Partials 1 – Aufbruch
einem hungrigen
Dschungel.
Auf einer Kreuzung stießen sie auf verkohlte Autos, die vor langer
Zeit ausgebrannt waren. Diese Stadt war erheblich größer als East Meadow,
dichter besiedelt und stärker bevölkert als alle anderen Orte, die Kira bei
ihren Bergungseinsätzen und anderen Fahrten je gesehen hatte. Der Teil der
Insel, der östlich von East Meadow lag, hatte sich dem RM -Virus
mit Würde unterworfen. Die Familien hatten sich versammelt und waren still in
den Häusern gestorben. Die Vororte von Manhattan hatten sich dagegen verbissen
gewehrt und sich gegenseitig zerfleischt, als sie keinen Feind gefunden hatten,
den sie bekämpfen konnten. Man sah die Spuren in der Stadt, die nun leer war.
Kira war im Schatten des Nassau Hospital aufgewachsen. Es war das
größte Gebäude in East Meadow, und sie hatte angenommen, es sei auch das
höchste der Welt. Die ferne Skyline von Manhattan zerstörte diese Illusion, sobald
sie Brooklyn erreichten. Die Straße verlief fast schnurgerade nach Nordosten.
Jayden zückte jedoch eine neue Karte und lotste Haru im Zickzack weiter.
Manchmal blieben sie auf Durchgangsstraßen, manchmal mussten sie lange Umwege
einschlagen. Nach einigen Kilometern hielten sie auf einem verwilderten
Friedhof an und tränkten die Pferde in einem Teich. Währenddessen banden Yoon
und Dreckig dicke Bündel alter T -Shirts um die Hufe
der Pferde, um die Geräusche zu dämpfen. In der Ferne wagte sich eine
Antilopenfamilie zwischen den Bäumen hervor. Die Tiere waren hübsch gestreift
und hatten zierlich gewundene Hörner. Sie knabberten an den grünen Gräsern, die
zwischen den Grabsteinen sprossen, dann sprangen sie im Gleichtakt davon und
flohen in wilder Verzweiflung. Ein tiefschwarzer Fleck folgte ihnen.
»Ein Panther«, erklärte Yoon.
Kira zog das Gewehr näher zu sich heran. »Gut zu wissen.«
»Panther jagen gewöhnlich in der Nacht«, meinte Yoon. »Das erfüllt
mich nicht gerade mit Zuversicht.«
Sie stiegen wieder auf den Wagen und fuhren weiter, Jayden wies
ihnen mithilfe der von Hand gezeichneten Karte den komplizierten Weg. Je näher
sie dem Fluss kamen, desto größer wurden die Gebäude. Am Nachmittag hielten sie
im Schatten eines dreißigstöckigen Wohnhauses an und warteten fast eine Stunde,
während Jayden um die Ecke spähte. Dünn huschte neben ihm in ein Gebäude,
Dreckig verschwand hinter einer Autoschlange. Kira beugte sich zu Haru hinüber.
»Was haben sie vor?«
»Am Ende der Straße steht ein Wachturm«, flüsterte Haru. »Zwei Mann
und ein Funkgerät. Sie beobachten die Grenze auf Bewegungen der Partials.
Ausweichen können wir nicht, also warten wir.«
»Worauf denn?«
»Früher oder später muss jeder mal pinkeln.«
»Ehrlich?«, staunte Kira. Sie spähte vorsichtig um die Ecke,
entdeckte aber nichts. »Ich kann ihn nicht erkennen.«
»Das ist ja der Trick.« Haru zog sie zurück. »Wir wissen, wohin wir
blicken müssen. Jayden behält ihn im Auge. Sobald er sich bewegt, fahren wir weiter.«
»Und dann entdeckt uns sein Partner«, erwiderte Kira. »Wenn das so
einfach ist, wie ihr es darstellt, kommt hier doch jeder durch.«
»Wir tun nur so, als wäre es einfach«, erklärte Jayden. Er lag
hinter einem Auto und hatte das Fernglas auf ein Dreibein geschraubt. »Wir sind
einfach so verdammt gut in unseren Jobs.«
»Selbst der aufmerksamste Wachtposten wird nachlässig, wenn er ein
Jahrzehnt lang nichts bemerkt«, ergänzte Haru. »Höchstwahrscheinlich schläft
sein Partner, nachdem er die Nachtwache übernommen hat. Sei geduldig, aber
bereit loszulaufen, sobald wir das Signal geben.«
Kira setzte sich auf den Bordstein und betrachtete die Hochhäuser in
der Nähe. Hier und dort strich eine verwilderte Hauskatze durch den Schutt oder
beobachtete sie von einer Fensterbank aus. Die Minuten dehnten sich endlos, und
am Grund der Schlucht aus Stahl und Beton konnte Kira nicht abschätzen, wie
viel Zeit wirklich vergangen war. Irgendwann warf sie Kiesbröckchen und
versuchte, ein offenes Autofenster auf der anderen Straßenseite zu treffen,
doch mit einer raschen Geste seiner riesigen Hand befahl ihr Gabe, still zu
sein.
»Die Wachtposten können es wahrscheinlich weder sehen noch hören,
trotzdem sollten wir vorsichtig sein.«
Kira lächelte verlegen. »Ja, tut mir leid. Ist klar.« Auf einmal
bemerkte sie am anderen Ende der Straße eine Bewegung. Es war Dreckig, der
hinter einer halb zerfallenen Mauer stand und ihnen winkte.
»Wie ist er da
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