Partitur des Todes
einer Hand unter ihr T-Shirt und kratzte sich zwischen den Brüsten.
«Es ging um eine Frau. Er wollte sich mit einer Frau treffen, mit einer Französin.»
«Was wollte er von ihr?»
«Mehr weiß ich nich, und ich bin froh, dass ich nich mehr weiß.»
«Hat Morlang ein Notizbuch geführt? Hat er irgendwo Adressen, Telefonnummern und Termine notiert? Gibt es einen Computer im Haus? Hat er Mails geschrieben? Wir müssen herausfinden, wer die Frau war, mit der er sich getroffen hat oder die er treffen wollte.»
«Er hat ein Büro… oben!», sagte sie.
Marthaler überlegte, ob er sich das Büro ansehen sollte.Aber wenn es dort oben genauso aussah wie hier in der Küche, würde erStunden brauchen, bis er alles untersucht hatte. Er würde stattdessen Walter Schilling benachrichtigen und ihn bitten, zwei seiner Leute vorbeizuschicken.
Er sah Barbara Pavelic an. «Würden Sie mir verraten, warum Sie mit Morlang zusammen waren? Sie haben ihn einen Stinker genannt; sein Tod scheint Ihnen egal zu sein. Warum haben Sie sich nicht längst von ihm getrennt?»
Die Tänzerin schloss kurz dieAugen. Sie schien zu bezweifeln, dass ein Polizist inder Lage war, ihre Erklärung zu verstehen.Trotzdem antwortete sie.
«Eine wie ich hat nur die Wahl zwischen kleinen Stinkernund großen Stinkern», sagte sie. «Achim war nurein kleiner. Und er hat mich vergöttert. Jedenfalls hat er meine Titten vergöttert. Er hat mich nich geschlagen. Er hat mich bei sich wohnen lassen. Wenn er Geld hatte, war er großzügig. Und er hat eine Lebensversicherung auf mich abgeschlossen.»
«Eine Lebensversicherung zu Ihren Gunsten?»
«Ja, und ich frag mich schon die ganze Zeit, ob ich das Geld auch kriege, jetzt, wo er nich einfach gestorben ist, sondern umgelegt wurde.»
Marthaler wusste es nicht. «Jedenfalls wird es dauern, bis das entschieden ist. Wem gehört eigentlich dieses Haus?»
«Ihm», sagte sie. «Er hat es von einer Tante geerbt.»
«Und wer wird es jetzt bekommen?»
«Wahrscheinlich ich. Jedenfalls hat er das gesagt. Seine Eltern sind tot, und Geschwister hatte er keine.»
Marthaler stand auf. «Ziehen Sie sich bitte an», sagte er. «Und packen Sie ein paar Sachen. Denken Sie an Geld und Ausweispapiere. Ich bin gleich zurück.»
«He, was soll das? Willst du mich…?»
Er ging an ihr vorbei. «Tun Sie einfach, was ich Ihnen sage. In zwei Minuten bin ich wieder da.»
Sie riefihm etwas nach, aber er ignorierte sie.Als er durch den Hof lief, hörte er, dass der Hund immer noch bellte. Er schloss den Kofferraum des Dienstwagens auf und nahm das Siegelband heraus. Dann ging er zum Haus und wartete.
Fünf Minuten später kam sie heraus. In der Hand hielt sie eine kleine Reisetasche.Sie hatte eine Jeans und eine Bluse übergezogen.An den Füßen trug sie ein Paar zerschlissene Turnschuhe.
«Was soll die Scheiße? Willst du mich verhaften? Ich hab nix mit dem Mord zu tun.»
«Nein,ich will Sie nicht verhaften.Aber ich muss das Haus versiegeln, bis wir es durchsucht haben.»
«Und wie lange soll das dauern?»
«Geben Sie mir den Schlüssel», sagte Marthaler. «Gibt es noch einen zweiten Eingang?»
Sie verneinte. Er verriegelte die Haustür und klebte ein Stück Siegelband über Schloss und Rahmen. Dann steckte er den Hausschlüssel ein. Er hielt Barbara Pavelic seine Visitenkarte hin.Als sie keine Anstalten machte, sie entgegenzunehmen, legte er sie auf die Treppenstufen.
«Und wo soll ich hin, du Stinker?», fauchte sie ihn an.
«Das weiß ich nicht», sagte Marthaler. «Sie können michmorgen anrufen, dann werde ich Ihnen sagen, ob wir mit unsererArbeit imHaus fertig sind oder nicht. Vielleicht kennen Sie jemanden hier im Ort, wo Sie so lange unterschlüpfen können. Wenn Sie wollen, kann ich Sie aber auch mit in die Stadt nehmen.»
«AmArsch die Räuber», sagte sie und zog ihr Handy hervor. «Lieber ruf ich mir ein Taxi.»
Jetzt war es Marthaler, der sie angrinste. «Wissen Sie was, ich glaube, Sie sind nur halb so ordinär, wie Sie gerne wirken möchten.»
Sie schaute ihn an. Für einen Moment hatte er sie aus der Fassung gebracht. Dann schüttelte sie den Kopf und sah zu Boden: «Tu mir einen Gefallen und verpiss dich», sagte sie leise.
Marthaler nickte. Dann ließ er sie stehen.Als er am Fuß der Treppe angelangt war, drehte er sich noch einmal um: «Und kümmernSie sich um den Hund», sagte er. «Sonst lasse ich ihn abholen und ins Tierheim bringen.»
Dreizehn
An dem kleinen Blumengeschäft, wo
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