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Partials 1 – Aufbruch

Partials 1 – Aufbruch

Titel: Partials 1 – Aufbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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klein genug für Infanteristen. Wenn du etwas als
klein bezeichnest, musst du eben an den Maßstab und an das Original denken.«
    »Dann bist du ein wandelnder Panzer.« Kira pfiff leise, als Gabe
sich neben Yoon niederließ. »Ich muss mir merken, dich nicht Kleiner zu nennen.«
    »Los jetzt!«, befahl Haru. Yoon ließ die Pferde laufen, und der
Wagen setzte sich mit einem Ruck in Bewegung. Kira fasste die Brücke ins Auge,
der sie sich näherten, und ließ immer wieder den Blick über die Gebäude schweifen,
an denen sie vorbeikamen. Die Straße war breit, überall gab es Parkplätze und
geplünderte Läden. Wo Seitenstraßen einmündeten, blieben zwischen den
Fahrspuren dreieckige Rasenflächen frei, auf denen kleine Bäume wuchsen. Als
sie das letzte Gebäude an der Ecke erreichten, sah Kira sich nervös um, weil
sie jeden Augenblick mit einem Hinterhalt rechnete, entdeckte jedoch nichts
außer geborstenen Schaufenstern und rostenden Autos.
    Der Wagen rumpelte weiter, die Hufe klapperten auf dem rissigen
Asphalt. Schließlich erreichten sie die Rampe vor der Brücke. Nach links und
rechts erstreckte sich der schmale Meeresarm, und dann fuhren sie völlig
ungeschützt über die Brücke, auf jeder Seite mehrere Hundert Meter offenes
Gelände und keine Gebäude oder andere Deckungsmöglichkeiten in der Nähe. Sie
war im Zentrum der Insel aufgewachsen, wo es immer irgendeinen Schutz in der
Nähe gab. Das brachte eigene Gefahren mit sich, doch sie hatte gelernt, damit
zu leben – Löcher, in denen sich Banditen oder Tiere versteckten, Mauern, die
einstürzten, wenn man nicht aufpasste, Metalldornen und Glasscherben und
hundert andere Gefahrenquellen. Sie kannte sie und war daran gewöhnt. Aber hier
draußen zu sein, weit entfernt von allem Vertrauten, ohne jeden Schutz und ohne
Deckung – es gab nicht einmal eine kleine Wand, an die man sich anlehnen konnte –, hier hatte sie das Gefühl, die Welt sei eine einsame, leere Gegend.
    Der Küstenstreifen auf der anderen Seite sah – falls das überhaupt
möglich war – noch schlimmer aus. Getrieben von einem salzig schmeckenden Wind,
schwappten graue Wellen mit Schaumkronen an den Strand. Von der Nordseite aus
war die Hauptinsel zu sehen, im Süden erstreckte sich das flache, endlose,
konturlose Meer, so weit das Auge reichte. Kira hatte oft von der Welt jenseits
der Insel geträumt, von den Ruinen und Wundern, die es dort zu entdecken gab,
auch von Gefahren und Verlassenheit. Hier war die Welt ein riesiges graues
Nichts. Halb verschüttet lag ein toter Hund im Sand, befleckt mit altem braunem
Blut und übersät mit weißen Maden. Sie richtete den Blick auf die Straße und
bemühte sich, ihn nicht abzuwenden.
    Falls in Long Beach Menschen lebten, dann hielten sie sich
verborgen. Ohne Zwischenfall rollte der Wagen zu einer weiteren Brücke am
westlichen Ende. Dort kehrten sie auf die Hauptinsel zurück, umrundeten eine
versumpfte weite Bucht und fuhren durch eine weitere verlassene Stadt nach
Westen. Hier begann der Strand viel näher an der Straße, als es der Karte zu
entnehmen war. Aus Gründen, die sie selbst nicht genau benennen konnte, fand
Kira dies beunruhigend. Inzwischen waren alle Soldaten wach und passten im
verblassenden Licht genau auf. Jayden flüsterte Kira etwas zu.
    »Näher kommen wir nicht an den Flughafen heran. Diese Siedlung liegt
genau gegenüber, es sind nur fünf oder sechs Kilometer.«
    »Glaubst du, wir stoßen auf Banditen?«
    »Hast du das Gewehr?«
    Kira nickte und überprüfte die Kammer. Sie holte tief Luft, um sich
zu beruhigen. »Geladen und gesichert.«
    »Dann bist du auf jeden Fall bereit.«
    Kira schluckte und richtete die Waffe nach draußen, wie sie es in
der Ausbildung gelernt hatte: Die linke Hand stützte den Lauf, die rechte lag
am Griff, der Finger neben, aber nicht auf dem Abzug. Sie entsicherte das
Gewehr und beobachtete die vorbeiziehenden Gebäude. Es waren schöne Stadthäuser
mit hohen alten Bäumen auf den vorderen Wiesen. Wahrscheinlich hatte jedes
Gebäude vor dem Zusammenbruch mehrere Millionen Dollar gekostet. Jetzt waren
die Fenster und Türen geborsten, auf den Rasenflächen wucherte das Unkraut, und
die verrosteten Autos hockten wie riesige tote Insekten in den Zufahrten. Sie
kamen an einer Baumreihe vorbei, hinter der hohe Gebäude standen – ein altes
Strandhotel, das inzwischen wahrscheinlich halb überflutet war. In einem der
oberen Fenster bemerkte sie ein Glitzern – nur der Reflex auf einer

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