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Paranoia

Paranoia

Titel: Paranoia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Felder
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ich kann deine Hilfe gebrauchen. Es bleiben uns sechs Tage netto, und ich muss noch eine komplette Fertigungseinheit erfassen. Unser Team ist nicht eingespielt genug, um das effektiv hinzubringen, aber wir beide können das beschleunigen.«
    Ben sagt: »Eingespieltes Team, ja.«
    »Ja, da geht nichts drüber. Erfahrung kann man mit nichts bezahlen.«
    »Außer mit Geld«, schnurrt er und schwenkt sein bauchiges Glas.
    »Und wie ist Marischka so drauf, was ist er für ein Typ? Welche Schiene, schlägst du vor, sollen wir fahren?«
    »Was weißt du denn schon aus eigener Recherche von ihm?«, frage ich, wissend, dass Ben stets spitze vorbereitet in einen neuen Job geht.
    »Selfmademan mit beeindruckender Biographie. Testpilot in den Fünfzigern, anschließend Corps Diplomatique in Saudi-Arabien, einer der ersten Hersteller von Soft- und Hardware für computergesteuerte Waffensysteme, Vermittler von Rüstungsgeschäften zwischen zahllosen US-Konzernen und aufstrebenden Golfstaaten in den Sechzigern. KJM, der große Krieger aus dem Böhmerwald, titelte einst ein Branchenmagazin. Rastloser Irrwisch, bärbeißiger Despot, der mit Gegenfragen antwortet, laut Einleitung eines Zeitungsinterviews von 1987. Gründet nach wie vor neue Firmen im Rekordtempo, zahllose Beteiligungen in den verschiedensten Branchen. Gehört zu den ruhelosen Gestalten, auf die der Spruch zutrifft: Der Grund, weshalb er zum Millionär geworden ist, ist auch der Grund, weshalb er es nie genießen können wird.«
    Ich stimme lachend zu und füge fließend an: »Ja, so ist das wohl richtig gesagt. Ich habe außerdem das Gefühl, seine jugendliche Aufgekratztheit zeigt, dass er erkannt hat, nicht mehr jung genug zu sein, um noch seine Zeit zu vergeuden.«
    Wir beide nicken kurz, etwas zu nachdenklich.
    Etwas leiser füge ich an: »Marischka ist Faschist der ganz alten Schule. Die Firma wird beinahe patriarchalisch geführt. Aber seine Art besitzt eine gewisse Originalität. Ich habe erst getestet, ob er seiner Belegschaft gegenüber loyal ist.« Ich sage das bewusst routiniert und abgeklärt, Marke: eiskalter Hund. »Ist er Gott sei Dank nicht. Ich habe ein paar Fährten gelegt, habe was gesagt in Richtung soziale Verantwortung, Mitspracherecht der Mitarbeiter, du weißt schon, da ist er aber gleich richtig explodiert von wegen, seine Angestellten hätten nichts zu sagen, ›Arbeit ist kein Wunschkonzert‹, ›faule Schweine‹. Ich habe sofort umgeschaltet und ihm Brocken hingeworfen, wir müssten streng durchgreifen, straff durchorganisieren, keine Rücksicht nehmen, blabla, das hat ihm gefallen. Wird also nicht schwer, einen Keil zwischen ihn und das Personal zutreiben und ihn auf unsere Seite zu ziehen. Deshalb legen wir unser Augenmerk momentan auf die Arbeitsabläufe und innerbetrieblichen Verbindungen des Personals. Dort müssen wir die Schwachpunkte aufspüren.« Das ist mal ganz was Neues. Ben nippt und nickt.
    »Da setzen wir an«, ergänze ich, der Ordnung halber. »Uns sollten hier besser keine allzu großen Fehler unterlaufen. Ich habe ziemliche Fixkosten und Vorauslagen für meine Mannschaft. Ich meine, er macht mir das Leben nicht gerade leicht, und einige Kampfhunde aus seinem Management haben verstärktes Interesse daran, mich auf die Fresse fliegen zu sehen«, flüstere ich und halte es für nötig, erneut zu lachen. Ich atme ein. Verlieren ist keine Option. Als hätte mich etwas nach unten gezogen, stockt mir der Atem, und ich erfahre den Schmerz einer weiteren heftigen Angstwelle. Die ich-weiß-nicht-wievielte heute. Eine Heidenangst. Mir entkommt beinahe ein Würgelaut. Nach einer kurzen Pause sage ich, Optimismus simulierend: »Aber am Ende werden
wir die
ficken. Wenn alles so läuft, wie ich mir das vorstelle, dann habe ich eine Gewinnerwartung von zwei Mio netto für das kommende Jahr. Erst mal. Klingt das attraktiv genug für dich, das Ding mit mir zusammen zu schaukeln? Teilhaber, Vice President?«
    Ich sehe Ben an.
    Sein Lächeln ist nicht breit, aber der Ausdruck darin scheint nicht gekünstelt. Er sagt: »Klingt einwandfrei«, und macht ein feierliches Gesicht. »Ich bin dabei. Verfüge über mich.«
    »Peng & Kerschenbaum klingt jedoch, gelinde gesagt.« Ich breche ab und verziehe den Mund.
    »Nein, Kerschenbaum & Peng klingt wirklich nicht international. Und auch wieder doch.«
    »Uuh, eine von Befangenheit diktierte Bemerkung, nichts weiter.«
    Er legt zwei Finger auf die Lippen und murmelt: »Wir braucheneinen guten

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