Paris - Stadt der Sehnsucht
Sie hatte nur eine Chance, ihre Leute zu beschützen – sie musste dafür sorgen, dass er so selten wie möglich in ihre Nähe kam.
„Mr Doukakis, ich hatte noch keine Gelegenheit, Ihnen meine Präsentation zu senden, aber ich habe sie auf einem USB-Stick bei mir. Was halten Sie davon, wenn ich sie Ihnen auf Ihrem Computer zeige? Debbie, würdest du das Auspacken betreuen?“
„Sicher! Als Erstes muss ich herausfinden, welche der Pflanzen direktes Sonnenlicht vertragen. Davon gibt es hier ja jede Menge.“ Sie warf Damon ein anerkennendes Lächeln zu. „Dieser Platz ist wirklich großartig, Mr Doukakis.“ Sie streifte ihre Schuhe ab.
Mit einem „Kling“ öffnete sich die Aufzugtür, und zwei Männer mit einem Glaskasten traten heraus.
„Ah, das Aquarium!“, rief Debbie aus. „Die Fische sind bestimmt froh, wenn sie endlich aus ihren Plastiktüten herauskommen.“
„Aquarium?“ Damon sah Polly mit versteinerter Miene an.
„Sie haben doch gesagt, die gesamte Firma sollte umziehen“, entgegnete sie schwach. „Die Fische gehören dazu. Betrachten Sie es einfach so: Sie bekommen eine kostenlose Motivation Ihrer Angestellten. Fischen zuzuschauen regt die Kreativität an. Sie sollten es einmal versuchen.“
Damon erwiderte ihr Lächeln nicht. Endlich schien jeder im Raum gemerkt zu haben, dass etwas nicht stimmte. Es wurde ganz still, alle Blicke waren auf sie gerichtet.
„In mein Büro, Miss Prince. Sofort!“
4. KAPITEL
„Nehmen Sie meine Anrufe entgegen, Janey.“ Damon ließ sein Handy auf den Schreibtisch seiner Sekretärin fallen und ging mit langen Schritten in sein Büro.
Polly folgte ihm schweigend.
Als er hörte, wie sie die Tür hinter sich schloss, drehte er sich zu ihr um. Auf dem Weg in sein Büro hatte er in seinem Kopf bereits die Standpauke formuliert. Er würde ihr sehr deutlich klarmachen, wie schlampig und unprofessionell ihre Leute waren. Doch als er Polly anschaute, blieben ihm die Worte im Hals stecken.
Leicht schwankend stand sie in dem großen Raum. Ihre Haare fielen in wirren Locken um ihr schmales Gesicht, dunkle Schatten ließen ihre Augen riesig wirken, und ihre Haut war fast so weiß wie sein Hemd.
Er musste an eine verirrte Gazelle denken, die den Rest ihrer Herde verloren hatte. Noch nie hatte er jemanden gesehen, der so erschöpft und jämmerlich wirkte.
Plötzlich begriff er, dass Polly in der letzten Woche durch die Hölle gegangen war. Es konnte nicht leicht für sie sein, hilflos mit anzusehen, wie ihr bequemes Luxusleben zerbrach.
„Was?“, fragte Polly müde. „Müssen Sie eigentlich immer jeden so grimmig anstarren? Es ist nicht leicht, in einer Atmosphäre der Angst zu arbeiten.“
„Hier gibt es keine Atmosphäre der Angst.“
„Woher wollen Sie das wissen? Sie sind derjenige, der die Angst verbreitet.“
„So etwas Albernes habe ich noch nie gehört.“
„Wahrscheinlich wagt niemand, es auszusprechen.“ Polly war so müde, dass sie sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Plötzlich fehlte ihr die Kraft, weiterzukämpfen. „Ich weiß, dass Sie denken, ich wäre faul und nutzlos.“ Sie zögerte und strich sich das Haar aus dem Gesicht. „Dabei kann ich Ihnen nicht einmal einen Vorwurf machen. Ich weiß selbst, wie das Ganze auf Sie wirken muss. Aber manchmal sind die Dinge nicht so, wie sie auf den ersten Blick aussehen.“
„Ihre Firma ist ein Zirkus. Was genau ist daran nicht so, wie es auf den ersten Blick aussieht?“
„Auf Sie wirken wir vielleicht chaotisch. Aber eine entspannte Atmosphäre hilft uns, kreativ zu arbeiten.“
„Falls das eine Frage sein sollte, ob Sie Ihre Fische behalten können, ist die Antwort ein klares Nein. Ich dulde keine Haustiere in meinen Büros.“
„Streng genommen sind Romeo und Julia keine Haustiere. Können Sie nicht einmal für fünf Minuten ihre starren Prinzipien beiseitelassen? Sie wären überrascht, wie gut ihren Angestellten ein bisschen Freude tun würde.“
„Ich halte Ihre Art, die Agentur zu leiten, für schlampig und unprofessionell“, erwiderte Damon langsam.
„Ich weiß. Aber bitte geben Sie mir wenigstens eine Chance!“ Polly merkte selbst, wie verzweifelt sie sich anhörte. „Nachdem Sie den Vorstand gefeuert haben, kann ich unsere Firma retten.“
„Sie?“
„Ja, ich. Lassen Sie es mich wenigstens versuchen!“
Zum ersten Mal, seit er die Prince-Werbeagentur betreten hatte, war Damon zum Lachen zumute. „Sie bitten mich, Ihnen freie Hand zu
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