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Partitur des Todes

Partitur des Todes

Titel: Partitur des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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Kleinen einen Kaffee.»
    Dann erschien die Kleine im Türrahmen. Sie war gut eins achtzig groß und bekleidet nur mit einem Slip und einem nabelfreien, das viel zu eng war für ihre großen Brüste, die sich unter dem Stoff abzeichneten.Auf dem T-Shirt stand das Wort «Beach-Bunny».
    «Huuch», sagte sie, als sie Marthaler sah, «wen haben wir denn da?»
    Marthaler merkte, dass ihre erstaunte Reaktion mindestens zur Hälfte gespielt war.
    Er sagte seinen Namen. «Ich bin ein Schulfreund von Achim Morlang. Ich nehme an, er ist nicht zu Hause.»
    «Nee, scheint nich so.»
    «Dann würde ich gerne mit Ihnen sprechen.Aber Sie dürfen sich gerne vorher anziehen.»
    Die Frau gähnte. «Nich nötig», sagte sie. «Nur wer guckt, kann was sehen.»
    Marthaler wunderte sich, dass er keinerlei Scheu hatte, die halbnackte Frau anzuschauen. Sie hatte blondgefärbtes Haar, das ihr bis zu den Oberarmen reichte.Anscheinend hatte sie es nicht mehr geschafft, sichvor dem Zubettgehen abzuschminken. Wimperntusche und Lippenstift waren verschmiert. Sie wirkte müde und verkatert. Trotzdem hätte er aus dem Stand ein halbes Dutzend Kollegen nennen können, deren Schönheitsideal sie entsprach. Ihr Körper sah deutlich jünger aus als ihr Gesicht. Marthaler schätzte sie auf Mitte dreißig. Sie ist wie dieses Haus, dachte er, schön und verwahrlost zugleich.
    «Sind Sie Frau Morlang?»
    Sie öffnete den Mund und sah ihn an, als habe er gefragt, ob sie zum Frühstück gerne gebratene Warzenkröten esse. Der Hauptkommissar wiederholte seine Frage.
    «Mit Achim verheiratet? Ich?»
    Marthaler machte eine Handbewegung, als wolle er sagen: Sonst noch jemand hier?
    «Nee, bin ich nich», sagte sie. «Aber was nich is, kann ja noch werden.»
    Sie kicherte. Unvermittelt spitzte sie die Lippen und machte einen Kussmund. Es sah aus, als würde sie an einem Bonbon lutschen. Einen Moment starrte Marthaler sie an, bis er merkte,dass ihre Mimik nichts mit ihm zu tun hatte, dass es sich lediglich um einen Tick handelte.
    «Aber Sie haben einen Namen?»
    «Babs», sagte sie.
    Gott ja, dachte Marthaler, auch das noch. «Und weiter?»
    «Barbara Pavelic.»
    «Sie stammen nicht aus Deutschland?»
    «Doch.Aber mein Ex nich.»
    Marthaler erinnerte sich, dass sie vor Jahren einen Mann mit dem Namen Pavelic festgenommen hatten, weil er im Verdacht stand,junge Frauen vom Balkan nach Deutschland zu verschleppen.Auf einem dieser Transporte war ein achtzehnjähriges Mädchen im Laderaum eines Lkw gestorben. Obwohl sie alle von Pavelics Schuld überzeugt gewesen waren, hatten sie ihn am Ende wieder laufen lassen müssen. Die Beweise gegen ihn hatten nicht ausgereicht.
    «Wie lange sind Sie schon mit Morlang zusammen?»
    «Zu lang», sagte sie. «Fünf Jahre.» Sie streckte ihreArme in die Höhe, verschränkte die Hände über dem Kopf und streckte den Oberkörper. Wieder gähnte sie ausgiebig.
    «Sie arbeiten nachts?»
    «Von nix kommt nix.»
    «Darf ich nach Ihrem Beruf fragen?»
    «Tänzerin.»
    «Striptease?»
    Ihr Lachen ging in einen Husten über. «Seh ich nach klassischem Ballett aus?»
    Sie drehte ihm den Rücken zu und machte sich an der Kaffeemaschine zu schaffen. Ohne dazu aufgefordert worden zu sein, räumte Marthaler einen der Küchenstühle frei und setzte sich. Dann sah er, dass ihren Hintern auf beiden Seiten die Tätowierung einesAuges zierte. Das eineAuge war offen, das andere geschlossen.Als sie jetzt ihr Gewicht vom rechten aufs linke Bein verlagerte, hatte Marthaler den Eindruck, als würde ihr Hintern ihm zuzwinkern.
    «Sag einfach, was du willst, Bulle. Hat er was ausgefressen, hab ich was ausgefressen? Oder bist du scharf auf einen Freifick?»
    Marthaler ignorierte ihre Fragen. «Wie kommen Sie darauf, dass ich Polizist bin?»
    Während die Kaffeemaschine anfing zu arbeiten, öffnete Barbara Pavelic die Tür des Hängeschranks, nahm eine Schachtel Zigaretten und ein Plastikfeuerzeug heraus, dann kam sie zum Tisch und setzte sich Marthaler gegenüber. Sie schlug die Beine übereinander; einer ihrer Füße berührte sein Hosenbein. Erschrocken zuckte er zurück. Sie lächelte ihn herausfordernd an. Verwirrt wich er ihrem Blick aus und schaute auf ihren nackten Fuß. Der rote Lack auf den Zehennägeln war nur noch inAnsätzen zu erkennen.
    Sie zündete sich eine Zigarette an, nahm einen tiefen Zug, erst dann gab sieAntwort: «Weil du aussiehst wie ein Bulle, weil du riechst wie ein Bulle und weil du fragst wie ein Bulle. Von wegen

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