Paris - Stadt der Sehnsucht
Wagen von einer Brücke gefahren. Ich habe damals gewartet, dass sie nach Hause kommen. Stattdessen stand die Polizei vor der Tür.“
Polly stockte der Atem. „Sie?“
„Meine Mutter war bei ihm im Auto. Es konnte nie geklärt werden, was wirklich passiert ist. Hatte er die Hoffnung verloren und beschlossen, sie mit sich in den Tod zu nehmen? Oder wusste sie, was er vorhatte?“ Ausdruckslos starrte Damon in die Ferne. „Wissen Sie, was für mich das Schlimmste war? Dass die Entlassung nicht nötig gewesen wäre. Jahre später habe ich herausgefunden, dass die Firma einfach nur schlecht gemanagt wurde. Nach dem Tod meiner Eltern habe ich mir geschworen, niemals für jemand anderen zu arbeiten. Niemals würde ich zulassen, dass ein anderer Mensch mein Schicksal bestimmen kann.“
Plötzlich begriff Polly, warum er so ein kompromissloser Geschäftsmann geworden war. Nicht nur er hatte sie ungerecht beurteilt – auch ihre Meinung über Damon war falsch gewesen.
„Sie haben sich nach dem Tod Ihrer Eltern um Ihre Schwester gekümmert“, sagte sie leise.
„Sie war sechs, ich sechzehn. Ich konnte damals nicht viel, aber von Computern verstand ich etwas.“ Damon lächelte schmal. „Meine Vorliebe fürs Hacken hat mich in der Schule ständig in Schwierigkeiten gebracht. Als ich dann für Arianna sorgen musste, habe ich meine Fähigkeiten genutzt und eine Analysesoftware entwickelt, die jede Firma wollte.“ Er zuckte seine breiten Schultern. „Ich hatte Glück: richtige Zeit, richtiger Ort.“
„Aber Sie arbeiten heute nicht in der Computerbranche.“
„Das ist noch etwas, was ich gelernt habe: Vielseitigkeit. Es ist immer gut, ein zweites Standbein zu haben.“
Polly fühlte einen scharfen Stich im Magen. Selbst ohne Eltern waren Damon und Arianna eine Familie gewesen. Alles, was er erreicht hatte, hatte er für sie getan. Seit dem Tod ihrer Eltern war es das Wichtigste für ihn gewesen, Arianna zu beschützen.
Sie versuchte, ihre Traurigkeit zu verbergen. „Es muss hart gewesen sein, beide Eltern auf diese Weise zu verlieren.“
„So etwas passiert. Das Leben kann hart sein.“ Er wandte sich zu ihr um. „Was ist mit Ihrer Mutter passiert? War sie Exehefrau Nummer eins?“
„Sie hat uns verlassen, bevor ich laufen konnte. Ein Baby war ihr zu viel Arbeit. Mein Vater ist nicht gern allein. Sobald eine Beziehung in die Brüche geht, sucht er sich die nächste Frau.“
„Hatte er schon früher eine Vorliebe für jüngere Frauen?“
Polly hörte die Verachtung in seiner Stimme. Wie schon so oft in ihrem Leben, schämte sie sich für ihren Vater. „Meistens“, erwiderte sie tonlos.
„Ist Ihnen das nicht peinlich?“
Polly war es gewohnt, ihre Gefühle zu verstecken und ihren Vater zu verteidigen, doch nachdem Damon so ehrlich zu ihr gewesen war, konnte sie nicht länger lügen. „Ich finde es entsetzlich!“, platzte sie heraus.
Er atmete tief aus. „Also billigen Sie sein Verhältnis mit Arianna auch nicht.“ Er hörte sich seltsam erleichtert an.
Polly schüttelte langsam den Kopf. „Nein, so ist es nicht. Ich finde die Beziehung peinlich, aber ich bin nicht dagegen.“ Sie suchte nach Worten. Plötzlich war es ihr wichtig, dass er sie nicht missverstand. „Ich meine, er ist mein Vater, und ich will, dass er glücklich ist. Wollen Sie das nicht auch für Arianna?“
„Natürlich! Darum bin ich ja auch gegen diese Beziehung!“
„Ich denke, dass jede Beziehung kompliziert ist, jede auf ihre Weise, und ich bin nicht sicher, dass ein großer Altersabstand dabei einen Unterschied macht.“
„Seien Sie ehrlich, Polly! Was denken Sie, wenn Sie einen alternden Mann und ein junges Mädchen zusammen sehen? Ist Ihr erster Gedanke, dass die beiden eine tiefe Liebe aufgrund ihrer inneren Werte verbindet?“
Polly biss auf ihre Unterlippe. Konnte sie Damon anvertrauen, dass ihr Beziehungen an sich Angst einjagten? Nach allem, was sie in ihrem Leben bisher mitbekommen hatte, schienen sie die Menschen eher zu ruinieren, als glücklich zu machen.
Sie seufzte. „Wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert, Damon. Beziehungen sind nicht mehr den starren Traditionen unserer Großeltern unterworfen. Wieso kümmert es Sie mit Ihrem Geld und in Ihrer Position, was die Leute denken?“
Weil er ein stolzer Mann ist! beantwortete sie sich ihre Frage sofort selbst. Er war Grieche, und die Familie war für ihn das Wichtigste.
„Die Meinung anderer Leute interessiert mich nicht“, gab er grimmig
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