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Parallelgeschichten

Parallelgeschichten

Titel: Parallelgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Péter Nádas
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diese nackten Körper sehen zu müssen. Um seine nicht zu zügelnde Neugier abzulenken, weil die ihn sonst in weiß Gott wie viele Richtungen gezogen hätte.
    Hinter ihrer auf die Nase gerutschten Brille beobachtete ihn die Frau beharrlich, musterte ihn überall, als betaste sie seinen Schädel, seine Schultern, als griffe sie ihm in den Schritt, an seine Füße, während sie die ganze Zeit zu ihm hinauflächelte. Was nicht ganz verständlich war, denn neben ihr lag die Person, zu der sie gehörte. Darüber bestand kein Zweifel. Gerade das war ja interessant, dass er von ihnen alles wusste, kaum hatte er sie erblickt. Er war nicht weiter als zehn Meter von ihnen entfernt. Diese große Frau, auf einem heftig rosaroten Badetuch, das Kinn auf die Fäuste gestützt, lag auf dem Bauch, vor ihr ein offenes Buch, die großen Brüste unter dem schweren Oberkörper seitlich herausquellend, der vom dichten Rasen schimmernde Abhang so abschüssig, dass sie ihre samtig goldbraunen Glieder irgendwie abstützen musste, deswegen hatte sie einen Schenkel etwas angezogen, so dass ihr mächtiger Hintern offen in die Höhe ragte. Döhring hatte noch nie so viel Schamlosigkeit gesehen.
    Während eines Urlaubs am Meer, vor langer Zeit, war er einmal in solche Nähe geraten, als er ahnungslos an den Rand einer Böschung lief, und unten vor ihm brieten dicht nebeneinander nackte Leute wie Würste auf dem Rost; sein Vater hatte ihn weggezerrt, gerufen, dass das gefährlich sei, das dürfe man nie, nie, er solle es versprechen, das sei eine Sandböschung, die könne jederzeit einsacken, aber er hatte gespürt, dass die Gefahr etwas ganz anderes war, er erinnerte sich daran als an etwas Verheimlichtes, Aufregendes, dem er später nachgehen wollte.
    Jetzt nahm er die Verletzungen an seinen Beinen näher in Augenschein.
    Interessant, an den Schürfungen über den Schienbeinen traten die Blutstropfen und die Wassertropfen separat auf. Er betrachtete lange diese Tropfen, strich vorsichtig mit dem Finger darüber, als müsste er die beiden Flüssigkeiten vermischen. Dabei behielt er Verschiedenes im Auge, und so spielte er die Szene instinktiv nach mehreren Seiten. Aus dem Augenwinkel sah er, dass ein älterer Mann, der mit gespreizten Beinen auf der Böschung stand und dem er keinen einzigen Blick gönnen durfte, ihn gierig und fordernd fixierte, seinen Bewegungen folgte und seine Aufmerksamkeit mit etwas kaum verhüllt Unanständigem auf sich zu lenken versuchte. Er blickte nicht hin, so viel durfte er nicht riskieren, gerade das gehörte zum Spiel und zur Verstellung, dass er nicht hinsah, auf keinen Fall, obwohl dieser ältere Mann wirklich alles dafür tat. Es war unglaublich, was der alles mit sich anstellte, gedeckt von Döhrings Spiel. Aber vergebens, unmittelbar neben dem rosaroten Badetuch lag verkehrt herum auf einem ebenso großen türkisblauen Badetuch das kaffeebraune Mädchen, das zu der Sonnenbrillenfrau gehörte, und zu dem er nun wirklich bloß ganz verstohlen hinzuschielen wagte.
    Er musste sich selbst schützen. Sein Atem ging schneller, und keiner seiner Blicke konnte so verstohlen sein, dass diese wuchtige, knochige, hässliche Athletin, deren wildes rotes Haar in einem Knoten zusammengehalten wurde, wobei es doch fettig in alle Richtungen ragte, nicht sehr wohl wusste, sehr wohl verstand und ihn eifersüchtig verfolgte, um ihn in allen natürlichen oder möglichen Regungen zu behindern. Und doch musste er es riskieren. Wahrscheinlich war das Mädchen aus Äthiopien, fast noch ein Kind, mit Gliedern so zart und schmal wie fein gedrechselte Stäbchen. Im Übrigen lag alles um sie herum in einem Durcheinander, ihre Kleider, ihre Schuhe, eine aufgerissene Schachtel, aus der Kekse ins Gras gekollert waren, eine große Tüte, aus der Obst aufs Badetuch gefallen und weitergerollt war, ein paar Pfirsiche, eine matschige Birne, verstreute Traubenbeeren. Ihre Stellung war nicht weniger verblüffend, so auch ihre ausnehmende Schönheit oder die offensichtliche Beziehung zwischen den beiden; sie schlummerte süß auf dem flauschigen Tuch, in diesem blutroten spätsommerlichen Sonnenuntergang, auf dem schon dunkel werdenden Gras. Auch Leistikow hatte das Grün mit viel Schwarz und ein wenig Stahlblau gemischt, auf den sonnigen Flecken hingegen mit viel Gelb, Ocker und ein wenig Ziegelrot, gerade genug, um ahnen zu lassen, dass es noch ein paar Stunden ging, und dann kam mit der Nacht auch der Herbst.
    Auf dem lichten Nadelkleid der

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