Paris, Ein Fest Fürs Leben
Lawrence», sagte ich. «Er hat einige sehr gute Kurzgeschichten geschrieben, eine heißt Der preußische Offizier .»
«Ich habe versucht, seine Romane zu lesen. Er ist unmöglich. Er ist bemitleidenswert und absurd. Er schreibt wie ein Kranker.»
«Mir gefielen Söhne und Liebhaber und Der weiße Pfau », sagte ich. «Vielleicht das nicht so sehr. Liebende Frauen konnte ich nicht lesen.» «Wenn Sie nichts Schlechtes lesen wollen, und etwas lesen wollen, das Ihr Interesse wachhalten wird und in seiner Art fabelhaft ist, sollten Sie Marie Belloc Lowndes lesen.»
Ich hatte nie von ihr gehört, und Miss Stein lieh mir The Lodger , jene fabelhafte Geschichte von Jack the Ripper, und noch ein Buch über eine Mordtat in einem Ort außerhalb von Paris, der nur Enghien-les-Bains sein konnte. Beides waren großartige Bücher für die Zeit nach der Arbeit, die Charaktere glaubhaft und die Handlung und der Terror nie unecht. Sie waren ideal als Lektüre, nachdem man gearbeitet hatte, und ich las alles von Mrs. Belloc Lowndes, was es gab. Aber es gab nur gerade so viele und nicht mehr, und keines war so gut wie die beiden ersten; und ich fand für diese leere Tagesoder Nachtzeit niemals etwas Gleichgutes, bis die ersten wunderbaren Bücher von Simenon herauskamen.
Ich glaube, Miss Stein hätten die guten Simenons gefallen - das erste, was ich las, war entweder L'Ecluse Numéro I oder La Maison du Canal -, aber ich bin nicht sicher, da Miss Stein, während ich sie kannte, nicht gern Französisch las, obwohl sie es sehr gern sprach. Janet Flanner gab mir die ersten beiden Simenons, die ich je gelesen habe. Sie las sehr gern Französisch, und sie hatte Simenon gelesen, als er Kriminalreporter war. Ich kann mich nicht daran erinnern, daß Miss Stein während der drei oder vier Jahre, in denen wir gute Freunde waren, jemals gut über irgendeinen Schriftsteller gesprochen hätte, der nicht günstig über ihre Arbeit geschrieben oder etwas getan hatte, um ihre Karriere zu fördern, mit der Ausnahme von Ronald Firbank und später Scott Fitzgerald. Als ich sie kennenlernte, sprach sie von Sherwood Anderson nicht als Schriftsteller, sondern sprach begeistert von ihm als Mann und von seinen großen, schönen, warmen italienischen Augen und von seiner Güte und seinem Charme. Ich machte mir nichts aus seinen großen, schönen, warmen italienischen Augen, aber mir gefielen einige seiner Kurzgeschichten sehr gut. Sie waren einfach geschrieben und manchmal wunderschön geschrieben, und er kannte die Menschen, über die er schrieb, und sie gingen ihn zutiefst an. Miss Stein wollte nicht über seine Geschichten sprechen, sondern immer über ihn als Mensch.
«Was halten Sie von seinen Romanen?» fragte ich sie. Sie wollte über Andersons Werke ebensowenig sprechen, wie sie über Joyce sprechen wollte.
Wenn man zweimal die Rede auf Joyce brachte, wurde man nicht wieder eingeladen. Es war, als ob man einem General gegenüber einen anderen General lobend erwähnte. Beim erstenmal, wenn man den Fehler machte, lernte man, es nicht wieder zu tun. Man konnte jedoch immer einen General erwähnen, den der General, mit dem man sprach, besiegt hatte. Der General, mit dem man sprach, würde den besiegten General aufs äußerste loben und sich erfreut mit allen Einzelheiten darüber auslassen, wie er ihn besiegt hatte.
Andersons Geschichten waren zu gut, um ein erfreuliches Gesprächsthema abzugeben. Ich war bereit. Miss Stein zu erzählen, wie seltsam dürftig seine Romane waren, aber auch das wäre falsch gewesen, weil man damit einen ihrer loyalen Anhänger kritisiert hätte. Als er schließlich einen Roman, der Dunkles Lachen hieß, schrieb, der so entsetzlich schlecht und albern und gekünstelt war, daß ich nicht anders konnte, als ihn in einer Parodie zu kritisieren*, war Miss Stein sehr böse auf mich. Ich hatte jemanden angegriffen, der zu ihrem Hofstaat gehörte. Aber lange Zeit vordem war sie nicht böse auf mich gewesen. Sie selbst fing an, Sherwood überschwenglich zu loben, nachdem er als Schriftsteller in die Brüche gegangen war. * Die Sturmfluten des Frühlings
Sie war böse auf Ezra Pound, weil er sich zu schnell auf einen kleinen, zerbrechlichen und zweifellos unbequemen Stuhl gesetzt hatte, den man ihm sogar vielleicht absichtlich gegeben hatte, und den er entweder beschädigt oder zerbrochen hatte. Daß er ein großer Dichter und ein vornehmer und großzügiger Mensch war, und sich auf einen normalgroßen Stuhl wahrscheinlich
Weitere Kostenlose Bücher