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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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mehr wog als ein Floh. Ein König mit nur einem Pagen und einem Edelmann im Gefolge – ich dachte, der gute Gerzé falle vor Verblüffung um.
    »Sire«, sagte er, ins Knie sinkend, »wollt Ihr hinüber?«
    »Jawohl, mein Sohn«, sagte Navarra gutgelaunt.
    »Mit Verlaub, Sire«, sagte Gerzé, »darf ich Euch ans andere Ende der Brücke begleiten?«
    »Wenn du willst? Wie ist dein Name, mein Sohn?«
    »Gerzé, Sire. Ich bin Feldmeister.«
    Navarra schwieg, bis die Soldaten die Ketten eingeholt hatten, dann ritt er als erster auf die Brücke, Gerzé ging zu Fuß an seiner Seite, ich und der Page trabten ihnen im aufgehenden Morgen nach.
    »Gerzé, wie viele Feldmeister seid ihr in Tours?« fragte Navarra.
    »Drei, Sire. Crillon, Rubempré und ich.«
    »So wenig? Ich habe in Saint-Symphorien auch nur wenige Truppen zur nördlichen Deckung der Stadt gesehen.«
    »Wir haben zwölfhundert Mann Fußvolk, Sire, und an die fünfzig leichte Reiterei.«
    |36| »Mehr nicht?«
    »Das Schweizer Regiment liegt im Vorort Saint-Pierre-des-Corps und deckt die Stadt im Westen.«
    »Ist das die ganze Armee des Königs von Frankreich?« fragte Navarra.
    »Nein, Sire. Aber eine Armee hat der König dem Grafen von Soissons gegeben, gegen den Herzog von Mercœur in der Bretagne. Eine weitere dem Herzog von Epernon, der das Angoumois hält. Und Beaugency und Blois haben große Garnisonen bekommen.«
    Hierauf sagte Navarra keinen Ton, aber ich kannte ihn mittlerweile ein bißchen und konnte mir denken, daß ihm die Verteilung der königlichen Heereskräfte herbe mißfiel.
    »Die Loire hat nicht viel Wasser«, sagte er nach einem Blick über die Brüstung. »Gibt es von Saint-Symphorien eine Furt zu der großen Insel dort im Fluß?«
    »Zur Zeit ja, Sire, aber wenn in der Auvergne die Schneeschmelze beginnt, nicht mehr. Dann schwillt der Fluß stark an.«
    »Aber zur Zeit kann man die Furt benutzen«, sagte Navarra in ziemlich unzufriedenem Ton. »Sind Truppen auf der Insel? Ist sie befestigt?«
    »Nein, Sire.«
    »Und wenn nun Mayenne«, sagte Navarra, »von Norden anrückt und den Vorort Saint-Symphorion, der so schwach gehalten wird, im Handstreich nimmt, braucht er nur noch diese Insel zu besetzen und kann Tours mit gewaltigem Vorteil belagern.«
    »Das ist wahr, Sire«, sagte tief erschrocken Gerzé.
    Navarra sah es, und um ihn wieder zu ermuntern, stellte er ihm allerlei Fragen nach seiner Provinz und seiner Familie, so daß Gerzé am anderen Brückenende ganz aufgerichtet war.
    »Siorac«, fragte Navarra, als wir Seite an Seite durch die noch menschenleeren Straßen von Tours ritten, »ist der König wirklich ein Frühaufsteher, wie man hört?«
    »Ja, Sire. Er steht immer um fünf Uhr auf, zum Kummer der Königin.«
    »Warum hält sie ihn nicht?« fragte Navarra mit flüchtigem Lächeln. »Was meinst du zur Verteidigung von Tours?«
    »Sire«, sagte ich vorsichtig, »zwar habe ich das Kriegshandwerk |37| nicht erlernt, aber ich fürchte, Ihr findet sie nicht sonderlich gut.«
    »Das ist noch gelinde gesprochen.«
    »Sollte man das«, sagte ich, als er stumm blieb, »Seiner Majestät nicht darlegen? Denn sind wir nicht auf dem Weg zu ihm?«
    »Ich habe ihm anderes mitzuteilen, Wichtigeres, was die Kriegführung betrifft. Außerdem, Siorac«, setzte er mit feinem Lächeln hinzu, »sind dein Herr und ich erst seit gestern Verbündete, und ich weiß nicht, ob es klug wäre, mit der Tür ins Haus zu fallen: Besser, man läßt dem Kind seinen Rotz, anstatt ihm die Nase abzureißen.«
    Der Palast, wo der König wohnte, war leicht zu finden, so stark waren die umliegenden Straßen mit Garden besetzt, und Navarra schickte mich voraus, ihm den Weg zu bahnen. Am Tor traf ich auf den wackeren Crillon, Oberstleutnant der französischen Infanterie, der, wie der Leser sich erinnern wird, seinen Hut fester in die Stirn gedrückt hatte, anstatt Guise zu grüßen, als dieser in hochmütigem Ungehorsam und gegen Heinrichs ausdrücklichen und wiederholten Befehl in Paris aufgetaucht war und damit, wie erwartet, den Aufstand der Barrikadisten ausgelöst hatte.
    »Bei Gottes Blut!« rief Crillon, »bist du es, Baron? Und willst um diese Stunde Zutritt zum König? Du glaubst wohl, das werd ich dir erlauben, du angeblicher Leibarzt, der besser mit dem Degen als mit der Lanzette umgeht?«
    »Ich will den Zutritt nicht für mich«, sagte ich lachend, »sondern für den König von Navarra, der mir folgt.«
    Der hatte in der Tat ein paar Klafter weiter

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