Paranormal - Fuenf Romane mit Patricia Vanhelsing
ein Wagen, an dessen Heckscheibe ein Werbebutton der 'Sun' klebt. Dreimal darfst du raten, wem der wohl gehört..." Tom beugte sich noch etwas weiter zu mir. Er flüsterte. "Ich war heute morgen in Willards Zimmer. Das sieht aus, als hätte er nie dort gewohnt. Nicht die geringste Spur von ihm ist zurückgeblieben..."
"Glaubst du..."
In diesem Moment erschien Carter und begann, für das Frühstück zu decken.
"Wenn ich Ihnen Beiden einen guten Rat geben darf", sagte er dann. "Sie sollten die Ereignisse der vergangenen Nacht am Besten vergessen..."
Tom hob die Augenbrauen. "Es gibt da ein paar Probleme mit meinem Wagen. Eine Werkstatt gibt es hier nicht zufällig?"
Carters Lächeln war äußerst dünn.
"Nein, tut mir leid, Sir", murmelte er.
*
Darnby wirkte wie eine Totenstadt.
Nach dem Frühstück sahen wir uns ein wenig in dem kleinen Ort um. Etwas anderes blieb uns auch kaum übrig. Es stellte sich heraus, dass Toms Handy aus unerklärlicher Ursache funktionsuntüchtig war. Übersinnliche Energien konnten mitunter solche Störungen verursachen. Das hatten wir schon wiederholt feststellen müssen. Als Tom den Wirt des SINKUNG SHIP nach einer Möglichkeit zum Telefonieren fragte, erklärte dieser, dass es in ganz Darnby kein Telefon gäbe.
Tatsache war, dass wir mehr oder weniger von der Außenwelt abgeschnitten waren.
Wir gingen durch die engen Gassen, die zwischen den wenigen Häusern dieses Ortes hindurchführten. Die ganze Zeit über hatten wir dabei das untrügliche Gefühl, beobachtet zu werden.
Immer wieder bewegten sich die zugezogenen Vorhänge in den kleinen, mitunter butzenartigen Fenstern dieser grauen Steinhäuser. Das kalte Licht der matten Februarsonne zeigte in aller Klarheit die Spuren des Alter, die an diesen Gebäuden hafteten. Da waren Risse im Gemäuer, in die sich Moos gesetzt hatte. So manche Wand war im Laufe der Zeit windschief geworden. Hier und da prangten Jahreszahlen an Giebeln.
1534, 1567, 1577...
Wir erreichten schließlich die verwitterte Kirche, die das Zentrum von Darnby bildete.
Daneben befand sich der verwunschene Friedhof mit seinen grauen Grabsteinen im Schatten knorriger, eigenartig verwachsener Bäume.
Tom und ich gingen über den etwas unebenen, mit naturbelassenen Steinen gepflasterten Weg, der quer über den Friedhof führte.
Ein eisiger Wind wehte von der Küste her und pfiff um das graue Kirchengemäuer.
"Wenn die Wurzel des Übels in der Vergangenheit liegt, dann ist hier vielleicht der richtige Ort, um nachzuforschen", meinte Tom. "Vielleicht gibt es alte Kirchenbücher oder andere Aufzeichnungen, die uns etwas weiterbringen..."
Ich nickte nur.
Mein Blick wanderte unterdessen die Reihe der Grabsteine entlang. Es waren gut gepflegte Gräber mit glänzenden Marmorsteinen. Die messingfarbenen Todesdaten sprangen mir ins Auge...
1545, 1577, 1523, 1578...
"Hier scheint nach 1580 niemand mehr gestorben zu sein, Tom", stellte ich fest. "Sieh nur..."
"Eigenartig, wie sehr diese alten Gräber gepflegt werden - obwohl es sich weder um Volkshelden noch um anderweitig berühmt gewordene Leute handelt..."
Auf eines der Gräber waren frische Blumen gelegt worden.
Rote Rosen, die von einer zarten Schicht aus Raureif bedeckt waren. Das Grab gehörte einer gewissen Maria Carter, Tochter von Eve und Benjamin Carter. Das Mädchen war mit fünf Jahren gestorben.
"In der damaligen Zeit kein ungewöhnliches Schicksal", meinte Tom. "Die Kindersterblichkeit war enorm hoch. Von zwanzig Geburten erreichten vielleicht drei das Erwachsenenalter..."
"Um so erstaunlicher, dass man diesem Kind eine so große Grabstätte gewidmet hat!"
"Hat man das wirklich, Patti? Der Stein ist doch keine fünf Jahre alt, wenn du mich fragst... Benjamin - Ben! - Carter. So heißt doch unser Wirt, oder?"
Tom trat auf den Stein zu, beugte sich nieder und besah ihn sich aus der Nähe.
"Ben Carter - das ist natürlich ein ziemlich häufiger Name, aber..."
"Die Namensgleichheit ist kein Zufall", sagte ich, ohne darüber nachgedacht zu haben. Die Worte sprudelten einfach über meine Lippen. Ich wusste plötzlich, dass diese beiden Männer mit dem Namen Ben Carter etwas miteinander zu tun hatten...
Ein Bild entstand mit ungeheurer Intensität vor meinem inneren Auge. Ich sah einen Mann und eine Frau vor einem schmucklosen Grab stehen. Sie trugen Kleider, wie sie im 16. Jahrhundert üblich gewesen waren. Maria Carter - das war der Name auf dem schlichten Holzkreuz, der anstelle des
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