Paris, Ein Fest Fürs Leben
Schriftsteller reagiert hätte.
Ehe diese Reichen gekommen waren, hatte sich bereits eine andere Reiche bei uns eingenistet, die den ältesten Trick benutzte, den es gibt, nämlich daß eine unverheiratete junge Frau die zeitweilig beste Freundin einer verheirateten jungen Frau wird und mit dem Mann und der Frau zusammen lebt und sich dann nichtswissend, unschuldig und erbarmungslos anschickt, den Mann zu heiraten. Ist der Ehemann ein Schriftsteller und mit einer schwierigen Arbeit beschäftigt, so daß er die meiste Zeit in Anspruch genommen ist und einen großen Teil des Tages seiner Frau kein guter Kamerad oder Partner sein kann, hat das Arrangement seine
Vorteile, bis man merkt, wie es sich auswirkt. Der Ehemann hat zwei anziehende weibliche Wesen um sich, wenn er mit seiner Arbeit fertig ist. Eine ist neu und fremd, und wenn er Pech hat, liebt er plötzlich beide.
Nun sind es statt der zwei und ihrem Kind drei. Zuerst ist es anregend und macht Spaß, und es geht eine Weile gut. Alles wirklich Böse beginnt in Unschuld. So lebt man Tag für Tag und genießt, was man hat und macht sich keine Gedanken. Man lügt und haßt es, und es zerstört einen, und von Tag zu Tag wird es gefährlicher, aber man lebt von einem Tag zum andern wie im Krieg.
Ich mußte Schruns verlassen und nach New York fahren, um meinen Verleger zu wechseln. Ich erledigte das Geschäftliche in New York, und als ich nach Paris zurückkam, hätte ich an der Gare de l'Est den ersten Zug nehmen sollen, der mich nach Österreich hinuntergebracht hätte. Aber das Mädchen, in das ich mich verliebt hatte, war damals in Paris, und ich nahm weder den ersten Zug noch den zweiten, noch den dritten.
Als ich meine Frau wiedersah, die neben den Gleisen stand, als der Zug an den aufgestapelten Baumstämmen vorbei in die Station einlief, wünschte ich, ich wäre gestorben, ehe ich eine andere als sie geliebt hätte. Sie lächelte mit der Sonne auf ihrem schönen, wundervoll geschnittenen Gesicht, das von Sonne und Schnee gebräunt war, und auf ihr rotgoldenes Haar, das den ganzen Winter hindurch schön und ungebändigt wuchs, schien die Sonne, und neben ihr stand Mr. Bumby, blond und stämmig und mit Winterbacken wie ein guter Vorarlbergbub.
«Ach, Tatie», sagte sie, als ich sie in meinen Armen hielt, «nun bist du wieder da, und du hast eine so schöne, erfolgreiche Reise gemacht. Ich hab dich lieb, und wir haben dich so vermißt.»
Ich liebte sie, und ich liebte niemanden sonst, und wir hatten eine schöne, zauberhafte Zeit, während wir allein waren. Ich kam mit meiner Arbeit gut voran, und wir machten große Touren, und ich dachte, wir seien wieder unverwundbar; und erst als wir im Spätfrühling aus den Bergen fort und zurück in Paris waren, begann das andere wieder.
Das war das Ende meiner ersten Pariser Zeit. Paris sollte nie wieder dasselbe sein, obwohl es immer Paris war, und man veränderte sich, während es sich veränderte. Wir fuhren nie wieder ins Vorarlberg, und die reichen Leute auch nicht.
Paris hat kein Ende, und die Erinnerung eines jeden Menschen, der dort gelebt hat, ist von der jedes anderen verschieden. Wir kehrten immer wieder dorthin zurück, ganz gleich, wer wir waren, oder wie es sich verändert hatte, oder unter welchen Schwierigkeiten oder mit welcher Mühelosigkeit man hingelangen konnte. Paris war es immer wert, und man bekam den Gegenwert für alles, was man hinbrachte. Aber so war das Paris unserer ersten Jahre, als wir sehr arm und sehr glücklich waren.
Inhalt
Vorwort 6
Anmerkung 7
Ein gutes Café auf der Place Saint-Michel 8
Miss belehrt 12
«Une Génération Perdue» 18
Shakespeare and Company 25
Menschen an der Seine 27
Ein trügerischer Frühling 31
Das Ende einer Beschäftigung 38
Hunger war eine gute Disziplin 42
Ford Madox Ford und des Teufels Schüler 49
Die Geburt einer Neuen Schule 54
Mit Pascin im Dôme 59
Ezra Pound und sein Bel Esprit 64
Ein merkwürdiges Ende 69
Der Mann, der vom Tode gezeichnet war 71
Evan Shipman in der Closerie 78
Werkzeug des Bösen 83
Scott Fitzgerald 86
Habichte teilen nicht 110
Eine Frage der Maße 116
Paris hat kein Ende 120
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