sie hineinstechen, mit dem Messer ihrer Ziehmutter, das mit der langen Klinge, das sie immer hinter dem Salzbehälter hervorzog, wenn sie den Gänsen die Gurgel durchschnitt und sie eingeklemmt zwischen ihren Beinen zappeln ließ, bis ihr ganzes Blut herausgeflossen war.
Sie entflammte sich für alle, die sie nicht mit den Händen erwürgen konnte.
War höllisch neidisch auf ihre vielen anderen Leben, von denen sie kein einziges weitergaben.
Nicht zurückblicken.
Zuerst beschleunigte er einfach den Schritt, versuchte nicht so stark zu hinken, doch da folgte ihm das Klappern der Hundekrallen noch schneller.
Er wollte nicht zum Beschützer eines hungernden Viehs werden, er selbst war ja nicht weniger schutzlos.
Sich bloß nicht umdrehen.
Wie ein Blitzschlag durchleuchtete da eine elektrische Entladung ihr Hirn.
Als öffnete sich ihr Gehör ihrer Stimme, dieser von dem heimlichen stummen Weinen armen kleinen Stimme, die jetzt, gelöst und losgelassen, vom unendlichen Glück widerhallte, einen so schönen Mann zu besitzen, dieses eine Mal würde sie jemanden an sich ketten können. Jemanden, der nicht zu ihr passte. Obwohl sie mit solchen Männern schon zu tun gehabt hatte, es war wirklich nicht das erste Mal. Das sind Juden. Selbst wenn sie es nicht zugeben wollen. Es hatte auch mit ihrer völligen Erschöpfung zu tun, und mit der elementaren Angst, dass sie seinetwegen so erschöpft sein musste. Meinetwegen kann er auch ein Halbjude sein, ist mir völlig egal. In drei Tagen schafft einen jeder, so viel ist sicher. Soll ich mich sogar vor dem fürchten, was mir guttut. Seinetwegen wird sie nicht zur Arbeit gehen können, ja, seinetwegen, und dazu die dauernde Nervosität, dass für Médilein Geld zu beschaffen ist. Jetzt darf ich mich schämen, dass er das mit mir gemacht hat, dass jeder mit mir machen kann, was er will, ich habe gleichzeitig Knie- und Seelenschlottern. Mir platzt fast der Kopf, so eine Unglückliche bin ich, der liebe Gott hat mich am falschen Ort abgesetzt, die Vorsehung hat mich in eine falsche sterbliche Hülle gesteckt, und kein Mensch auf der Welt, der mir hilft.
Alle geilen mich nur auf, nicht einmal vor den Frauen bin ich sicher.
Obwohl sie eine solche tiefe sexuelle Befriedigung noch nie erlebt hatte, mit keinem einzigen Mann.
Gleichzeitig mehrere, in tiefen Schichten und auf Hochebenen.
Ach hol’s doch der Teufel, ist es dann nicht egal.
Es war neu und erschütternd, es genügte, daran zu denken, und schon empfanden ihre Hirnzellen die Lust von neuem, aber genauso übermäßig freute sie sich über das alte Wort aus der Kindheit in Tiszavésztő, dass der Mensch eine sterbliche Hülle hat und unkeusch ist. Sie hatte die Wörter sterbliche Hülle und unkeusch wohl in irgendeiner Bibelstunde aufgelesen, oder aus einem der bekannten Psalmen, aber aus welchem.
Dann ist es wahrscheinlich Bach. Sie konnte sich beim besten Willen nicht an den verfluchten Psalm erinnern. Um sich in der endlosen städtischen Nacht still damit zu trösten.
Was ihr zum ersten Mal im Leben zur Einsicht verhalf, dass zwischen der körperlichen und der seelischen Befriedigung ein Abgrund klafft.
Also hatte sie sich bisher umsonst so oft ficken lassen.
Damit es ein bisschen besser wäre.
Ich kann mich noch lange ficken lassen, diese Unglücksmenschen mit ihren blöden Schwänzen erreichen einen ja doch nicht. Und wenn sie einen Schwanz dafür haben, fehlt ihnen das Taktgefühl. Für Gyöngyvér gab
Weitere Kostenlose Bücher