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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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und unterstellten Chicot, daß er keine Ahnung von Frauen habe.
    »Von wegen«, sagte Chicot, dem traurig der ewige Tropfen an der Nase hing. »Immerhin liebte auch ich einst ein Mädchen. Ich hab sie sogar ein bißchen geheiratet, glaube ich.«
    Diesmal lachten wir ohne alle Häme, denn spielte Chicot auch trefflich den Narren, war er doch weder verwachsen noch sonst mißgestaltet, sondern ein gascognischer Edelmann und großer Schwerenöter und tapfer mit dem Degen in der Hand, wie er es bei der Belagerung von Rouen beweisen sollte, wo er sein Leben ließ.
    »Meine Herren!« rief auf einmal über den Lärm im Ehrenhof hinweg die Stentorstimme des Marschalls von Aumont, »meine Herren, der König!«
    Dann eine Oktave tiefer: »Und der König von Navarra!«
     
    Als beide Könige nach beendeter Beratung Plessis verließen, schwangen sie sich in die Sättel, und Navarra begleitete den König bis zur Brücke über den Saint-Anne, von wo dieser mit seinem gesamten Adel nach Tours zurückkehrte. Im Begriff, meinem Herrn zu folgen, wurde ich von meinem Vater aufgehalten, der mit froher Miene herbeieilte und mir sagte, der Béarnaiser wolle mich noch ein paar Tage dabehalten, ich solle also, anstatt nach Tours zurückzukehren, gleichfalls das Schiff besteigen und die Loire überqueren. Wie staunte ich aber, als wir an Land kamen und zum Gros der hugenottischen Armee |34| stießen, daß Navarra mit Adligen und Garden am rechten Ufer stromauf zog bis Saint-Symphorien, einem nördlichen Vorort von Tours, welcher von der Stadt durch eine sehr lange und schöne Brücke getrennt war.
    Navarra nahm Quartier in einem Haus an besagter Brücke und ließ mir durch Roquelaure ausrichten, ich solle im selben Haus übernachten. Sosehr mir vom langen Ritt auch Hintern und Beine schmerzten, schlief ich doch wie ein Stein, als ich, noch schwer von Müdigkeit, mit verklebtem Mund, mißmutig und mit verquollenen Lidern, um fünf Uhr früh von dem libellenhaften Pagen geweckt wurde, dessen rotgelbe Livree mir vor Châtellerault zum Zelt meines Vaters vorangeflogen war.
    Zum Gruß schwenkte er die Kappe in so hurtiger Arabeske um seinen zarten Rumpf, daß ich sechs Kappen am Ende seines Arms zu sehen meinte.
    »Monsieur«, sagte er, »mein Herr will, daß Ihr um sechs Uhr zu Pferde am Brückenkopf von Tours steht.«
    »Allein?«
    »Allein.«
    Und schon war er verschwunden, so daß ich bezweifelte, ihn überhaupt gesehen und gehört zu haben.
    »Moussu« 1 , sagte mein Miroul bitter, und sein braunes Auge blickte trüb, während das blaue kalt blieb, »warum mußtet Ihr die Mücke fragen, ob Ihr allein kommen sollt? Wenn Ihr nicht gefragt hättet, könnte ich Euch begleiten.«
    »Schelte mich nicht, mein Miroul!« sagte ich. »Wir sind nicht am französischen Hof, sondern bei Navarra, hier geht es soldatisch zu, mit hugenottischer Strenge, und jeder gehorcht dem Béarnaiser mit Leib und Gut, bis ins Gedärm.«
    »Welches sich mir um und um dreht vor Enttäuschung«, sagte Miroul. »Erzählt Ihr mir wenigstens das Ganze, wenn Ihr wiederkommt?«
    »Versprochen.«
    Ich war als erster an der Brücke. Die Soldaten, die das Brückentor und die Ketten bewachten, holten ihren Offizier, der kein anderer war als Gerzé.
    »Donnerschlag, Siorac!« rief er, als er aus dem Torhaus trat, »was willst du hier um diese Zeit?«
    |35| »Weiß ich nicht«, sagte ich, »der König von Navarra hat mich herbestellt.«
    »Will er rüber nach Tours?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Na, das ist mir ein schönes Rätsel!« sagte Gerzé lachend. »Wollt wohl zu zweit die Stadt erobern? Und im bloßen Wams? Was für ein Spaß, bei Gottes Blut!«
    Der fröhliche Gerzé, der zu Blois noch unter Larchant gedient hatte, war jetzt Feldmeister, zum Lohn für seine erprobte Königstreue, und ein schöner, sechs Fuß großer Bursche, wie er an diesem ersten Mai da vergnügt auf seinen zwei langen Beinen stand und mit blanken Zähnen lachte. Ach, armer Gerzé! Was wußte er an diesem Maienmorgen, da überall die Knospen sprangen, daß man ihn acht Tage später – nein, sieben! – blutig und zerhauen ins kühle Grab senken würde.
    Während er noch scherzte, erschien Navarra auf seiner weißen Stute, begleitet – wir trauten unseren Augen nicht – weder von Adligen noch Garden, sondern einzig von Rosnys schmächtigem kleinem Pagen, der einen so lebhaft tänzelnden Araber ritt, daß ich mich fragte, ob der nicht gleich wie Pegasus davonflöge. Zumal der Page auf seinem Rücken nicht

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