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Pas de deux

Pas de deux

Titel: Pas de deux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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bestens, und zwei Mädchen in hautengen Keilhosen hüpften auf die Tanzfläche, um sich zu mir zu gesellen – muß ich noch mehr sagen?!
    Kaum war ich wieder bei Puste, blickte ich mich nach Edith und dem Kerl um. Einen Moment lang glaubte ich, sie seien verschwunden, und machte mir schon Sorgen, da erkannte ich, daß sie schlicht auf die Kissen gesunken waren und einander weiter mit den Augen verschlangen, wobei sie sich Gott weiß was erzählten. Ich hatte größte Lust, ihnen einen Eimer Wasser über den Kopf zu schütten. Verdammt und zugenäht! So was hatte ich noch nie gesehen, ein Typ, der ohne Punkt und Komma redete. Rezitierte er vielleicht die Bibel?!
    Plötzlich stellte ich regelrecht bestürzt fest, daß der Typ mit einer Strähne von Ediths Haar spielte und eine ihrer Locken um seinen Finger wickelte, als könnte ihn kein Wässerchen trüben.
    Ich überlegte nicht lange. Ich ballte die Fäuste und machte mich auf die Suche nach Georges.
    Er war von einer Menschentraube umgeben. Ich wartete, bis er seinen Diskurs über Bournonvilles Technik beendet hatte, dann zupfte ich ihn am Ärmel.
    »He … Was soll ich machen? Der Typ da hinten, bei Edith …«
    Er schenkte mir einen dümmlichen Blick. Dann drückte er mich an sich und nahm sein Gespräch wieder auf, um einem armen Schlingel, der Balanchine vorwarf, nicht mit den Russen umgehen zu können, das Maul zu stopfen. Wütend löste ich mich aus seiner schlaffen Umarmung. Auch ihn hätte ich erwürgen können.
    Meine beiden Tanzpartnerinnen wollten wissen, ob der reizende Junge bereit war, noch einmal loszulegen, aber ich schlug ihre Einladung aus, ich hatte wegen dieser Geschichte fast allen Schwung verloren. Ich war nicht eifersüchtig, ich war einfach platt. Ich hätte sehr gut darauf pfeifen und sie ihren Unfug treiben lassen können, um auf gut Glück links und rechts herumzuschnüffeln und alles aufzuschnappen, was sich zu sehen, hören oder mitzunehmen lohnte. Statt dessen – wahrscheinlich, weil sich irgendeiner wohl oder übel opfern mußte – beobachtete ich sie weiter und versuchte, ruhig Blut zu bewahren.
    Ich war mir nicht schlüssig, ob sie sich irgendwie geändert hatte oder ob das an diesem Schwachkopf lag, der blind genug war, einen Stuhl anzumachen. Ich glaubte durchaus imstande zu sein, etwas Neues an einem Mädchen wahrzunehmen, mit dem ich von morgens bis abends zusammen war. Kein noch so kleiner Pickel auf ihrer Nase wäre mir entgangen. Würde ihre Brust um einen Millimeter wachsen, ich wäre der erste, der es erführe. Also, was? Ich konnte mir nicht erklären, was los war, es sei denn, jemand hatte sie während meines Krankenhausaufenthalts mit einem Zauberstab berührt – und selbst, wenn dem so war, den Unterschied hätte man mir erst mal zeigen müssen! Edith in den Armen eines Jungen, das war, als stellte ich mir vor, wir liefen auf Händen.
    Sie war mager, schlaksig, und Georges hatte die Hoffnung aufgegeben, eine Tänzerin aus ihr zu machen, denn meistens hatte man den Eindruck, sie habe Holzstücke verschluckt. Sie war alles andere als graziös. Sie war spröde und heftig. Sie hatte nichts Weiches an sich. Wenn wir in der Schule waren, verdrosch sie die Jungen, und nur wenige wagten es, sich mit ihr anzulegen. Sie war eher finster, schweigsam, ungesellig. Oli und ich waren die einzigen, die wußten, daß sie lächeln oder gerührt sein oder sich bei Sonnenschein freudig zitternd ins Gras legen konnte: Nur mit uns ließ sie sich gehen. Also, was war los??!
    Plötzlich ging mir ein Licht auf: Der Typ hatte sie mit Drogen vollgepumpt. Alex, ein Tänzer des Balletts, der Typ, der uns die Platten aus den USA besorgte – ihm verdankte ich auch die letzte, von ihm und Edith ausgesuchte Lieferung –, hatte mir eines Tages von allerlei Sachen erzählt, von Mädchen, die in einem Bordell im Mittleren Osten gelandet waren. Anscheinend gab man ihnen irgend etwas zu schlucken, und hätte man die Ärmsten danach aufgefordert, sich ins Wasser zu stürzen, sie wären schnurstracks darauf zugerannt, und ich muß zugeben, diese Geschichten hatten mich verdammt beeindruckt.
    »Nun denn, es ist höchste Zeit!« dachte ich schaudernd und schluckte meinen Speichel.
    Ich kannte einen, dem sie bald ganz schön zu Dank verpflichtet war, wenn ich mich nicht irrte.
    Im nächsten Augenblick hockte ich mich vor sie hin, ohne den kleinen Zuhälter, der seinen Lohn noch bekommen sollte, auch nur eines Blickes zu würdigen.
    »Edith … Fühlst du

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