Paris ist eine Messe wert
haben, die Liga zu vernichten?«
»Sehr schlechte im Augenblick«, meinte Navarra. »Aber sehr gute, wenn wir wollen. Man muß mit demselben Mehl nicht denselben Kuchen backen.«
Der König lächelte und hob wie fragend die Brauen, offenbar wollte er Navarra nicht bitten, sich näher zu erklären, doch seine Miene ermunterte ihn dazu.
»Ha, Sire!« rief Navarra, »ich denke, ich darf Euch kühner als jeder andere raten. Denn als Euer Erbe, zu dem Ihr Euch bekennt und den Ihr unterstützt gegen Winde und Fluten und sogar auf Gefahr Eures Throns, hat niemand ein stärkeres Interesse an Eurer Größe und Erhaltung als ich, und niemand kann Euch so wie ich lieben, der ich mit meinem bloßen Recht allein stünde, wenn Ihr mich nach dem Tod des Herzogs von |40| Alençon – zum großen Zorn der Guisarden – nicht zu Eurem Nachfolger ausgerufen hättet.«
»Mein Bruder«, sagte Heinrich, der dieser Einleitung entnahm, daß Navarra seine Pfote so vorsichtig nur setzte, weil er ihn zu kratzen fürchtete, »beliebt in aller Offenheit zu sprechen. Ich höre.«
»Sire«, sagte Navarra, »wenn ich in unserem letzten Krieg, der mich zu meinem großen Bedauern zwang, gegen Euch zu kämpfen, gehört hätte, daß Ihr Eure Kräfte zu einem einzigen Heer sammeltet, hätte ich mich für vernichtet gehalten. Als ich statt dessen hörte, daß Ihr dem Guise eine Armee gabt, die zweite Joyeuse und die dritte selbst übernahmt, da sagte ich mir: Gelobt sei Gott! Mir droht kein Übel.«
»Ich verstehe«, sagte der König, »aber wie kann ich aus den Städten und Provinzen, die ich noch habe, in der gegenwärtigen Lage die Soldaten abziehen?«
»Nicht die Soldaten, Sire, aber die Armeen. Die Städte müssen sich verteidigen können, mehr nicht. Und wenn Ihr, Sire, die verstreuten überzähligen Kräfte von überallher zusammenzieht und Euch entsprechend rüstet, könnt Ihr die Liga mit Vorteil angreifen, anstatt mit den schwachen Kräften, die Ihr hier habt, zu warten, bis Ihr angegriffen werdet.«
Das war gut gesprochen und ohne daß der Graf von Soissons oder der Herzog von Epernon beim Namen genannt wurden, zu deren Gunsten der König sich so unklug entblößt hatte – obwohl es doch auf allein seinen Sieg ankam und nicht sosehr darauf, die Bretagne und das Angoumois zu bewahren. Heinrich blickte Navarra nachdenklich an, und mochte es ihm auch widerstreben, Soissons und Epernon die Truppen wegzunehmen, die er ihnen gegeben hatte, schien es doch, daß Navarras wohlbedachte Worte ihn überzeugten und er danach zu handeln dachte, wenn Mayenne ihm die Zeit dazu ließe.
»Die Liga angreifen«, sagte er schließlich, »aber wo?«
»In Paris, Sire«, sagte Navarra ohne Zögern. »Was sind die Glieder, wenn man das Haupt nicht hat.«
»Aber, mein Bruder«, sagte der König mit sehr betretener Miene, »Paris belagern ist eine gewaltige Aufgabe!«
»Trotzdem muß es sein«, sagte Navarra. »Und so früh wie möglich. Was mich angeht, Sire«, fuhr er in seiner gewohnten Ungeduld fort, indem er sich halb von seinem Schemel erhob, |41| »so will ich, mit Eurer Erlaubnis, morgen nach Chinon gehen und den Rest meiner Infanterie holen, um Eure Truppen hier in Tours zu verstärken.«
Leser, nachdem in diesem Gespräch so große Interessen zur Sprache gekommen waren, ist es mir ein wenig peinlich zu erwähnen, daß sich hierbei auch mein weiterer Lebensweg entschied. Als Navarra sich erhob, um Urlaub zu nehmen, und der König ihn beim Arm faßte, ihm den Kniefall zu verwehren und ihn hinauszugeleiten, wandte sich Heinrich zu mir um.
»Siorac, mein Sohn«, sagte er lächelnd, »du hast mir in der Vergangenheit so gut gedient, daß ich es dir überlassen möchte zu wählen, in welchem Lager oder welcher Eigenschaft du mir künftighin nützlich sein willst.«
»Sire«, sagte ich, »als Euer Werkzeug im geheimen werdet Ihr mich fortan nicht brauchen, da Eure wahre Absicht ab jetzt auch dieselbe sein wird, die Ihr verkündet. Ich wäre Eurer Majestät also unendlich verpflichtet, wenn ich mit Eurer Erlaubnis den Krieg unter einem Euer Hauptleute erlernen dürfte, um gegen die Liga zu kämpfen.«
»In dem Fall«, sagte der König lächelnd, »geht Ihr am besten zum König von Navarra, denn er ist der größte Hauptmann des Reiches, und zum Baron von Mespech, der meinem Großvater so gut bei Cérisoles diente und meinem Vater bei Calais.«
Dieser Spruch besiegelte mein Schicksal, allerdings nicht gänzlich, denn wenn der König mich auch
Weitere Kostenlose Bücher