Party Girl - Roman
schön!«, rief Fernanda aus der Küche.
Ihre Mutter war sofort am Telefon
»Hallo Mama«, flüsterte Mona. »Wie geht’s?«
Charlotte lachte. »Gut geht’s mir. Ich vermisse dich! Was machst du so, mein Schatz? Wie war die Mathearbeit?«
»Mama?«
»Ja, Maus?« Plötzlich war Charlotte alarmiert. »Ist etwas mit dir?«
»Nein, nicht wirklich«, sagte Mona und merkte, wie ihre Stimme schwankte.
»Was heißt denn, nicht wirklich?«
»Wann kommst du nach Hause, Mama?«, fragte Mona. »Wann kommst du zurück?«
Charlotte holte tief Luft. »Was ist denn?«, fragte sie voller Sorge. »Ist irgendetwas passiert? Red mit mir, Schatz! Du klingst so komisch. Soll ich früher kommen? Brauchst du mich?«
»Ginge das denn, Mama?«
»Ja sicher, Schatz. Aber sag mir um Himmels willen erst, was passiert ist.«
Mona merkte, wie ihr die Tränen kamen. »Es ist okay, be stimmt. Es ist nichts, worüber du dir Sorgen machen müsstest. Ich möchte nur nicht so viel allein sein, das ist alles. Kann ich Fernanda fragen, ob sie hierbleibt, bis du kommst?«
Einen Augenblick war es still in der Leitung. Dann sagte ihre Mutter: »Ich bin heute Abend da. Versprochen. Ich lass mir sofort einen Flug buchen. Aber bitte – sag mir, was passiert ist.«
»Nichts, Mama.« Sie zögerte. »Nichts, was nicht bis heute Abend warten kann.«
Die Stimme ihrer Mutter wurde energisch. »Okay, du rührst dich nicht aus der Wohnung. Egal, was geschehen ist – Mona, wir kommen damit klar, okay? Hörst du, Mo-na? Es wird alles gut! Ich komme nach Hause, du erzählst mir alles und dann bringen wir es in Ordnung.«
»Ja, Mama.«
»Ich hab dich lieb, Mona.«
»Ich dich auch, Mama.«
Sie drückte die rote Taste.
Mona hatte mit einem Mal das Gefühl, als sei ihr eine Zentnerlast von den Schultern genommen worden. Sie konnte wieder klarer denken, wurde nicht mehr so sehr von dieser schrecklichen Angst gelähmt. Ihre Mutter kam nach Hause, hielt zu ihr, egal, was passierte. Das war die Hauptsa che.
Sie holte tief Luft. Plötzlich war sie ganz kribbelig. Es gab da noch etwas, das sie erledigen musste, bevor Charlotte kam. Etwas, das sie ohne fremde Hilfe schaffen wollte. Das war sie sich schuldig. Das war sie den anderen schuldig.
Sie packte ihre Schwimmklamotten in die Sporttasche, holte die Pillendosen aus der Schachtel mit CDs und ver steckte sie zwischen ihrem Badeanzug in der Tasche. In einer Stunde fing ihr Schwimmtraining in der Olympia-Halle an.
Dann griff sie abermals zum Telefon. Diesmal fiel ihr der Anruf so schwer wie noch nie etwas in ihrem ganzen Leben.
Eine Viertelstunde später rannte sie zum Küchenschrank und zog, während sie mit ihrem Körper den Schrank ver deckte, Mirkos Rucksack hinter den Küchenhandtüchern raus.
»Mama kommt schon heute Abend nach Hause«, sagte Mona, während sie ungeschickt den Rucksack hinter ihrem Rücken verbarg. »Und sie lässt fragen, ob du so lange bei mir bleiben kannst. Ich muss nur noch mal kurz weg. Kannst du alleine essen?« Sie gab Fernanda einen Kuss.
»Was ist los? Was hast du da?«, rief Fernanda ihr argwöh nisch hinterher. Aber da fiel die Wohnungstür schon ins Schloss.
Eine Sekunde blieb Mona im Treppenhaus stehen und lauschte nach oben, während sie die Pillendosen aus ihrer Sporttasche in Mirkos Rucksack umpackte.
Sie wünschte sich, Dominik würde in diesem Augenblick auch aus seiner Wohnung kommen und sie hier auf der Treppe treffen. Sie wünschte, er würde sie anlächeln und sie könnten ein paar Sätze miteinander reden, über irgendet was Belangloses, über Musik, Sport, irgendwas. Nur damit ihr Herz aufhörte, wie wild zu klopfen.
Aber oben öffnete sich keine Tür, und als sie im Parterre ankam, war auch sein Fahrrad nicht da.
Solche schönen Zufälle, dass man sich unvermutet im entscheidenden Augenblick trifft, um sich gegenseitig Mut zu machen oder sich in die Arme zu fallen und sich zu sa gen, dass man sich liebt, passieren nur im Film.
Das echte Leben ist ganz anders.
Im echten Leben geht man auf die Straße und da fällt ei nem wieder ein, wie man Susi eben in die Arztpraxis ge bracht hat, dieselbe Susi, die gefragt hat: »Hast du ihn ge fickt?«
Und dann rennt man los zur U-Bahn-Station. Und keiner dreht sich nach einem um. Kein Hahn kräht.
14. Kapitel
In der U-Bahn saß Mona kerzengerade, die Sporttasche auf dem Schoß wie ein Ding, das man umarmt. Über ihrer lin ken Schulter hing Mirkos Rucksack.
Ihre Augen waren überall gleichzeitig. Sie hatte
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