Parallelgeschichten
Kiefern loderte der Sonnenschein, ihre hohen Stämme steckten in schwarzer Dämmerung. Der Wald atmete Kühle aus und verströmte Wärme, im Tal klebte der starke Harzduft. Zusammengekrümmt, so schlief das Mädchen, wie ein Frau gewordener Embryo. Mit Lippen wie ein erschlaffter violetter Falter. Ihr Haar ein dichter schwarzer Wald von Kringeln und Schnecken. Die weißen Halbmonde ihrer Nägel leuchteten fast. Sie hatte die Schläfe auf die Hände gelegt und ihre aufeinandergepressten knochigen Knie bis zur Brust hochgezogen, mit ihren dünnen Ärmchen drückte sie ihre harten, widerspenstigen kleinen Brüste auf eine Art zusammen, dass die eine Brustwarze riesig vorgeschnellt war; in der bläulich braunen Haut ein nacktes Rosarot, ein nacktes, geronnenes Lila.
Zweimal wagte er diese Stelle mit dem Blick zu streifen, aber er musste es noch einmal tun; er wollte auch ein drittes Mal dahin zurück. Nur noch einmal, ein letztes Mal, versprach er sich und der Sonnenbrillenfrau.
Er empfand Dankbarkeit, sehr große Dankbarkeit, dass es ihn gerade hierher verschlagen hatte, denn von da oben sah man dem Mädchen direkt in die weiche Wärme ihres schattigen Schoßes hinein, ihre Schamlippen standen offen. Dafür hatte ihm niemand die Erlaubnis gegeben, dafür gibt es keine Erlaubnis auf der Welt. Irgendwo war es wie ein vergessener Sommernachmittag, zu dem er sich wider Willen zurücksehnte.
Er meinte die üppige schwarze Behaarung zu sehen.
Da geschah auf einmal ganz vieles, das seine Berechnungen durchkreuzte, auf eine kaum nachvollziehbare Art.
Der ältere Mann, kahl, gedrungen und muskulös, aber schon leicht verfettet, mit ergrauten Haaren am ganzen Körper, begann sich langsam und demonstrativ unbeteiligt zu streicheln, als habe sich seine Hand bloß verirrt oder als kratze er sich träge, während er gleichgültig in die Gegend schaute. Als wolle er mit dem Blick nicht Döhring bannen, sondern schaue über ihn hinweg, wo etwas unglaublich Interessantes seine Aufmerksamkeit fesselte. Die Aktion begann er auf seinen Brustmuskeln, zu denen er auch immer wieder zurückkehrte. Er sog sich dauernd mit Luft voll, blies die behaarte Brust auf, versuchte dabei, seinen gedrungenen Körper zu strecken.
Der wollte anders erscheinen, als er beschaffen war.
Er hatte eine vage Vorstellung von sich, und er wollte seine Selbstverherrlichung mit jemandem teilen.
Er spielte vor, wie lustvoll es war, mit feinfühligen Fingern an einem so prallen Muskelpaket, wie er eins hatte, herumzukneten. Nur war dieses Muskelpaket so prall nicht mehr. Er zwickte seine Brustwarzen, erschauerte, was wiederum nicht wirklich lustvoll war, auch wenn die Geste durchaus sinnlich wirkte. Dann langsam hinunter zur Hüfte, innen am Hüftknochen entlang über den eingezogenen Bauch, kurz über die Leisten, die Schenkel entlang, dann plötzlich zwischen sie hinein und mit den zusammentreffenden Händen die Hoden anhebend. Auch das wie völlig zufällig, als würde er sie bloß etwas lüpfen, und es wäre bloß eine physikalische Notwendigkeit, dass sich sein halbsteifer Schwanz mit ihnen hob.
Er ließ los, damit alles zurückfiel, gut sichtbar in Größe und Gewicht, beziehungsweise damit alles größer und stärker schien, als es war.
Und während er sich kaum verhüllt anbot, oder seine Dienste anbot, oder was immer er wem so sehr anbot, man verstand es gar nicht recht, wurde doch klar, wie wenig er sich in Wirklichkeit um die anderen kümmerte, wie allein er in seinem eingebildeten Universum stand.
Er arbeitete mit seinen Händen parallel und gleichzeitig an seinen Gliedern, zeigte, dass die Lust von den feinfühligen Fingerkuppen ausging. Wie ein sich an seinem Fleisch ergötzender Metzger, der in seiner erstklassigen Ware schwelgt, auch wenn er sie ziemlich nervös anbietet, da sie leicht verderblich ist und er sie so rasch wie möglich an den Mann bringen muss. Der kauernde weiße Riese seinerseits warf etwas, vielleicht einen Fotoapparat, in die rote Tasche zurück, die mit Zeug vollgestopft war, mit Handtüchern und Kleidern, schnellte hoch wie von seinen Sohlen in die Höhe geschossen und ließ einen Kampfschrei ertönen, der klang, als sagte er, na warte, das wirst du noch büßen, worauf sich sein Freund mit dem zarten Körper vom Wasser her zu ihm umblickte.
Döhring begriff auch nicht, warum die am Ufer liegenden Leute dem allen nicht die geringste Beachtung schenkten.
Der Ruf hallte lange über dem Wasser nach.
Warum war er der
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