Paris - Stadt der Sehnsucht
darüber hinweg.“
Damon konnte seinen Blick nicht von dem bezaubernden Grübchen in ihrer Wange lösen. Plötzlich sehnte er sich nur noch danach, Polly wieder in sein Bett zu tragen und zu lieben. Wo war seine berühmte Selbstbeherrschung geblieben?
„Das muss damals eine harte Zeit für dich gewesen sein“, brachte er heiser heraus. „Und zu allem Überfluss tauche ich nach all den Jahren plötzlich wieder auf und übernehme die Firma deines Vaters.“
Und mache alles noch viel schlimmer, wenn ich sage, dass unsere Nacht eine einmalige Sache war, ergänzte er im Stillen.
„Du machst dir Sorgen um deine Schwester.“ Polly reckte sich und gähnte. „Arianna kann glücklich sein, dass sie einen Bruder wie dich hat. Vielleicht übertreibst du es manchmal ein bisschen, aber du liebst sie, und du kümmerst dich um sie. Das ist das Wichtigste.“
Damon riss seinen Blick von ihren schlanken Armen los. Viel zu genau erinnerte er sich, wie sie diese Arme um ihn geschlungen hatte. „Ich übertreibe?“
„Na ja, du bist sehr bestimmend“, erklärte Polly. „Darum versucht Arianna, immer wieder zu rebellieren. Aber mach dir keine Sorgen. Diesen Fehler begehen viele Eltern, und du bist ja nicht einmal ihr Vater.“
In ihren Augen lag Bewunderung, als sie leise fortfuhr: „Ich weiß nicht, wie du das geschafft hast. Ich habe noch nie einen Sechzehnjährigen getroffen, der auch nur in der Lage gewesen wäre, für sich selbst zu sorgen, geschweige denn, für jemand anderen. Mein Vater, der ja deutlich älter ist als du, ist völlig durchgedreht, als meine Mutter ihn mit mir alleingelassen hat. Nicht, dass ich mich daran erinnern könnte – ich war damals erst zwei.“
Sie machte eine kurze Pause. „Doch ich weiß noch, dass wir irgendwann später zusammen darüber gelacht haben, wie überfordert und hilflos er sich gefühlt hat. Ich musste zwar nicht gerade meine eigenen Windeln wechseln, aber ich habe schon ziemlich früh gelernt, für mich selbst zu sorgen. Und manchmal auch für Dad.“
Damon war entsetzt. Wie konnten Eltern so durch und durch egoistisch sein? „Wie lange hat es gedauert, bis dein Vater zum ersten Mal wieder geheiratet hat?“
„Vom Gefühl her würde ich sagen: fünf Minuten.“ Polly zuckte die Schultern. „Dad kann nicht gut allein sein. Sobald eine Beziehung zerbricht, sucht er sich die nächste. Früher habe ich nie viel darüber nachgedacht.“
Damon konnte nicht mit ansehen, wie sie tapfer zu lächeln versuchte, obwohl in ihren Augen eine große Traurigkeit lag. Plötzlich verabscheute er sich selbst. Abrupt wandte er sich ab und sah hinunter auf die Straße. „Du bist sehr klug. Wieso hast du nie studiert?“
Als Polly schwieg, drehte er sich langsam wieder zu ihr um. Schnell verzog sie ihr Gesicht zu einem Lächeln, doch ihre Augen schimmerten verdächtig. „Nach der Schule bin ich meist in die Agentur gegangen. Es war schöner, als allein in unserem leeren Haus zu sitzen. Unsere Belegschaft ist wie eine Familie für mich geworden.“
Sie lächelte bei der Erinnerung. „Manchmal habe ich mit Doris Cooper die Post sortiert, oder Mr Foster hat mir bei den Mathematikhausaufgaben geholfen. Als ich achtzehn wurde, habe ich gemerkt, dass die Firma völlig heruntergewirtschaftet ist. Ich habe einfach versucht zu helfen, so wie mir früher alle geholfen haben.“
„Ich habe gehört, dein Mr Foster hat Schwierigkeiten, sich mit der neuen Technologie zurechtzufinden.“
„Weil der Vorstand nie in seine Fortbildung investiert hat!“, fuhr Polly auf. „Ich habe versucht, ihm mit der Software zu helfen. Ohne ihn wäre ich in Mathematik nie so gut zurechtgekommen. Aber ich habe einfach nicht genug Zeit.“
„Das kann ich mir vorstellen, wenn du ganz allein eine große Firma leitest“, erwiderte Damon trocken.
„Mach dich nicht über mich lustig!“
„Das tue ich nicht.“
„Wäre ich für die Firma verantwortlich, hätte ich keine gute Arbeit geleistet, nicht wahr?“, entgegnete Polly düster. „Ich habe es nicht geschafft, auch nur einen einzigen Arbeitsplatz zu sichern.“
„Theé mou!“ , seufzte Damon. „Wenn ich dir verspreche, niemanden zu entlassen, können wir dann für fünf Minuten über etwas anderes als die Arbeit reden?“ Er fuhr sich mit beiden Händen durch seine Locken. Wie war es möglich, dass ihm das Gespräch so gründlich entglitten war?
„Polly …“ Plötzlich war sein Mund trocken, und er schluckte. „Wir müssen darüber reden, wie
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