Partnerschaft und Babykrise
zu überbrücken, sondern sie zu nutzen, um der Beziehung besonderen Glanz zu verleihen.
In der Entwicklungspsychologie sprechen wir von Triangulierung , um zu verdeutlichen, dass ein Kind unterschiedliche Einstellungen zu zwei Eltern aufbaut. Auf diese Weise erweitert sich das zweipolige Geschehen in einem Paar – Mutter-Kind, Mann-Frau, Zwilling-Zwilling – zu einem Dreieck.
Die Triangulierung stellt ein Paar vor Probleme, wenn die Partnerbeziehung stark symbiotisch getönt ist, weil sie traumatische Erfahrungen ausgleichen soll. In diesen Fällen gelingt es nicht, den dritten Pol im Kraftfeld als Bereicherung/ Entlastung zu erleben. Er wird als Versuch aufgefasst, Übermacht herzustellen, eigene Interessen auszulöschen.
Leos Mutter stellt solche Ansprüche an ihren Partner. Er soll die Erziehung ganz genau so sehen wie sie selbst; sie kann
seine laxere Haltung nicht als wertvolle Ergänzung ihrer eigenen Haltungen sehen, sondern sieht nur, dass der Vater nicht ernst nimmt, was sie gut machen will. Sie fühlt sich nicht gleichwertig, sondern auf seine Anerkennung angewiesen, kann das allerdings nicht eingestehen, sondern versucht, ihr Anerkennungsdefizit dadurch zu beheben, dass sie ihm ein Versagen in den auf ihn projizierten pädagogischen Ansprüchen unterstellt.
Ein Kind kann zum Resonanzboden bisher unbemerkter Wert- und Geltungsunterschiede in einer Beziehung werden. Ein Baby wird diese Dynamik noch nicht so mitgestalten wie das Kleinkind, das Rivalität aus eigenem Erleben kennt und versuchen wird, sich taktische Vorteile zu erschließen, wenn ein Elternteil erlaubt, was der andere verbietet.
In dieser Situation wird die Bindung der Eltern aneinander auf die Probe gestellt. Stabilität und eine intakte Kränkungsverarbeitung geben den Ausschlag, ob sie spielerisch und humorvoll die Triangulierungen durchspielen können oder sich entweder vom Partner oder vom Kind verraten fühlen.
Ob in einem Paar die Triangulierung als Erleichterung der gemeinsamen Aufgabe erlebt wird oder als zusätzliche Last, entscheidet darüber, ob die Krisen gemeistert werden können, in denen das Kind als (umkämpfter) Bundesgenosse mitzuspielen beginnt. Es ist trivial, von Eltern Einigkeit zu erwarten. Hilfreicher erscheint mir Distanz zum Perfektionismus
und Toleranz für kleine Abweichungen, welche die Lebensqualität unter widrigen Umständen beleben.
Einigkeit ist angesichts der spontanen Qualitäten menschlicher Bedürfnisse weder immer möglich noch in jeder Situation wünschenswert. Wenn die Eltern keine vorher abgesprochene Haltung haben oder diese trotz der Absprache verlieren, belastet das die Familie längst nicht so wie ein daraus erwachsender Entwertungskonflikt. Solange sie wieder zusammenfinden und es weder einander noch dem Kind als Bosheit anrechnen, bereiten sie sich selbst, ihre Töchter und Söhne auf die vielfältigen Möglichkeiten des Lebens vor.
Sobald die Triangulierung einsetzt, werden wechselnde Bündnisse und geteilte Loyalitäten möglich. Der oder die Dritte können sich in den Konflikt zwischen zweien einmischen oder Abstand halten. So kann Unabhängigkeit erprobt werden, ohne dass Rückhalt verloren geht. Das Kind kann sich von einem Elternteil distanzieren und bleibt doch nicht ohne Schutz. Dadurch entstehen innere Räume, in denen es dem Kind möglich wird, sich selbst Geschichten zu erzählen und damit vertraut zu machen, dass verschiedene Menschen die gleiche Situation ganz unterschiedlich wahrnehmen.
Diese Räume fehlen, wo von Anfang an klar ist, dass ein Elternteil ausschließlich als strafende Instanz präsent ist. Eine solche Kindheitssituation lässt sich oft bei Personen beobachten, die in ihren Beziehungen zu etwas neigen, das sich als blinder Aktionismus beschreiben lässt. Sie können nicht mit ihrem Partner kommunizieren, um die Beziehung befriedigender zu gestalten. Beziehungen sind für sie entweder richtig oder falsch.
Der Ehemann kommt aus einer durch den Alkoholismus des Vaters zerrütteten Ehe; die Mutter war sein einziger Halt. Er strengt sich sehr an, ein guter, fürsorglicher Partner zu sein, ist aber nach der Geburt eines Sohnes mehr und mehr davon enttäuscht, dass seine Ehefrau nicht aufmerksam genug für seine Bedürfnisse ist. Er zieht sich von ihr zurück, schläft nur noch mit ihr, wenn sie ihn verführt und kann nicht mit ihr darüber sprechen, warum er sich so verhält. Schließlich erklärt er ihr, er müsse allein in Urlaub fahren, um zu sich selbst zu
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