Pasdan
Ang’har hielt plötzlich ein Messer in der Hand. Beinahe lässig beschrieb sein Arm einen Halbkreis.
Forsais Hände zuckten zum Hals empor, aus dem Blut spritzte. Er gurgelte und brach zusammen. Leyso wandte ihm den Rücken zu und zog sich wieder an. Ang’har nahm den Fuß aus dem Ruder, legte das Messer aufs Deck, packte den Leichnam und stieß ihn über die Bordwand.
Leyso übernahm das Steuer. Ang’har ergriff wieder das Messer und kam ruhig zum Mast. Er kauerte sich neben Barakuda nieder. Sein Gesicht war mürrisch und verschlossen wie immer.
»Was mache ich mit euch?«
»Schneid uns los.«
Ang’har spielte mit dem Messer. »Forsal ist tot.«
»Ein bedauerlicher Unfall.«
»Wie konnte das nur passieren?« Ang’hars Gesicht war unbewegt, jung und faltenlos.
»Er ist die Leiter hinabgestürzt und hat sich das Genick gebrochen. Man hat ihm eine Schifferbestattung gewidmet.«
Ang’har dachte nach. »Das Erbe eines wohlhabenden Mannes gehört der Witwe. Oder wird es geteilt?«
»Auch wir sind wohlhabend. Unsere Wünsche erstrecken sich nur auf die Freiheit und unsere Besitztümer.«
»Ich bin ein Banyashil, dem die Steppe zu öde wurde, deshalb bin ich nach Süden gegangen. Aber mein Fürst Gortahork hat einen langen Arm und schätzt Besitzerweiterung mittels eines Messers nicht.«
»So ist es.«
»Er schätzt aber angeblich einen Cadhrassi, mit dem er bisweilen Bären jagt. Dieser Mann hat eine Narbe im Gesicht, wie du, und spricht Banyashilgu, wie du.«
Barakuda nickte. »Außerdem fährt er manchmal auf seltsamen Schiffen den Avrak hinauf.«
»Bärenjäger sind verschwiegene Männer, die nicht alles erzählen.«
»Nicht alles.«
»Und vielleicht ist er wichtig genug, daß man ihn in Cadhras vermißt und nach ihm sucht. Vielleicht auch wichtig genug, daß Cadhras zürnt, wenn man ihn nicht findet.«
»Er ist wichtig genug dazu«, sagte Barakuda.
Es gelang Barakuda und Gerames nicht, ein Gespräch mit der jungen Frau in Gang zu bringen. Leyso schwieg beharrlich; ihre Beiträge beschränkten sich auf Gesten und ein gelegentliches Ja oder Nein.
Auch aus Ang’har war nicht viel herauszubekommen. Nach der ungewöhnlich langen Unterhaltung, an deren Schluß er Dante und Gerames von den Fesseln befreite, wurde er wieder mürrisch und wortkarg. Barakuda erfuhr, wo Forsal und Ang’har die restlichen Rogil-Steine verborgen hatten; Einzelheiten über jenes Dorf mit Leuten, die Dinge über die Mütter von Pasdan und die Banditen wußten, konnte der junge Mann nicht mitteilen. »Was ich weiß, wißt ihr auch; mehr hat Forsal mir nie gesagt.«
Leyso hatten die Angelegenheiten ihres alten Mannes nie besonders interessiert.
Biyang war eine häßliche Ansammlung von Holz- und Steinhäusern. Nördlich der Stadt durchbrach der große Avrak die Berge, zwischen Hochsteppe und flachem Küstenland; die Route der Karawanen führte über einen nicht allzu hohen Paß unweit der Serie von Katarakten. Zwei kleinere Flüsse kamen von Westen, vereinigten sich wenige Kilometer vor der Stadt und flossen in den Avrak. Die Sintul-Berge schwangen sich in einem weiten Bogen nach Nordwesten; bei Biyang waren ihre Ausläufer nur etwa 200 Kilometer nördlich des Binnenmeers. Je weiter man nach Westen kam, desto ausgedehnter wurden die flachen Küstenländer, die bald in riesige Sumpf- und Dschungellande übergingen. Nordwestlich von Biyang gab es Eisenerzgruben und düstere Bergwälder. Die Nebenflüsse des Avrak brachten Flöße zur Stadt. Holz, Schmelzen, Schmieden und die Karawanen hatten Biyang reich gemacht; Essen, Sägemühlen, Schreinereien, Schlosserwerkstätten prägten das Bild des Orts, und Ruß und Rauch hingen über allem.
Nachmittags gingen sie im Flußhafen vor Anker. Barakuda und Gerames verabschiedeten sich von ihren merkwürdigen Reisegefährten und fanden Unterkunft in einer Taverne nördlich des Hafens. Der Teil, in dem sich die Zimmer befanden, stand auf Pfählen im seichten, schmutzigen Uferwasser des Stroms, der hier, südlich der Katarakte, fast anderthalb Kilometer breit war.
In Biyang gab es keinen Residenten des Gouvernements; Barakuda hatte den Ort nur selten besucht. Er erkundigte sich nach einem alten Mann aus der Gilde der Feinmetaller und erfuhr, er sei gestorben.
»Ist das wichtig?« sagte Gerames. Sie saßen auf der Terrasse einer kleinen Schänke und starrten auf den breiten, quirlenden Nebenfluß.
Barakuda blies über die heiße Brühe und schlürfte vorsichtig. »Halb. Er war der
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