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Pas de deux

Pas de deux

Titel: Pas de deux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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hätten. Ich weiß, ich hätte standhaft bleiben können, wenn ich gewollt hätte.
     
    Wie jeden Freitag hörten meine Kurse um ein Uhr auf. Mir blieb keine Zeit, etwas zu essen, denn eine Viertelstunde später mußte ich eine Klavierstunde geben. Ich hatte keine Zeit, zu Fuß nach Hause zu gehen, und ich fuhr mit dem Rad, um schneller zurück zu sein.
    Das Ganze ist nicht wegen meines Fahrrads passiert. Trotzdem habe ich das kleine Metallstück, das meinen Schlauch kaputtgemacht hat, einige Tage lang aufbewahrt. Ich habe es zwischen meinen Fingern gedreht, ohne es identifizieren zu können, habe es wieder und wieder betrachtet. Dann, an dem Tag, wo Edith aus Japan zurückkam, habe ich es weggeworfen.
    Kurz und gut, ich war in Eile, wenn ich freitags Saint-Vincent verließ. In Eile und ziemlich schlecht gelaunt. Nicht weil ich mein Mittagessen verpaßte, nein, meine Laune sank bei dem bloßen Gedanken, daß mich ein gewisser Marc-Cédric erwartete (ich brachte seinen Namen im übrigen nur mit größter Mühe über die Lippen und sprach ihn nur in Gegenwart seiner Mutter aus).
    Zudem war ich durcheinander wegen des Gesprächs, das ich am Vormittag mit meiner Mutter geführt hatte, ich war gereizt, weil sie Spaak nicht erreicht hatte, und besorgt, weil soviel Zeit verlorenging. Dennoch war das ein herrlicher Tag, blau und warm, der da unter den ersten Strahlen der Junisonne hervorkroch.
    Ich war ungefähr hundert Meter weit gekommen, als mir auffiel, daß mein Hinterrad platt war. Ich sagte nichts, ich schaute mir nur diesen Reifen an, der mich im ungünstigsten Augenblick im Stich ließ. Und als ich den Kopf wieder hob, erblickte ich Hélène Folley, die geduldig, das Autofenster weit offen, vor einer roten Ampel stand. Ich dachte, sie werde jeden Moment losfahren. Also rief ich sie, ohne mir etwas dabei zu denken.
    Erst als sie mich nach Hause fuhr, setzte mein Verstand wieder ein. Leider konnte ich nicht mehr zurück.
    Marc-Cédric und seine Mutter warteten bereits vor der Tür. Ich dankte Hélène für ihre Hilfe und stieg sofort aus. Ich lächelte der Mutter über die Hecke hinweg zu. Ich wollte mein Fahrrad aus dem Auto holen, aber die Heckklappe war abgeschlossen.
    »Ich kümmere mich darum«, sagte Hélène.
    »Das kann ich schon selbst …«
    Sie gab keine Antwort, sie setzte einen Fuß auf den Bürgersteig. Ich warf der Frau, die reglos vor der Tür stand, einen Blick zu.
    »Na schön. Tut mir leid, daß ich dir solche Mühe mache …«
    Ohne noch länger zu warten, ging ich zu dem Jungen und seiner Mutter. Ich führte sie hinein, ohne mich ein einziges Mal umzuschauen.
    M.-C. ließ sich vor dem Klavier nieder, als setzte er sich ans Steuer eines Mähdreschers.
    »Hm … Ein bißchen Zartgefühl!« riet ich ihm, während mir seine Mutter einen Scheck ausstellte. »Wenn du keinen Respekt vor ihm hast, hat es auch keinen vor dir …«
    Er war ungefähr zehn Jahre alt. Ich hatte ihn erst seit ein paar Monaten, aber wir wußten beide, daß dabei nichts herauskommen würde. Ich hatte seiner Mutter nicht verschwiegen, daß sie mit Enttäuschungen rechnen mußte, wenn sie allzu glühende Hoffnungen in ihn setzte. Sie hatte mich dennoch gedrängt, mit den Stunden fortzufahren, nachdem sie sich überzeugt hatte, daß ein Wunder geschehen, daß sich diese Rotznase mit einem Schlag als wahrer Sohn entpuppen konnte. Bislang hatte sich nichts dergleichen ereignet, und meines Erachtens wurde die Sache immer schlimmer.
    »Zeig mir deine Fortschritte«, forderte ich ihn auf.
    Während er sich mit seinem allseits bekannten Talent fügte, sah ich, daß Hélène Folley den Garten betrat und mein Fahrrad gegen die Hecke stellte. Ich winkte ihr kurz zu. Dann reichte mir M.-C.s Mutter mit untröstlicher Miene den Scheck, denn selbst ein Tauber hätte sich die Ohren zugehalten. Ich brachte sie zur Tür.
    Danach kehrte ich zu meinem jungen Freund zurück.
    »Setz dich gerade hin«, seufzte ich. »Und schüttele nicht den Kopf wie ein Esel.«
    Ich ließ mich neben ihm nieder. Ich schaute auf seine Hände, während er seine Tonleitern rauf und runter spielte. Ich glaube, ich hatte noch nie einen so trostlosen Fall erlebt.
    Ich wußte nicht, was ich mit ihm anfangen sollte. Ich wollte ein Stück von Satie hören, das er angeblich geübt hatte, etwas ganz Einfaches, das nur ein wenig Gefühl erforderte. Nach dem ersten Takt stand ich auf. Ich rückte ihn wieder in die Senkrechte, ich zerrte seine Ellbogen nach hinten, verzog das

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