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Paranormal - Fuenf Romane mit Patricia Vanhelsing

Paranormal - Fuenf Romane mit Patricia Vanhelsing

Titel: Paranormal - Fuenf Romane mit Patricia Vanhelsing Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Boote.
    "Lasst eine Strickleiter herunter!", befahl Fraga. "Na, los, bewegt euch! Oder habt ihr Angst vor ein paar greisen Engländern, die mehr tot als lebendig aussehen?"
    Die Männer, die Fraga zuvor nur verständnislos angeblickt hatten, erwachten aus ihrer Erstarrung. Die Leiter wurde hinabgelassen. Das erste Boot machte fest. Einige Augenblicke später kam ächzend der erste der Engländer an Bord. Zwei Seeleute mussten ihm helfen, damit er über die Reling kam. Der Engländer sah erbarmungswürdig aus. Er trug das zerrissene, fleckige Gewand eines Bauern. Die dazugehörige Kapuze hatte er tief ins Gesicht gezogen. Aber das, was man von seinem Antlitz sehen konnte, reichte, um Capitan Fraga de Ybarrez einmal schlucken zu lassen. Die Haut war totenbleich und so zerfurcht wie ein von Wind und Wetter zerschnittener Felsen.
    Die Augen wirkten blutunterlaufen. Der Blick war matt. Nie zuvor hatte der Capitan oder irgend ein anderer an Bord der SANTA ISABEL jemanden gesehen, der derart alt wirkte.
    Fraga glaubte, den Geruch der Verwesung bereits in der Nase zu haben. Er wandte sich an Mendoza. "Ihr könnt doch Englisch!"
    "Si, mi Capitan."
    "Dann sprecht mit dem Alten! Sagt ihm, dass wir in Frieden kommen und nichts anderes wollen, als unbehelligt unser Schiff wieder flott zu machen, um nach Spanien zurückzukehren..."
    Mendoza nickte. Er trat auf den Alten zu, der ungefähr einen Kopf kleiner war als der Erste Offizier. Capitan Fraga hörte misstrauisch zu, wie die beiden sich unterhielten.
    Schließlich drehte Mendoza sich um.
    "Sie sind bereit, uns zu helfen!"
    "Hauptsache, sie verraten uns nicht gleich an die Soldaten der Königin!"
    "Das werden sie nicht tun!"
    "Und was verlangen sie dafür?"
    "Der Mann hier sagt, darüber könnte er nicht allein entscheiden. Die anderen sollten auch an Bord kommen."
    Fraga nickte. "Warum nicht? Sie sollen ruhig kommen, aber ihre Waffen bleiben in den Booten. Und frag ihn mal, ob es bei ihnen keine jüngeren Leute gäbe?"
    Mendoza gehorchte. Dann wandte er sich stirnrunzelnd an seinen Capitan. "Der Mann sagt nein. Es gäbe nur Alte in Darnby-on-Sea..."
    Ein Muskel zuckte in Fraga de Ybarrez' Gesicht. "Seltsame Gebräuche müssen die auf der Insel haben... Ein Dorf der Alten! Wer hat so etwas schon gehört!"
    Mendoza hob die Augenbrauen. "Sagt nicht, dass ein Haufen Engländer in den besten Jahren Euch lieber wären, mi Capitan!"
    Fraga grinste. Hoffnung keimte in ihm auf. Vielleicht nahm diese unglückselige Reise für sie alle doch noch ein gutes Ende... Einer nach dem anderen schleppten sich die Alten an Bord. Der Capitan beobachtete sie dabei, wie sie die Strickleiter erklommen und sich über die Reling quälten. Wie alt mochten diese Männer sein?, fragte er sich. Die unruhig flackernden Augen dieser Alten fielen dem Capitan auf. Sie beunruhigten ihn, ohne, dass er hätte sagen können, weshalb eigentlich.
    Hunger!, dachte Fraga schaudernd. Aus ihren Augen spricht ein eigenartiger Hunger. Und unbändige Gier. Gemurmel entstand unter ihnen. Zahnlose Münder mit aufgesprungenen, blutleeren Lippen redeten durcheinander.
    "Was sagen sie?", rief Fraga de Ybarrez an Mendoza gewandt.
    Aber ehe der Erste Offizier der SANTA ISABEL antworten konnte, hatte einer der Alten ihm die knochenmagere Hand auf das Gesicht gedrückt. Die Züge des Alten verzogen sich zu einer Grimasse blanker Gier. Sein zahnloser Mund öffnete sich. Ein tierischer Fauchlaut kam über seine Lippen, während sein Augen sich verdrehten.
    Jose Mendoza y Saron konnte nicht einmal mehr einen Todesschrei ausstoßen. Die Büchse fiel krachend auf die Planken - mitsamt Mendozas rechter Hand, die bereits teilweise zu feinem grauen Staub zerfallen war. Staub, der von den Knochen geschüttelt wurde, als die Hand auf dem Boden aufkam. Die Gestalt des Ersten Offiziers sackte in sich zusammen. Staub rieselte aus den Ärmeln heraus. Der Kopf knickte von den Schultern herunter. Der Staub wurde durch die Wucht emporgeschleudert. Als Totenschädel rollte er über das Hauptdeck der SANTA ISABEL. Nur einen Augenaufschlag später spannten sich Mendozas bunte Kleider und der Harnisch nur noch um ein Knochengerippe, das in sich zusammenbrach.
    Das Gesicht des Alten hatte sich im gleichen Augenblick auf gespenstische Weise verändert. Die unübersehbaren Zeichen des Alters waren verschwunden. Die Haut hatte sich gestrafft, die Haltung war nicht mehr gebeugt. Er schlug die Kapuze zurück. Volles, dunkelblondes Haar wuchs auf seinem Kopf.

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